HAXDBOUN'D AT THE
^'VERSITY OF TORONTO PRESS
ARCHIV
FÜR DAS
bTüDlüM DER NEUEREN SPRACHEN UND LITTERATUREN.
BEGRÜNDET VON LUDWIG HERRIG.
HERAUSGEGEBEN
VON
ALOYS BRANDL und ADOLF TOBLER.
L. JAHRGANG, 97. BAND.
BRAÜNSCHWEIG.
DRÜCK UND VERLAG VON GEORGE WESTERMANN.
1896.
Pfe
Inhalts -Verzeiclinis des XOVIL Bandes.
Abhandlungen. g^j^^
Kieme Blumen, kleine Blätter. Von Erich Schmidt und Max Fried- ^
Die lltenglitche" Bearbeitung dir Erzählung von Apollonius von Tyrus. Von ^^
Julius Zupitza .''^ nf>
Theophile de Viau. Von Käthe Schirmacher. (hchluf.) . ^. ^^■
Die altfranzösische Prosafassung des Moniage Guillaume. I. Text. Von ^^^
Georg Schläger ' ' t i • v'
Anmerkungen zu Jakob Rymans Gedichten. IX. Teü. Von Julius Zu- ^^^
241
283 309
Die !wlnzösische Prisafassung des Moniage GuiUaume. IL (Schlafs des Textes.) Von Georg Schläger ' . " ' ' ' Jns'
Die altfranzösische Liederhandschrift der Bodleiana in Oxford, Douce 308. Von Georg Steffens. I .',',"
Keli.ious Poems from Ms. Digby 2. Von Frederick J. Furnivall . .
Zur Quellenkunde des Stuart-Dramas. Von Emil Koeppel ... • •
S. T. Coleridges Notizbuch aus den Jahren 1795-1798. \on A. Brandl 333
Kleine Mitteilungen.
Germanische Heldensage in Shaksperes Titas Andronicus (G. Sarrazin) 373 Aus Anlals des französischen Wörterbuches. (Adolf Tob 1er)
Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Carl Appel, Provenzalische Chrestomathie mit Abrifs der Formenlehre und ^^^ Glossar. (O. Schultz-Gora) ,"'.,"*
L. Bahlsen und J. Hengesbach, Schulbibliothek französischer und eng- lischer Prosaschriften aus der neueren Zeit. Mit besonderer Bei^ck- sichtigung der Forderung der neuen Lehrpläne. Abteilung II: Englisch. ^_^ Schriften. 16. bis 21. Bändchen. (W.Mangold) . . . _• • • • •
E.Th. A. Hoffmann, Le Tonnelier de Nuremberg (Meister Martm der Kufoi
IV
Seite und seine Gesellen), texte allemand public avoc uiie notice et un com- mentaire par Alfred Bauer. (Adolf Tobler) 443
Friedrich Beck, 1. Französische Grammatik für humanistische Gymnasien, mit besonderer Berücksichtigung des Lateinischen. 2. Übungs- und Lesebuch zur französischen Grammatik für h. G., 1. Teil. (§ 1 — 75.) 3. Französisches Vokabular für Gymnasien. (George Carel) . . . . 452
Paolo Bellezza, Introduzione allo studio dei fonti italiani di G. Chaucer e primi appunti sullo studio delle letterature straniere in generale. (Lud- wig Fränkel) 230
Louis P. Betz, Pierre Bayle und die 'Nouvelles de la Kepublique des
Lettres'. (Adolf Tobler) 441
Briseis. By William Black. (Phil. Aronstein) 427
Die wichtigsten Erscheinungen der Französischen Grammatik. Ein Hilfs- bucli für den Unterricht in den Oberklassen höherer Lehranstalten jeder Art, für Lehrerinnen-Seminarien und Lehrer-Fortbildungsanstalten. Von Professor Dr. Böddeker. (George Carel) 459
Torquato Tasso. Von Prof. Vinzenzo Crescini. Autorisierte deutsche Über- setzung von Carl Bolhoevener. (Ludwig Fränkel) 1G2
Die schöne Magelone, aus dem Französischen übersetzt von Veit Warbeck, 1527. Nach der Originalhandschrift herausgeg. von Johannes Bolte. (Max Roediger) 161
Maurice Boueher, siehe J. Tiersot.
Agrippa d'Aubigne, Les Tragiques. Livre premier: Miseres. Teste etabli et publie, avec une introduction, des Variantes et des Notes par H. Bour- gin, L. Foulet, A. Garnier, Cl.-E. Maitre, A. Vacher. (Adolf Tobler) 465
A handy Bibliographical Guide to the Study of the German Language and Literature for the Use of Students and Teachers of German compiled and edited (with two Appendices and füll Indexes) by Karl Breul. (Max Roediger) 163
W. Buchner, Schulausgabe des Egmont. (Max C. P. Schmidt) .... 404
K. M. Classen, Über das Leben und die Schriften Byihtferds, eines angel- sächsischen Gelehrten und Schriftstellers um dasJahrlOOO. (F. Liebermann) 166
Grammaire raisonn^e de la langue fran^aise, par Leon Cledat. Avec pre-
face de Gaston Paris. 4"^*= edition. (J. Jeanjaquet) 196
D. Coste, siehe W. Mangold.
Hugo Dietze, Das umschreibende do in der neuengl. Prosa. (G. Schleich) 168
M. Evers, siehe E. Kuenen.
Arturo Farinelli, Grillparzer und Lope de Vega. (Max C. P. Schmidt) . 400
A. Foulet, A. Garnier, siehe H. Bourgin.
Precis historique de la litterature fran^aise par W. Gebert. (O. Schultz-Gora) 433
Handbuch der Erziehungs- und Unterrichtslehre für höhere Schulen heraus- gegeben von Dr. A. Baumeister. III. Band: Didaktik und Methodik der einzelnen Lehrfächer. Zweite Abteilung: Englisch, bearbeitet von Dr. Friedrich Glauning. (Felix Hase) 173
Georges Gourdon, Guillaume d'Orange, poeme dramatique. (Adolf Tobler) 437
V
Seite
Maurice Grammont, La dissimilation consonantique dans les langues indo-
europeennes et dans les langues romanes. (Adolf Tobler) . . . _ . . 434
Französischer Sprech-, Schreib-, Leseunterricht für Mädchenschulen von Th. Hahn und E. Roos. — Anleitung zum Gebrauch des Französischen Sprech-, Schreib-, Leseunterrichts für Mädchenschulen von Th. Hahn und E. Roos. — Französischer Sprech-, Schreib-, Leseunterricht für Mädchenschulen von Th. Hahn und E. Roos. Zweite Stufe, bearbeitet von Th. Hahn. (Fr. Speyer) 223
Clarence. — In a Hollow of the Hills, and Tlie Devotion of Enriquez. By
Bret Harte. (Phil. Aronstein) 426
J. Hengesbach, siehe L. Bahlsen.
Hartmann von Aue: Iwein, der Ritter mit dem Löwen. Herausgegeben von
Emil Henrici. II. Teil. (Max Roediger) 393
Handbuch zur Einführung in die deutsche Litteratur mit Proben aus Poesie und Prosa von C. Hentschel, G. Hey, O. Lyon. Zweite, völlig umgearbeitete Auflage. (Richard M. Meyer) 159
Spenser: Shepheards Calender. Edited with Introduction and Notes by Prof.
Dr. Herford. (F. W. Moorman) 177
Le Chevalier de papegau, nach der einzigen Pariser Handschrift zum ersten
Mal herausgegeben von Ferdinand Heuckenkamp. (Adolf Tobler) . 438
G. Hey, siehe C. Hentschel.
J. Hildesheimer, Le petit chansonnier. (Adolf Tobler) 449
Karl von Lutterotis Gedichte in Tiroler Dialekten. Dritte Auflage bearbeitet
von Dr. Ludwig von Hör mann. (Franz Branky) 159
Karl Horst, Zur Kritik der altenglischen Annalen. (F. Liebermann') . . 167
The Three Graces. By Mrs. Hunger ford. (Immanuel Schmidt) . . . . 181
History of Rasselas Prince ofAbyssinia by Samuel Johnson. (E. Koeppel) 416
Kares, siehe Ploetz.
Die Sprache der Reimpredigt des Pietro da Barsegapö. Von Emil Keller.
(Adolf Tobler) 435
Praktisches Elementarbuch zur Erlernung der französischen Sprache für Fort- bildungs- und Fachschulen, wie zum Selbststudium, mit Unterstützung von A. Sohier bearbeitet von Dr. John Koch. (Fr. Speyer) .... 222
Quellen-Studien zu den Dramen Ben Jonsons, John Marstons und Beaumonts
und Fletchers, von Emil Koeppel. (G. Sarrazin) 412
Dr. Adolf Kolsen, Guiraut von Bornclh, der Meister der Trobadors. 1. Die drei 'Tenzonen nach sämtlichen Handschriften. 2. Drei bisher unbe- kannte, ihm zugeschriebene Gedichte. (C. Appel) 183
K. Krön, Le Petit Parisien. Pariser Französisch. Ein Fortbildungsmittel für diejenigen, welche die lebendige Umgangssprache auf allen Gebieten des täglichen Verkehrs erlernen wollen. Nebst einer systematisolipii Fragcschule als Anweisung zum Studium. (Adolf Tobler) 4äl
Geschichte der Isländischen Dichtung der Neuzeit (1800 — 1900) von M. phil.
Carl Küchler. L Heft: Novellistik. (A. Heusler) 392
Die deutschen Klassiker, erläutert und gewürdigt für liöhoro Lehranstalten sowie zum Selbststudium von E. Kuenen und M. Evers. Bd. 1: Schillers
VI
Seite Wilhelm Teil, von Kueiieii; Bd. 11: Goethes Egmont, von Fr. Vollmer. (Max C. P. Schmidt) 404
Französisches Lesebuch für Anfänger. Mit einem grammatischen Elemeutar-
Kursus als Anhang. Von Karl Kühn. 2. vermehrte Auflage. (Fr. Speyer) 220
Französisches Lesebuch. Mittelstufe. Von Karl Kühn. (Fr. Speyer) . . 221
The middle-English translation of Palladius de re rustica edited with critical
and explanatory notes by Mark Lid d eil. Part I — text. (A. Brandl) 409
0. Lyon, siehe C. Hentschel.
Cl.-E. Maitre, siehe H. Bourgin.
Lese- und Lehrbuch der französischen Sprache für die untere Stufe höherer Lehranstalten von Dr. W. Mangold und Dr. D. Coste. Ausgabe B: Für höhere Töchterschulen. Zweite, verbesserte Auflage. (Fr. Speyer) 216
Lord Ormont and his Aminta. By George Meredith. (E. Hübner) . . 428
Prof. Dr. Karl M eurer, Sachlich geordnetes französisches Vokabularium mit Phraseologie und Sprechübungen über Vorkommnisse des täglichen Lebens. Anleitung zum französisch Sprechen. (O. Schulze) . . . . 192
Thomas Morus Utopia. Herausgegeben von Victor Michels und Theobald
Ziegler. (Ph. Aronstein) 410
I principali episodi della Canzone d'Orlando tradotti in versi italiani da Andrea
Moschetti, con un proemio storico di Vincenzo Crescini. (Adolf Tobler) 46G
The Dancer in Yellow. By W. E. Norris. (E. Hübner) 182
Girardo Pateg e le sue Noie, testo inedito del primo dugento. Nota del
s. c. Francesco Novati. (Adolf Tobler) 468
Hermann Paul, Deutsches Wörterbuch. 1. Lfrg. (A— Gebühr). (E. Mackel) 390
Plcetz-Kares, Kurzer Lehrgang der französischen Sprache. — Elementarbuch. Verfafst von Dr. Gustav Ploetz. (Unter Mitwirkung des Direktors Dr. Kares.) Ausgabe D. Für Mädchenschulen. (Fr. Speyer) . . . 217
Lieder und Balladen von Robert Bums, nebst einer Auswahl der Gedichte
herausgegeben von Wilhelmine Prinzhorn. (Immanuel Schmidt) . . 418
Aggiunta ai proverbi e modi proverbiali nelle parlate venere raccolti
neir edizione treviasna del 1882. (H. Buchholtz) 471
Dr. Rehrmann, Französische Schulgrammatik nebst grammatischen Übungen
für die Oberstufe höherer Ijchranstalten. (G. Cohn) 212
E. Roos, siehe Th. Hahn.
Michele Scherillo, Alcuni capitoli della biografia di Dante. (Adolf Tobler) 469
Wiener Beiträge zur Englischen Philologie. II, Grundrifs der Englischen
Metrik von J. Schipper. (J. Koch) ; . 406
H. Schneegans, Geschichte der grotesken Satire. (H. Morf) 443
Grazer Studien zur deutschen Philologie. Herausgeg. von Anton E. Schön- bach und Bernh. Seuffert. [Die religiösen Anschauungen Wolframs von Eschenbach. Bearbeitet von Anton Sattler. — Diu vrone botschaft ze der Christenheit. Untersuchungen und Te.\t von Robert Priebsch.] (Max lioediger) 154
Andre Chenier. Auswahl für die Prima der höheren Lehranstalten und zum Gebrauch in Universitätsseminaren herausgeg. von Dr. Oscar Schultz. (Gustav Krueger) 461
Vii Suite
Beruh. Seuffert, siehe E. Schönbach.
Lehrbuch der französ. Sprache von Dr. Hermann Soltmann. (G. Völckerling) 224
Wilhelm Streuli, Thomas Carlyle als Vermittler deutscher Litteratur und
deutschen Geistes. (G. Sarrazin) 421
Schulgrammatik der französischen Sprache von Prof. Dr. G. Strien. 2. Ab- teilung: Satzlehre. (O. Schulze) 204
C. Tardel, Quellen zu Chamissos Gedichten. (Richard M. Meyer) . . . 406
A. Thumb, Handbuch der neugriechischen Volkssprache. Grammatik, Texte,
Glossar. (W. Meyer-Lübke) 429
Chants populaires pour les ecoles. Poesies de Maurice Bouchor, melodies
recueillies et notees par Julien Tiersot. (Adolf Tobler) 450
Tiktin, Dr. H., Rumänisch-deutsches Wörterbuch. Lieferung 1. (Ad. Tobler) 232
Gustav Tobler, Vinceuz Bernhard Tscharner (1728—78). (H. Morf) . . 448
R. Toppen, Chronik der vier Orden von Jerusalem. (O. Glöde) . . . 401
Kurzgefafstes Übungsbuch zum Übersetzen aus dem Deutschen in das Fran- zösische. Von Prof. Dr. O. Ulbrich. (Fr. Speyer) 219
A.. Vacher, siehe H. Bourgin.
Lautrecho, eine italienische Dichtung aus den Jahren 1521 bis 1523. Her- ausgegeben von Hermann Varnhagen. (Richard Wendriuer) . . . 228
Dr. Karl Voretzsch, Die französische Heldensage. (Alfred Risop) . . . 189
Otto Weddigen, Der deutsche Meistergesang. Mit einer litterargeschicht-
lichen Einleitung und Auswahl von Probestücken. (Max C. P. Schmidt) 399
O. Weise, Unsere Muttersprache, ihr Werden und ihr Wesen. Zweite ver- besserte Auflage. (Richard M. Meyer) 157
Heinrich Winkler, Germanische Casussyntax L Der Dativ, Instrumental,
örtliche und halbörtliche Verhältnisse. (E. Mackel) 388
Wolter, Dr. E., Frankreich. Geschichte, Land und Leute. Ein Lese- und Realienbuch für den französischen Unterricht. Zweiter Teil: La France et les Francjais. Lectures pratiques. Correspondance. (E. Pariselle) . 215
Theobald Ziegler, siehe Victor Michels.
Operette morali di Giacomo Leopardi ricorrette suUe cdizioni originali con
introduzione e note ad uso delle scuole da Nicola Zingarelli. (0. Hecker) 472
Verzeichnis der vom 12. Mai bis zum 15. Juli 1896 bei der Redaktion ein- gelaufenen Druckschriften 235
Verzeichnis der vom 16. Juli bis zum 13. November 1896 bei der Redaktion
eingelaufenen Druckschriften 478
Kleine Blumen, kleine Blätter.
Gottfried Keller im 'Sinngedicht^ läfst seinen jungen ver- liebten Schuster bei der Arbeit ein Lied singen, das dann wun- derhübsch die Lösung des grofsen Kufsproblems herbeiführt: *Es war nichts Minderes, als Goethes bekanntes Jugendliedchen "Mit einem gemalten Bande", welches zu jener Zeit noch in älte- ren auf Löschpapier gedruckten Liederbüchlein für Handwerks- bursche statt der jetzt üblichen Arbeitermarseillaisen u. dergl. zu finden war und das er auf der Wanderschaft kennen gelernt hatte. Er saug es nach einer gefühlvollen altvaterischen Melodie mit volksmäfsigen Verzierungen ... in einem verdorbenen Dia- lekte, was die Leistung noch droUiger machte,' doch war der Vortrag 'mehr rührend als komisch\
Kleine Bhimen, kleine Blätter — ja Blätter Streien wir mit leichter Hand Gude junge P>ihlings-Gädder — ja Gädder Tändelnd auf ein luftig Band.
Und so weiter die vier Strophen durch mit Ideinen Ändcrimgcn, auch einem 'berichtigten' Reim (jung: genuch).
Die anmutigste Blüte der deutschen Anakreontik ist wirkHch öfters und auf verschiedene Weise, aber nie so unversehrt wie von Kellers sangesfrohem Schuster . trotz seinen Eingriflcn und Schnörkehi, in den bunten Straufs der Volkslyrik gefioohtcn wor- den; fast immer, und begreiflich genug, ohne die zweite Stroj>ho an den Zephyr, dies echte Rokokobildchcn.
Im Sommer 1895 hat der Germanist Dr. Lunzcr auf der
Arcliiv f. n. Sprachen. XCVll. 1
ö Kleine Blumen, kleine Blätter.
Kampcl bei Neustift im Stubaithal ein liand.scliriitliches Lietler- buch der Anna Volderauer durchmustert und darin mehr gefun- den, als was sonst auch in den Alpen, teils durch das Militär, teils durch die sogenannten Volkssänger, immer mehr vordringt: nämlich Wiener Couplets und gezierte Schmachtstücke vom him- melblauen See oder der minniglichen Sennerin. Eine Nummer dieses Heftes lautet (ich setze die Zeilen ab):
1. Die Erste Liebe ist die schönste Brent die zweite nicht so heis
aber im glücklichsten ist der Jünglin
der von lieben gar nichs weifs. w: [wiederholt]
2. Kleine Blimlein kleine Bieter Streif ich leis mit weisser Hand guter Jüngling Frühlings Gärtner,"
reigst dus mir dein schwaches Rosen band. w:
3. Wan ich einstmahlst sterben werde und der Tot mein Auge bricht. Bflanzest dus auf meinem Grabe Bliemelein Vergüssmeinnicht. w:
Die zweite, in gangbare Rahmenstücke eingefafste Strophe bietet aus dem zersungenen Goethischen Liede die drei ersten Zeilen, und mit einem kühnen, durch das gleiche Reimband er- leichterten Sprimg die letzte; freilich bis zum baren Unsinn ent- stellt, wie denn das Volk oft Unverstandenes oder heillos Ver- derbtes aus reiner Freude an der Weise singt. Während Kellers Schuster als ein gebildeterer Manu sogar mit dem 'Zephvr' ohne Anstois fertig wird, ist unsere Tirolerin, die nur christkatliolische Heilige kennt, bei den 'guten jungen Frühlingsgöttern^ arg ent- gleist. Wer möchte ihr deshalb gram sein, im Gegenteil! Aber Franz Magnus Böhme sollte nicht den Text Goethes ebenso milshandeln wie jener naive Schuster und eitleren: 'Streuen wir mit leichter Hand, Gute junge Frülilingsgötter' statt 'Streuen mir mit leichter Hand Gute' u. s. w.
In Erk-Böhmes 'Deutschem Liederhort' 2, 438 finden wir unter der neuen Überschrift 'Das Bündnis' ein 1885 von Wolf- ram aufgezeichnetes Lied abgedruckt, mit einer fremden Stro])he mehr, als Wolframs 'Nassauische Volkslieder' 1894, S. 230 es in drei Strophen bieten:
Kleine Bliimeu, kleine Blätter.
1. Kleine Blümlein, kleine Blätter Reich ich dir mit leiser Hand, Und das Band, das sie verbindet. Sei ein schönes ßosenband.
2. Ganz mit Rosen so umgeben, Reich mir freundlich deine Hand.
So Avcit gehen die veränderten Zeilen, indem die erste Strophe Goethes Anfang nnd Schlufs paarweise znsammenkniipft, die fol- gende zunächst seine Zeile 3, 1 ('Sieht mit Rosen sich umgeben') mit der drittletzten (4, 2 'Reiche frei mir deine Hand') verbindet, um dann fortzufahren:
Auf der Jugend Frühlingszeiten Folgt der Hochzeit Rosenkranz.
'6. Und so lang das Feuer brennet Und die Reben tragen Wein, Und so lang das Wasser fliefset, Soll und mufs die Ehe sein.
Goethes Huldigung an Friederike ist zu einem Eheliede mit schönem Schluls aus dem volksmälsigen Bilderschatzc geworden. Unmittelbar vorher bringt der l.iederhort' ein sechsstrophiges Gedicht (Liederbuch des deutschen Volkes, 1843):
1. Kleine Blumen, kleine Blätter — Reich mir freundlich deine Handl Und das Band, das uns verbinde, Sei kein zartes Rosenband!
Ein Geflecht ans Goethes Zeilen 1, 1 und 4, 2 — 4.
2. Wie oft hau wir zusammgesessen Manche liebe lange Nacht,
Selbst den Schlaf han wir vergessen Und mit Lieben zugebracht.
Das Folgende ist wiederum aus anderen Liedern angestückelt. Die Strophe 'Wie oft' hier erscheint u. a. mit kleinen Va- riauten als zweite eines in Böckcls vorzüglicher Sammlung 'Deut- scher Volkslieder aus Oberhessen' 1885, S. 41 (vgl. 113) abge- druckten Liedes, das ohne Anknüpfung an Goethe bcgiimt: 'Mädchen, wenn ich dich erblicke' (z. B. Hoffmann und Richter S. 172; A. Müller, Volkslieder aus dem Erzgebirge S. 40; A\ olf- ram S. 191; Hruschka und Toischer S. U8) und in der letzten,
1*
4 Kleine Blumen, kleine Blätter.
fünften, Strophe die wolilbekannten zarten Motive von den Turtel- tänbchen und vom Welken des Grases und Laubes auf einer Scheidestätte bietet (z. B. Hruschka S. 158, A. Müller S. 08; siehe unten). Die vierte aber heilst:
Die erste Lieb sie geht von Herzen,
Die zweite brennt wie Feuer so heifs;
O wie glücklich lebt der Mensch auf Erden,
Der von keiner Lieb nicht weifs!
Das ist die erste im Liederhefte der Stubaierin und ein ge- läufiger Satz, denn wir finden im Liederhort 2, 519 als dritte Strophe eines rheinisch-hessischen Liebesliedes:
Erste Liebe, sie geht von Herzen — Und die zweite brennt so heifs. O wie glücklich ist das Mädchen, Das von keiner Liebe weifs.
oder 2, 525 als zweite eines nahe verwandten Liedes aus Hessen
und dem Elsafs:
Erste Liebe geht vom Herzen, Zweite Lieb die brennet heifs: 0 wie wohl ist einem Menschen, Der von keiner Lieb nichts weifs.
und 2, 586 als letzte eines üblen rheinischen Wanderliedes mit dem Refrain 'In dem Colonia ist meine Liebe':
Die erste Liebe geht von Herzen, Die andre brennt nicht mehr so heifs: Wie glücklich ist der Mensch auf Erden, Der nicht weifs, was Lieben heifst.
Auf annähernde Vollständigkeit in den Belegen für diese Gefühlsleiter und die verscliiedene Schätzung der ersten imd der zweiten Liebe kann es hier natürlich nicht ankommen; immerhin mögen einige Beispiele mehr die Häufigkeit der Strophe und ihre Verflechtung mit anderen beleuchten. Reifferscheid, Westfälische Volksheder 1879, S. 91:
Die erste Liebe geht von Herzen, Die zweite aber brennt gar heifs, Wohl dem Menschen, der von Schmerzen Und von keiner Liebe weifs.
wo ein genaues Reimband hergestellt ist. Mündel, Elsässische Volkslieder 1884, S. 51:
Kleine Blumeu, kleine Blätter. 5
Treue Liebe geht im Herzen, Treue Liebe brennet schon. Acli wie wohl ist jenem Menschen, Der nicht weifs was Liebe heifst.
So heilst es verderbt in dem Liede 'Stets in Trauern muls ich leben'; dagegen S. 58:
Die erste Lieb, die geht von Herzen, Die zweite Lieb, die löscht schon aus. O wie wohl ist jenem Menschen, Der von keiner Liebe nichts weifs.
worauf jenes 'Wir sind oft beisammen gesessen' (vgl. auch Wolfram S. 182, 191) folgt, während S. 59 vor den Zeilen von den Turtel- tauben und dem Welken die Verse stehen:
Die erste Liebe kommt von Herzen, Die zweite kommt wie Feuer so heifs. O wie glücklich ist das Mädchen, Das von keiner Liebe nichts weifs.
Mit derselben Flickstrophe schliefst die Nummer 'Mädchen wenn ich dich erblicke' bei A. Müller, Volkslieder aus dem Erz- gebirge 1883, S. 46, die vorher den oben citierten Nassauischen Schlufs der 'Kleinen Blümleiu' und die letzte Tiroler Strophe
bietet :
3. Und so lang das Feuer brennet, Und die Felsen werden heifs [?], Und so lang das Wasser fliefset.
Sollst du auch mein eigen sein. ~"
4. Sollt ich aber unterdessen
Auf meinem Todbett schlafen ein, So pflanz mir auf meinem Grabe Das Blümelein Vergifsnichtmeiu !
Vgl. Müller S. 05:
Wenn ich auf dem Kirchhof liege. In dem stillen Kämmerlein, So pflanzt mir auf meinem Grabe Rosen und Vergifsuichtmein.
Hoffmanns und Richters Schlesische Volkslieder 1842, S. 180 ergeben in demselben I^icde 'Mädchen, wenn ich dich crblic-kc' die Kombination, dals die, übrigens nur manchmal gleich andercnj geläufigen Füllsel eingeschaltete, Strophe
G Kleine Bluraeu, kleiue Blätter.
•>. Treue Liebe geht von Herzen,
Treue Ijiebe brennet heils — [s. o. MihidelJ 0 wie glücklich lebt der Jüngling, Der von keiner Liebe weifs.
die hyperbolische Beteuerung und die letzte Bitte erst im Ge- folge hat:
5. Und so lang das Wasser rinnet Und die Berge tragen Wein, Und so lang das Feuer brinnet, Sollst und mufst du mein eigen sein.
0. Sollt ich aber unterdessen
Auf mein'm Lager schlafen ein,
Ach, dann pflanz mir auf mein Grübchen
Blümelein Vergifsnichtmeiu.
Mündel bietet S. 50 die aufgestutzte Strophe (vgl. S. 36):
Mädchen, wenn ich einmals sterbe, Und der Tod mein Auge bricht, Gib mir dann als Leides Erbe Ein Blümchen mit: Vergifsmeinnicht.
aber S. 100 ('Schätzel, wenn ich dich erblicke') die beiden in der nächsten Nunnner ('Ach Himmel, ich mufs scheiden') S. 101 besser überlieferten Strophen :
5 (1). Und so lang das Feuer brennet, Und die Reben tragen Wein, Und so lang das Wasser rinnet, Soll und mufst du bleiben mein.
G (5). Sollt ich aber unterdessen
Auf dem Todbett schlafen ein.
So thu auf mein Grab [S. 100 Grabstein] setzen
Eine Blum Vergifsnichtmeiu.
Ein verbreitetes uneinheitliches und aifektiertes Gedicht (Liederhort 2, 529) schliefst:
Und wenn ich einst sterben werde Und getrennt von dir mufs sein, O so pflanz auf meinem Grabe Rosen und Vergifsnichtmeiu.
Getreuer in Linz-Urfahrer Einzeldrucken des kontaminierten und schwankenden Liedes 'Morgen mufs mein Schatz abreisen'
Kleine Blumen, kleine Blätter. 7
(oder 'Morgen miils mein Liebchen scheiden'), das Aviederuni mit oben erwähnten Texten die Verse von den verHebten Tauben und der welkenden Natur gemein hat:
Und wenn ich einst bin gestorben, Und mein mattes Auge bricht. Pflanzet sie auf meinem Grabe Eine Blum', Vergifsmeinnicht.
Goethes kleine Blumen, kleine Blätter sind also in gleicher Weise zerrupft und mit anderem Kraut verbunden worden, wie Klamer Schmidts 'Hier sitz ich auf Rasen' zersungen und wieder zusammengesungen wurde (Schade, Weimarisches Jahrbuch 3, 268, vgl. auch Liederhort 2, 459) oder wie Kotzebues 'Es kann ja nicht immer so bleiben' einem Soldatenliede dienen mufste (Liederhort 2, 164 f.; Becker, Rheinischer VolksHederborn S. 87 f.; Schlossar, Deutsche Volkslieder aus Steiermark S. 309 f.; Wolfram S. 396; Mündel S. 195). Als Goethe' alten Mütterchen des Eisais ihre Lieder abfragte, liel's er sich nicht träumen, dafs einst ein fah- render Philolog das graziöse Gedichtchen der gleichen Sesen- heimer Zeit in einem Thale Tirols finden werde. —
* Das seltsamste Schicksal hat sein 'König von Thule' erfahren, der nicht in der Heimat, sondern im Auslande Volkslied geworden ist. Nämlich so: Elberding hat 1872 in einem Kopenhagener Trivatdruck 'Öhlenschläger som Gadeviser-Digter', den ich durch Reinhold Köhler kennen lernte, gezeigt, welche Lieder dieses Dichters auf fliegenden Blät- tern ins dänische Volk drangen, und mit welchen Varianten. Nun war von Öhlenschläger 18ü2 in einer Neujahrsgabe Goethes 'König von Tluüe' als 'Kougen in Leire' bearbeitet und auf den alten Fürsteusitz bei Roeskilde, Klopstocks Rothschild, in Seeland verpflanzt worden. Das ging 18(i!' ohne seinen, geschweige denn Goethes Namen in ein poi)uläres Büchlein ein, 'Glajdens og Munterhedens Veu, eller ny Sämling af Selskabs Sänge', und wurde mit Änderungen und Korruptelen so gut Volkslied wie im 17. Jahr- luuidert durch schwedische und dänische Drucke unser altes 'Es steht eiu Schlofs in Österreich':
Der bode tu Konye eii Leire
fied trofnst til sin grav;
Hanf! ftestemm hin fejre
fhim i diiden et guldhorn gav ...
Ich bemerke noch, dals in den Trowitzschischen Drucken das an ein Volkslied angelehnte 'Wie kommt's dals du so traurig bist' öfters erscheint und Klärchens 'Freudvoll und leidvoll' mit emptiudsamen Anhängseln. Zu
8 Kleine Blumen, kleine Blätter.
Noch in letzter Stunde kann ich zwei wichtige Nachträge liefern. An Friedländcrs Notiz über die Melodie im Goethe- Jalirhnch 17, 178 anknüpfend, bringt Ferdinand Vetler im Berner 'Jinnd' (1896, 23. Juli) ein Lied, das er vor dreizehn Jahren zwei Rüschegger Buben hat singen hören und das unserem Ti- rolischen Text, abgesehen von dem Einschub, am nächsten steht, auch durch die gleiche 'ümdichtung' der dritten Zeile:
1. Kleine Blumen, kleine Blätter Pflücken wir mit leiser Hand; Holder Jüngling, Frülilingsgärtner, Wandle du auf Kosenbank.
2. Jene Leute, die dich hassen. Sagen dies und jenes mir,
Sagen mir auch, ich soll dich lassen, Soll mein Herz nicht schenken dir.
3. Aber ich hab schon geschworen, Dir auf ewig treu zu sein; Dich hab ich mir auserkoren, Ohne dich kann ich nicht sein.
4. Und so lang das Wasser rauschet Und die Welt z'ringsume geht. Und so lang das Feuer brennet, Sollst du mein Geliebter sein.
5. Sott ich aber unterlassen [unterdessen?] Auf dem Todbett schlafen ein,
Ei so pflanz auf meinem Grabe Eine Blum' Vergifsnichtmein.
Endlich teilt mir Max Friedländer ein Blatt aus Erks hand- schriftlichem Nachlafs mit, der auf der Kgl. Hochschule für Musik in Berlin verwahrt wird. Der Organist Wilhelm Greef, Erks Schwager, hat 1839 in Mem-s nach mündlicher Überlief er mag einen die vier Strophen Goethes mit Änderungen und Verderb- nissen festhaltenden und acht uns zur Hälfte schon wohlbekannte
G. Kellers Schuster würde der Schneidergeselle in Heines Harzreise, Elster 3, 24, ein Pendant oder eine Karikatur abgeben — wäre Heine nicht durch den Haudlungsreisendeu Karl Dorne geuasführt worden. 'Mein dünner Weggenosse trillerte ... vor sich hin: Leidvoll und freudvoll, Ge- danken sind frei! Solche Korruption des Textes ist beim Volke etwas Gewöhnliches,'
Kleine Blumen, kleine Blätter. 9
Abschlulszeileu beifügenden Text aufgeschrieben. Wir denken au einen halbgebildeten Vermittler zwischen Goethe und dem Volk, das dann freier, als es ihn übernommen, mit dem Sang ver- fuhr. Der 'gute Jüughng^ 1, 3 wie im Stubaier Heft; die 3. und 4. Strophe verworren; die 6. wäre auch mannigfach zu belegen.
1. Solo: Kleine Blumen, kleine Blätter
Streuen dir mit leiser Hand, Chor: Guter Jüngling! Frühlingsgötter,
Ja Götter auf ein duftigs Eosenband. Solo: |: Guter Jüngling! Frühlingsgötter :1 omal wiederholt.
Ja Götter auf ein duftigs Eosenband.
2. Solo: 'Zephir, nimm's auf deine Flügel,
Wind's auf eines [meiner?] Liebsten Kleid!' Chor: Und so tritt sie vor den Spiegel,
Freut sich ihrer Munterkeit. Solo: Und so tritt etc.
3. Sieht mit Eosen sich umgeben. Selbst sie wie eine Eose blüht.
Chor: Und das Band, das uns verbindet. Sei kein schwaches Eosenband.
4. Fühle, was dies Herz empfindet! Eeiche freundlich mir die Hand!
Chor: Nur einen Kufs, geliebtes Mädchen, Und ich bin belohnt genug.
5. Pflanze du auf meinem Grabe
Nichts als Eosen und Vergifsmeiunicht, Chor: Und was wir geliebet haben, ja haben,
Weifs niemand, als du und ich. Solo: Und was wir etc.
6. Komme du beim Mondenscheiue Auf mein'n Grabeshügel zu;
Chor: Aber du nur ganz alleine, allerne,
Sonst verstörst du meine Euh. Solo: Aber du nur etc.
Die kühne Verteilung der vielleicht, noch ohne den Schluts, ;ils Hochzeitssang gefafsten Verse mag ein kunstreicher Kantor auf dem Gewissen haben; an den Vortrag bei G. Keller erinnert so- gleich der Scihnörkel 'Ja Götter\
Berlin. Erich Schmidt.
10 Kleine Blumeu, kleine Blätter.
II.
Die Melodie, zu der Kellers Dorfscliiister seine 'Kleinen J>lnnien, kleinen Blätter' singt, ist im 'Sinngedieht' sehr anschaulieh besehrieben, und es konnte einem Musiker nieht schwer fallen, sie nach den andeutenden Worten zu erkennen.
Dal's es die hier folgende ist:
— «Iv
Klei - ne Blu-men, klei-ne Blät - ter, ja VA'dt - ter^
02 0 0 ? 1'^. ^0 j ,'^ |_J 12 ,J ^ ^ u. H—
,_i — s_5 — ^ j_J_^ i^ y ^—
strei - en wir mit leich-ter Hand, ja Hand, gu-de, junge Frihlings
teEg^^^iiE.^1:liiE^^=J=5^i^^El
gäd - der tän-delnd anf ein luf - tig Band.
hat mir der Dichter selbst im Jahre 1884 bestätigt.'
Die Weise stimmt, wie mau durch alle Verschnörkeluug so- fort erkennt, mit derjenigen übereiu, die seit Jahrzehnten zu den herzbrechenden Versen : 'In der grolsen Seestadt I^cipzig' ge- sungen wird. Wie war es möglich, mufste man sich fragen, dal's die Musik dieses bekannten Gassenhauers Goethes graziösem Liebesliede augepal'st werden konnte?
Bevor ich den Versuch mache, die Frage zu beantworten, ist es wohl nicht unnütz, ein Wort über die Schicksale zu sagen, die das Lied in der Musik gehabt hat.
Merkwürdigerweise hat 'Mit einem gemalten Bande' die Kom- })onisten weniger angeregt als irgend ein anderes der berühmten Goethesehen Gedichte. Während das B u n d e s 1 i e d bald niich seinem Erscheinen in studentischen Kreisen erklang, andere Lieder, wie das Veilchen, Heidenröslein, der König in Thule mit der Musik Mozarts, Reichardts, Zelters überall heimisch wurden, wo man bessere Hausmusik pflegte, blieb unser Gedicht bis ins
^ Näheres hierüber habe ich im Goethe- Jahrbuch 1890, Ö. 179 mit- geteilt.
Kleine Blumen, kleine Blätter. 11
sechste Jahrzehnt nach seinem Entstehen wenig beachtet. Die beiden Komponisteil freiKch, die fast den ganzen Goethe in Musik setzten : Joh, Friedr. Reichavdt in Berhn-Giebichenstein und Wen- zel Tomaschek in Prag, lielsen sich auch die 'Kleinen Blumen^ nicht entgehen, allein ihre Weisen dazu sind so unbedeutend, dafs sie unmöglich weiter dringen konnten. Romberg und Zum- steeg, Zelter und Himmel, Schubert und Schumann, Beruh. Klein und Mendelssohn, Spohr und Loewe, Brahms und Franz fehlen in der Komponistenreihe. Von den musikalischen Meistern hat nur noch einer, allerdings kein Geringerer als Beethoven, sich mit dem Liede befafst — in seiner reifsten Zeit: 1810, zu- gleich mit dem Egmont — und eine wenn auch nicht sehr be- deutende, so doch überaus reizvolle Komposition dazu geschaffen, die weniger bekannt geworden ist, als sie es verdient. ' Übri- gens stellt sie au die Technik des Sängers sowohl wie des Be- gleiters hohe Anforderungen und mufste schon deshalb auf spe- cifisch musikalische Kreise beschränkt bleiben.
Der Mangel einer leichtfafslicheu, volkstümlichen Melodie läfst es erklärlich erscheinen, dafs das Gedicht sich erst spät im Volke verbreitet hat. Weder die vielen Lieder-Sammlungen von Ende des vorigen und Anfang dieses Jahrhunderts, noch die Konuuersbücher, noch die 'fliegenden Blätter' nehmen Notiz von ihm. Nicht früher als im Jahre 1826 läi'st es sich, soweit meine Kenntnis reicht, in einer Anthologie nachweisen, und zwar in der 'Deutschen Liedertafel', herausgegeben von Christ. Gottlob Kayser, Leipzig, II, S. 26. Von da an aber findet es sich häuti- ger, in fliegenden Blättern- sowohl wie in Volkslieder- Sannu- lungen — das sicherste Zeichen dafür, dafs sich inzwischen eine Melodie zu den Versen gesellt hatte. Auf die Spur dieser Weise führt ein Vermerk, der unter der Überschrift ciuiirer Lieder der
Der Beginn: :^, ___]
|B§M?tf^E^^=i:^^i
Klei - pe Blu - inen, klci-nc P.liit-ter
ist sehr ähnlich dem berühmten Liede an die Freude in der neunten Symphonie (komponiert iS22 bis 182:5).
'■' Z. B. als erstes der 'Fünf neuen Lieder. Dclitzch, zu finden in dasiger Buchdruckerei' (1827 ungefähr). Vgl. Meusebachs Saiinnlun.':- in der Berliner Kgl. Bibliothek.
12
Kleine IJlunieu, kleine Blätter.
vicrzi^ei- Jalirc .steht:' 'Melodie: Kleine Blunieu, kleine Blätter oder Wilhelm komm au meine Seite.' Dieses zweite viel ver- breitete Ijied nun, das in 15 bis 20 höchst rührseligen Strophen den Abschied der Königin Luise von ihrem Gatten besingt, ist mit der hierher gehörigen Melodie zuerst in Erk und Irmers Deutschen Volksliedern, Berlin 1841, 1. Bd, G. Heft, S. 23 gedruckt: 2
Sehr langsam.
Wil-helm,komm an meine
nimm den letz-ten Abschieds-
wel-ches mich zum Gra - be
ruft!
Dal's zu dieser Melodie in derselben Zeit auch unser Goethe- sches Gedicht gesungen wurde, bestätigt die sehr interessante, unter I. bereits erwähnte Lesart aus Meurs, die Wilhelm Greef im Jahre 1839 aus dem Volksmunde aufschrieb:
Langsam.
Solo.
Klei-ne Blu-men, klei - ne Chor.
Blät-ter streu - en dir mit lei - ser
Hand, gu - ter Jüng-ling! Früh-lings - göt - ter, ja Göt - ter,
' Z. B. bei 'Der schwere Abschied' von Hoffmann von Fallersleben in der 'Volksharfe'. Verlag von A. E. Fischer in Haynau (o. J.).
^ Sonst abgedruckt u. a. in Kretzschmers Deutschen Volksliedern, Berlin 1840, S. 68 (mit anderer Melodie) ; Zurmühlen, Des Dülkener Fied- lers Liederbuch, Viersen 1875, S. '27 ; Karl Becker, Rheinischer Volkslieder- born, Neuwied 1892, S. 34 (mit ähnlicher Melodie) etc. etc. In fliegenden Blättern findet sich das Lied öfters mit dem Vermerk: 'Melodie: Kleine Blumen, kleine Blätter.'
Kleine Blumen, kleine Blätter. Solo. bis
13
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'^
auf ein duftig's Ro - sen - band. Gu-ler Jüng-ling ! Frühlings-göt - ter, Chor.
gii - ter Jüng-ling,' Früh - lings - göt - ter, ja Göt - ter,
ein duf - tig's Ro - sen - band.
Der ganze Habitus dieser Melodie deutet darauf hin, dafs sie keine Volksweise im eigentlichen Sinne des Wortes, son- dern eine volksmäfsig-triviale Bearbeitung eines Kunstliedes ist, das vermutlich an sich schon trivial war. Dieses ursprüngliche Kunstlied zu finden, war aber keine ganz leichte Aufgabe. Einen gewissen Anhalt für weiteres Suchen bot der Name Blum, der in einigen Sammlungen der dreifsiger Jahre als Autor des Liedes vermerkt steht; auch Hofimauns von Fallersleben 'Unsere volks- tümlichen Lieder' führen bei 'Kleine Blumen, kleine Blätter' als Komponisten aufser Reichardt noch, den Musiker Karl Blum auf. Dieser, 1786 in Berlin geboren und 1844 daselbst gestorben, war königlich preufsischer Hof-Komponist und Opernregisseur. Ein sehr fruchtbarer Komponist und Bühnenschriftsteller, hat er nicht nur 150 musikalische Werke (darunter 20 Opern und Vaudevilles) veröffentlicht, sondern auch gegen 70 Schau- und Lustspiele, von denen die Mehrzahl auf der königlichen Bühne in Berlin aufge- führt worden sind. In Karl Freiherrn von Ledeburs 'Tonkünstler- Lexikon Berlins' findet sich nun im Verzeichnis von Blums Wer- ken unter den Liedern und Gesängen ein 'Vierstimmiger Walzer für 2 Tenöre und 2 Bässe: Kleine Blumen, kleine Blätter', op. 11, Leipzig bei Breitkopf u. Härtel, 1816. Diese Komposition wird von Ledebur im biographischen Teile des Lexikons noch- mals erwähnt: 'Blums Melodien waren nicht originell, aber an- genehm, leicht und fliefseud, sie machten zu ihrer Zeit Glück
' Vielleicht war aus Goethes Vers 'gute junge Frühlingsgötter' iu einer Abschrift 'guter Junge! Frühlingsgiitter' geworden, und der Junge wurde dann von einem Säuger in die poetischere Sphäre des Jünglings gehoben.
M
Kleijic liliiiiKMi, kleiiu' IJlättor.
und faiidcn /-um Teil beim Volk Ki iif^auti', wie z.B. sein vicr.stinimij^cr Walzer: Kleine Blumen, kleine Blätter.' Hier wären wir also auf sicherei' Spur, und mit der Vier- stinnnigkeit der Komposition läfst es sich auf die natürlichste Weise erklären, daCs sie zuerst in der obenerwähnten 'Lieder- tafel', also einer für Männergesangvereinc bestimmten Sammlung, abgedruckt wurde. In dieser Sammlung steht aber nur der Text, und es galt jetzt, die Musik ausfindig zu niaclien. Leider be- findet sich ein Exemplar von Blums op. 11 weder in Leipzig beim Originalverleger, noch in der Bibliothek der alten Zelter- schen Liedertafel, noch in der Königlichen Bibliothek in Berlin, und auch eine Reihe von Anfragen in auswärtigen Bibliotheken hatte keinen Erfolg. Um so mehr freute ich mich, die Melodie der Komposition in einem Werke zu finden, das sich durch eine gewisse Zuverlässigkeit auszeichnet. Der Titel dieses Werkes ist: 'Vollständiges Melodien buch oder vollständige Samm- lung der Melodien zu den bekannten und beliebten deutschen Liedern und Volksgesängen.' Von Guido Rein hold. Leipzig, 1838. Auf S. 98 steht hier Blums Melodie, die wahrscheinlich um eine Terz oder Sekunde nach der Tiefe transponiert ist:
Nicht schnell.
C. Blum. i8i6.
tändelnd anf ein lnf-ti<;
Band.
iEi=iEi=iLtfeSt^
Ze-phir, nimm's anf dei-ne
5^P
um - ge - ben,
Kleine Blumen, kleine Blatter. 15
selbst wie ei - ne Ro - se ]^^^S> ^i " ^^^^ Kiiss, ge-Iiebtes
Le- bell, und ich bin be - lohnt ge - nung.
(Es folgt noch die vierte Strophe mit einer übersentimen- talen Melodie in F-moll, die sich zum Schlüsse in Koloraturen und Rouladen gar nicht genug thun kann — gerade so, wie es Keller von seinem Dorfschuster berichtet. Aus Mangel an Raum muls ich sie hier fortlassen.)
Dieser Druck, dessen Authenticität noch durch andere Quellen bestätigt wird, ^ bietet das überraschende Ergebnis, dafs nicht etwa im Volke Goethes Gedicht der Gassenhauer- Melodie von der 'Leipziger Seestadt^ untergelegt, sondern dafs diese Melodie ursprünglich zu Goethes Versen komponiert worden ist. Eine Ehrenrettung für Blum bedeutet dies allerdings nicht; vielmehr wird man es nach dieser Probe begreiflich finden, dafs der Kom- ponist ein Jahr nach 'Kleine Blumen^ ein eigenes Werk unter dem Titel: Bänkelsänger-Lieder erscheinen liels (vgl, Allg. Musikalische Zeitung, Leipzig, Juni 1817, Intelligenzblatt). Aber die Melodie geht leicht ins Ohr, sie lädt förmlich zum Mitsingen ein und hat es ohne Zweifel mit veranlafst, dafs sich im Volke so schnell allerhand Zuthaten — meist aus Volks- liedern — zu den ursprünglichen Versen gesellten.
Die besseren Kreise mögen indessen Anstol's daran ge- nommen haben, Goethes Gedicht zu einer so trivialen A\'cise zu singen, und da die Bänkelsängermelodie nun einmal nicht um- zubringen war, legten ihr in den vierziger Jahren iibennütigc Studenten die tragische Dichtung vom 'Greis, der sich nicht zu helfen weil's' unter:
In der grofsen Seestadt Leipzig War jüngst eine Wassersnot, Menschen stürzten ein woJil dreifsig, Häuser blieben mehr nocii tot.
Diese inzwischen so l)erühmt gewordenen Verse sind meines * Vgl. C. Kochers Ranlenlmiii. Stuitsi^rt, \>^*^'^. 8. 37;;,
IG Kleine Blumen, kleine Blätter.
Wissens zuerst im Jahre 1847 erschienen und zwar in der ersten Auflage von Göpels Deutschem Lieder- und Kommersbuch (Stutt- gart) S. 673.1
Es liegt also hier der in der Geschichte des volkstümlichen Liedes nicht vereinzelt dastehende Fall vor, dafs eine ältere zu einem klassischen deutschen Gedicht komponierte Melodie in den Kreisen der Gebildeten nur noch zu einem Scherzliede fortlebt, im niederen Volke aber mehr als sechs Jahrzehnte lang treu fest- gehalten und zu Versen gesungen wird, aus denen trotz aller Verballhornung die Schönheit des Originals herausleuchtet. Dieses Nichtverlorengeheu wird im 'Sinngedicht' in wundervoller Weise angedeutet: 'Allein die unverwüstliche Seele des Lie- des,' so schreibt Gottfried Keller über den Gesang seines Dorf- schusters, 'bewirkte das Gegenteil eines lächerlichen E i n d r u c k s.'
BerHn. Max Friedlaeuder.
Nachschrift.
Noch vor dem Druck gelange ich durch die Freundlichkeit des Herrn Dr. Oscar von Hase in Leipzig in den Besitz eines Exemplars von Blums Vierstimmigem Walzer, das im Privat- archiv der Firma Breitkopf und Härtel verwahrt wird. Die Les- art dieser lange gesuchten Originalausgabe vom Jahre 1816 ist in allem Wesentlichen identisch mit dem oben wiedergegebenen Abdruck aus Reinholds Melodienbuch, die Varianten sind so un- bedeutend, dafs sie eine Erwähnung nicht lohnen, nur die Tonart ist, wie ich vermutet hatte, höher: A-dur statt F-dur. — Der Walzer trägt die Opuszahl 14, wonach I^edeburs obenerwähnte Angabe zu verbessern wäre. M. F.
' Sie stehen seitdem in fast allen Kommersbüchern ; bei Nenauflagen dürfte es sich empi'ehleii, Bhims Namen als Autor der Melodie hinzu- zufügen.
Die alteuglische Bearbeitung der
Erzählung von Apollonius von Tyrus.
Die 'Verbesserungen und Erklärungen', die Ziqntza im ersten Bande der Änglia veröffentlichte, beweisen, dafs er sich bereits im An- fang des Jahres 1877 mit dem altenglischen Apollonius^ bescJiäftigte. Anderthalb Jahre später, als er i?n Herbst 1879 über altenglische Litte- ratur las, teilte er uns mit, dafs er ihn aufs neue herauszugeben be- absichtige. Aufser dem altenglischen Text, der offenbar seit Jahren druck fertig ist, befand sich in seinem Nachlafs ein auf Zetteln ge- schriebenes Glossar. - Die Veröffentlichung hat sich wohl verzögert, weil Zupitxa auch die lateinische Vorlage in der Gestalt, in welcher sie der altenglischen Bearbeitung zu Grunde gelegen haben niufs, da- neben herausgeben wollte'^ und zu diesem Zweck noch verschiedene Handschriften vergleichen mufste.
In seinem hinterlassenen ManuskrijH hat Zupitza den Gebrauch, der grofsen Buchstaben geregelt und Interpunktion eingeführt. Die aufgelösten Abkürzungen sind durch kursiven Druck kenntlich gemacht. An verschiedenen Stellen, wo er von der Handschrift abgewichen ist, resp. wo eine Änderung nahe lag, hat er am Rande seines Manuskripts ein Fragezeichen gesetzt. * Offenbar ivollte er sich solche Fälle noch
* Der ae. Apollonius ist bekanntlieh nur in einer einzigen Hs. erhalten : Es. des Corpus Christi College xu Cambridge, Nr. 201 nach der jetzigen Be- zeichnung, Ä 18 nach der früheren. Vgl. Wa.nley S. 137.
^ Es wird vielleicht möglich sein, dieses Glossar, jedoch, nicht mit sämt- lichen Belegstellen, in einem späteren Hefte z/um Abdruck zu brifigen.
^ Vgl. Romanische Forschungen III, 279.
"27 msere man oder msereman r' G 2 J)e oder f)a'^ 71 -warn oder -wäre (vgl. 7 ^R)!^ 7 4 mittan? 7 7 ceasterware? 7 25 heold oder iilod'r' 7 36 smiltnesse oder -ues? 9 1 gehyre'r' 11 ■" ungecnawen? 12 ^ .swoode oder swide'r' 12 12 J^e oder se? 12 ^2 gecuerdiiessar' II * inildhcortnesse oder -ues? 1(> 20 uuliang oder -wc'r' Ki-ii swiltaii oder sweltau'f' 17 •' bulou'r"
Archiv L n. Sprachen. XOVII. 2
18 Die ae. lie.arl)citiiii<r der Erzälihmg von Aiiollnniiis von Tvni.*..
einmal überlegen. Ich habe jedesmal die Form beibehalten, die er selbst in den Text aufgenommen liatte. Die ivenigen Anmerkungen, die ich hinzugefügt habe, sind in eckige Klammern eingeschlossen.
Ä. Na'pier.
(MS. 131. Th. 1) Her onginned seo gerecednes be Antiöche, ])am ungesseligan cingce, and be Apollonige J)am tiriscan.
An Antiochia J)are ccastre wjes sum cyniiigc Antiochus gßhaten : sefter |)ses cyninges naman wses seo ceaster Antiochia geciged. J)ise.s
5 cyninges cwen weard of life gewiten : be (tare he hsefde aue svvide wlitige dohter ungelifedlicre fegernesse. mid |)i |)e heo becom to giftelicre yldo, Jia gyrnde hyre m?enig msere man micele mi;er(1a beo- dende. da gelaywp hit sarlicu?n gelimpe, J)a da se fteder J)ohte, hwa?» he hi mihte healicost forgifan, f)a gefeol his agen mod on hyre lufe
10 mid unrihtre gewilnunge to da?« swide, ]}C€t he forgeat |)a fsederlican arfsestnesse and gewilnode his agenre dohtor \\\m to gemseccan, and I)a gewilnunge naht lange ne ylde, ac sume dsege on aernemergcn, |)a he of sliepe awoc, he abrate into dawi (Th 2) bure, {)ar heo inne heg, and het his hyredraew ealle him aweg gan, swilce he wid his
15 dohtor sume digle spa^ce sprecan wolde. hwa3t! he da on dare man- fullan scilde abisgode and {)a ongean winnendan fgemnan mid micelre strengde earfodlice oferco?n and '^cct gefremede man gewilnode to bediglianne. da geweard hit, ^cet {)?es msedenes fostormodor into da?« bure eode, and geseah hi dar sittan on micelre gedrefednesse
20 and hire c^oiä to : 'Hwig eart |)u, hlsefdige^ swa gedrefedes modes ?' ^(vt mieden hyre a?^f/swerode : 'Leofe fostormodor, nu to dteg for- wurdon twegen ledele naman on f)isu>« bure.' seo fostormodor cwr^t: 'Hhefdige, be hwam cwist J)u '^cetT heo hyre rmr/wirde and cwad: 'ajr dam dvege minra bridgifta ic eom mid manfulre scilde besmiten.'
25 da cwced seo fostormodor: 'Hwa wa3s lefre swa dirstiges modes, \)ff't dorste (3IS. 132) cynges dohtor gewffi??nnan ler da??? diege hyre bryd- gifta and him ne ondrede |)a;s cyninges irre?' da3t ma^den cwad: 'Arleasnes J)a scilde on me gefremode.' seo fostormodor cwmt: 'Hwi
1 her 11 antiöche 2 apollonige * T/<, apolonige iJs'. 'i tiriscan ealdonneii Th, in der Hs. eine Rasur etwa so lang tvie be auti6che, das darüber steht 3 antiochia || antiochus 4 ceaster Th, ceastre Hs. || antiochia ii Dises * Th 6 cwen*T/A H ane *Th ''' Mid * Th || bicom * Th » Da || sarlicum * Th 12 a,c*Th, Ac Hs. 13 erstes he ans heo durrh RasKr || awoc * Th \\ I>ain *Th li Rweg auf Ra.wr \\ gan * Th i^^ hwict * Th, Hwa^t Hs. 17 earfod atff Rasur || and * Th, And Hs. l** Da i| ge in geweard ü. d. Z. li' I^ain * Th 21 j)fet =• Th \\ Leofe * Th, leofe Hs. 22 twegeu Th ] twege Hs. || 8eo 23 Hlfcfdige *77/. hl^fdige Hs. \\ Heo * Th 24 JEr*Th \\ manfulre * Th 2'^ Da 27 ondrede * Th \\ Bset 28 Arl. * Th, arl. Hs. || Seo || Hwi * Th, hwi Hs.
JDie ae. Bearbeitung der Erzählung von Apolloiiius von Tvrus. 19
iie segst |)u hit |)inu;;^ freier?' ctiet ma?den CAVrt"ft: 'Hwar is se fieder? sodlice, OB me earmre is raines fa^der nama reowlice forworden, and me nu ior^^m dead |)earle gelicaft.' seo fostormodor, sodlice, Jia da heo gehyrde, ^cct |)<^^ mteden hire deades girnde, da cliopode heo hi hire to mid lidere spntce and bsed, ])cet heo fraw J)are gevvihiunge 5 hyre mod gewrende and to hire f?eder willan gebuge, {)eah de heo to geneadod wsere.
(Th. 3) On {)ism?2 J)ingura, sodlice, |)urhwunode se arleasesta iii cyngc Antiochus and mid gehywedan mode hine sylfne fetywde his ceastergewarum, swilce he arfest fjeder wa?re his dohtor, and betwux lo his hiwcudu«? ruannum he blissode on daw, J)<«< he his agenre dohtoi* wer wies, and, to da/Ji {)(Z'i he J)e lengc brucan mihte his dohtor är- leasan bridbeddes and \\\m iram adryfan, |)a de hyre girndon to rihtum gesynscipum, he asette da rredels J)us cwedende: 'Swa hwilc man swa minne ntdels riht anede, oiifo se mynre dohtor to wife; and, i'^ se de hine misriede, sy he beheafdod.' hwait is nu mare ymbe ])cet to sprecanne, buton ^tat cyningas reghwanon conian and ealdormen for ([am ungelifedlican wlite J)?es ratedenes ? and {)oue dead hi oferhogodon and I)one ra?dels understodon to anedenne. ac, gif heora hwilc |)on«e J)urh asmeagunge boclicre snotornesse J)one rredels ariht nedde, ])onne 20 weard se to beheafdunge gela?d swa saine, swa se de hine ariht ne rredde, and ])a heafda ealle wurdon gesette on ufeweardan l)ani geate.
Mid |)i, sodlice, Antiochus, se wtelreowa cyningc, on {)ysse wa;l- iv reownesse purhwunode, da wses Apolloni^ys gehaten sum iung man, 25 se wies swide welig and snotor and wa-s ealdornian on Tiro J)arc mregde: se getruwode on his snotornesse and on da boclican lare and agan rowan, od Iwt he heconi to Antiochian, eode pa in to da?» (Tk. 4) cyninge and cwceä: 'Wes gesund, cyningc. hwa't! ic heconi nu to de, swa swa to godu/n faider and arfvestuni. ic eo)n, sodlice, so of cynelicuwi cynne cumen, and ic bidde {)inre dohtor me to ge- mseccan.' da da se cyngc ])/Tt gehyrde, ])cct he his willes gehyran nolde, he swide irlicum andwlitan beseah to da>» iungan ealdormr// and cwcctt: 'Jk! iunga mann, canst du Jione do??/ mynre dohtor gifta?' Apolloni«/s c\\(cit: 'Ic can pone do?», and ic hine a3t {)awi geate geseah.' •'.''
1 Dset * Th II Hwar * Th, hwar Hs. 2 Sodlice * Th \\ luinia * Th '^ Seo 4 da * Th, Da Hs. ^ sprrece * Th 8 h in I^urh aus r i' antiochus. And (dafür AhkürMmg * Th) n He ^2 he hi {ae [njl. Aiujlia I, Hi:'.. Ä. N.J 1-1 He l''5 and * Th, And Hu. V^ Hwtet 17 a-ghwanon Th, a^ghwano IIs. |: coinan * Th, das er in conion ändert ^9 ac * Th, Ac IIs. 20 boclicre * Th 22 and *Th, And IIs. 24 antiochus 25 da * Th, Da IIs. \\ apollini//.s 7/s.. apollonius * T/< 26 tiro 7/s., tiro ' 77/ 27 se * 7%, Se 77s. || lilre * 77/ 2S j-owan Th] rowa 77s. Il antiochian || Eode 20 Wes] wel Hs., Wel * Th [njL Aiiijlia I, 401. A. N.J II hwa>t Th., Hwa't 77s. 30 ic ;ü Da •« he] Hc 77s., he * Th II ealdormen von drrsrUwii Hand über ifcfilrjton cnyhte 34 j)u * Th, \m 77s. 31. 3.5 dorn -77/ |1 Apolliniz/s 77s., Apolloiiius "77/ || Ic ' Th, ic 77s.
20 Die iie. Bearbeitung der Erziililuug von Apcillonius von Tvius.
da cw«;^ se cyningc niid a'bilignesse: 'Gchir iiu [nnni nudcls: "See- lere uereor, materna carne uescor" (pret is on englisc: 'Scylde ic f)olige, moddrenuwii flresce ic bruce'). eft he cwced: "Quero patre?» meum, inee niatris uiniw, uxoris mee fillaw nee inuenio" ([wt is on
5 englisc: 'Ic sece niinne f;eder, luynre niodor wer, mines wifes dolitor, and ic ne finde'). Apollonius |)a, sodlice, onfangenm?« nodelse hiiie bewende (MS. 138) hwon hixm dam cyninge, and, mid I\v {le he smeade ymbe ^cet ingehyd, lie hit gewan mid wisdome and mid godes fultume lie ^at so{) arjedde, bewpende hine |)a to daw? eynincge and
10 c,\\((d: 'Pu goda cyninge, |)u asettest rajdels; gehyr du {ja onfunden- nesse. ymbe ^cet |)u cwpede, jDce/ ])\x scilde {jolodest, ne eart du Ico- gende on daw^: beseoh to de silfu»^. and, ])(fi |)u cwsede: "Moddre- uwm flpesce ic bruce," ne eart du on dam leogende: beseoh to J)inrc dohtor.'
15 (Th. 5) Mid Joy |)e se cyninge gehirde, '^cet Apollonius {)one
rsedels swa rihte arsedde, |)a ondred he, ^cbI hit to widcud wtere; beseah da mid irlicu/;?. andwlitan to him and cy^ccd: 'Du iunga man, J)u eart feor ixam rihte. |)u dwelast, and nis naht, ^ad {)u segst; ac |)u h;efst beheafdunge geearnad. nu Lx'te ic de to J)rittigra daga
20 fpece, '\)((i Jdu be{)ence done r?edels ariht; and du siddan onfoh minre dohtor to wife; and, gif du '^crt ne dest, {)u scealt oncnawan J)one gesettan do?w.' da weard Apolloniws swide gedrefed and mid his geferu??i on scip astah and reow, od ])ait he becom to Tirum. sodlice, veiter ^inm J)a Apolloniws afaren waes, Antiochus se cyninge \äm to
25 gecigde his dihtnere, se wa^s Thaliarcus gehaten : 'Thaliarce, ealra mynra digolnessa myn se getryvvesta I)egn, wite pu, J)cr/ Apollonius ariht arredde mynne rtedels. astih nu raKÜice on scip and far jeftcr \nm, and, {)onwe {)u hiw to becume, ponwe acwel du hine mid isene odde mid attre, ^cd {)u mage freodo?;?- onfon, ponwe |)u ongean cymst.'
30 Thaliarcus, sona swa he ]}a't gehyrde, he genam mid \\hn ge feoh ge attor and on scip astah and for pefter ])-Ani unscieddian Apollonie, od dret he to his edle becowi. ac Apollonius {)eah hwredre jer beco»? to his agenan and into his huse eode and his bocciste untynde a)ul asmeade pone ra^dels »efter ealra udwitena and Chaldea wisdome.
35 mid |)i |)e he naht elles ne onfunde, buton ^(Bt he ser ge|)ohte, he GW(cd {)a to liiw?- silfu?» : 'hwcet dest |)u nu, Apolloni? dres cynges
1 Da II sebilig. * Th \\ Gehir * TI/, gehir Hs. 2 vereor * Th \\ uestor Es., vescor * Th \\ {)JBt bis 3 moddrenum am Rande von anderer gleichzeitiger Hand nachgetragen, ])f/'t, s in scylde, J) in l^olige und m in moddrcmnii brün Binden xuni Teil tveggeschnitten \\ Eft ^ virum *7'/? || iuvenio '■ Th \\ I)a't //s\, Da^t *Th •; finde * Th \\ Apollonius * TO,, Apollinius Hs. i' Bewa^nde "^ Th 10 Du * T//, })U iZs. 11 «^^e^Ycs J)fet ] D;et * 77? 12 And || nioddrenu?» 15 apol- lonius !'•' Nu 22 dom *TO II Da II apollinie^s Hs., apollonius * Th 23 tirum Hs., tirum * Th [Im Folgenden wird 'nicht mehr angegeben, ob die Hämi- sch )-ift grofsc oder kleine Buclistaben hat.] 28 becume] be ii. d. Z. ron der- selben ilaud 20 onfou * Th 3) för * Th 32 1 in edle aits etwas anderem
Die ae. Bearbeitung der Erzäiiluug vou Apollouius vun Tyrus. 21
rsedels ]ni asmeadest, nnd ])\x liis (Th. ß) dohtor ne onfeiige: forcla?« |)u eart nu fordemed, ]}(it {)u acweald wurde.' and he Jja üt eode and liet liis scip mid Invcete gehlajstau and mid miccliim gewihte goldes and seolfres and mid msenifealdu>« and genihtsumum reafu?« and swa mid feawu;« ^am getiywestirwi maunu;« on scip astah on 0 clare priddan tide |)are nihte and sloh üt 011 da sie. |)a dy a'ftran vii dsege wces Apollouius gesoht and geacsod, ac he ne wtes uahwar fanden, dar weard da micel morcnung and ormjete wop, swa ^Oit se heaf swegde geond ealle |)a eeastre. sodlice, swa micele lufe hiTfde eal seo ceasterwaru to \imi, ]}at hi lange tid eodon ealle unscorene 10 and sidfeaxe and heora waforlican plegan forleton and heora bada belucon. J)a da |)as J)ingc dus gedone wseron on Tiron, da beco?^^ se foresseda Thaliara^s, (MS. 134) se w^es fi'a?n Antiocho J)a/?« cy- nincge assend, to da?/^ ^itct he seolde Apollonium acwellan. |)a he geseah, ^at ealle |)as J)ingc beloeene waäron, |)a cwad: he to anu;« 10 cnapan : 'swa du gesund sy, sege me, for hwilcuw? intingu?/« |)eos ceaster wunige on swa micclu?« heafe and wope.' him a?i(Zswerode se cnapa and pus cwad^: 'eala, hu mänful man |)u eart, du |)e wast, ])((t I)u veiter axsast! odde hwret is manna, |)e nyte, ])cet {)eos ceaster- waru on heafe wunad, iordam de Apollouius se ealdorman fivringa 20 nahwar ne retywde, siddan he ongean co?/? fram Antiocho ])ani cy- ninge?' da {)a Thaliarcus '^(cf gehyrde, he mid micclan gefean to scipe gewrende and mid gewisre seg\(Th. T^unge binnon anu»? diege co?;; to Antiochian and eode in to J)a?« cynge and cwteä: 'hlaford cyngc, glada nu and blissa, forda?w J)e Apollonitis him ondrpet |)ines rices a-'') m»gna, swa ])^rt he ne dear nahwar gewunian.' da cwci^ft se cyningc: 'fleon he nueg, ac he retfleon ne mtvg.' he J)a Antiochus se cyningc gesette Jiis geban |)us cwedende: 'swa hwilc man swa me Apolloniuw lifigendne to gebringd, ic hiw gife fifti punda goldes, and {)a///, de me his heafod to gebringd, ic gife hi?/i .c. punda goldes.' yo
Pa da J)is geban |)us geset wies, {)a wseron mid gitsunge beswi- cene na ^(d an his find, ac eac swilce his frind and him ißfter foran a)ul hine geond ealle eordan sohton ge on dünlandu/;< ge on wuda- landum ge on digluw stowu/>^, ac he ne weard nah war fundeu. da vi 11 het se cyngc scipa gegearcian and him xiter faran, ac hit wies lang, 35 ler da»i J)e da scipa gegearcode wteron, and Apollouius hecont ler to
3 h in gehlsestan //. d. Z. (ruii anderer Iland?) ^ fundeu Th Seife /A")] fuudon 9 heaf * Th H sidfeaxe *'/'// (xe verblafst) '- \weites e in gedone ü.d.Z. uacligetruyen 1^ he Wies vor astend ü.d.Z. (run anderer Ha ml?) [r</l. AiKjlla I, IG I] !•"> anum * Th -'^ ai)ollouius Th, apoUiiunis Hs. -^ antiocho Th, autiochio Hs. — gefeau *Th -■'> gewisre * 77/. || auuni * 77/ ^'i rices ^ Th -'■ Flcuu ■ 77/ II a?tfle(')n *T// ll se] e aus c? -.1 goldes iL d. Z. ron derselben Hand •^- an* 77/ \\ eac] sfa/f e icollte der ScIi reiber, wie es scheint, xnnächsf einen anderen Bnchsfaben schreiben \\ forou Th 34 fanden Th, fuudon (<(ber f xuni Teil iccg) Hs. 35 gegearcian * Th || faran * Th
'22 Dil' iw. Ik'arheituiig der Kizälilimg von Aixilloiiius vtjii Tyni«.
Tharsuwi. fta sume dioge eode he be striinde, |)a geseah hliic awii liis cudra manna, se waes Hellanlcz/.s- genemnod, se |)e icrest pider cor«. |)a eode he to Aponoiiiuni and cwyrct: 'wes gesund, hhiford Apolloni.' da forseah he Apolloniw.y cyrlisces niaiuies gretinge xiicr
5 ricra manna gewunan. Hellanicus liine eft sona gegrette and awact: 'wes gesund, Apolloni, and, ne forseoh du cyrliscne man, {le bid mid wurdfullu?;? Jieawuw^ gefrtx'twod ; ac gehyr nu fram me, ]}cet Jm silfa nast: J)e is, sodlice, micel {)earf, ])ai {)u de (Th. SJ warnige, forda?/< ])e d^u eart fordemed.' da cwr«t Apolloni?««: 'hwa mihte me fordeman,
10 minre agenre J)eode ealdorman ?' Hellanicus cwa'd : 'Antiochus se cyngc' Apollonii/.s cwr/ft: 'for hwilcum intingum hiefd he me fordemed?' Hellanicus srede: 'forda??? |)e |)u girndest, ])(rt f)u wivre, ])(('t se fieder is.' Apollonius cwrc'ft: 'micclu?7i ic eom fordemed ?' Hellanic?<s s^ede: 'swa hwilc man swa de lifigende to hiw bringd, onfo se fiftig punda goldes;
15 se de him bringe J)in heafod, onfo se hundteontig punda goldes. for- daw ie de l»re, ])(rt. |)u fleo and beorge {)inuy>^ life.' f3IS. 13')) tefter Joysuw wordum Hellanicus fram \\\vi gewiende, and Apollonius het hine eft to \\\m geclipian and cwrrcf to h\m : '^ai wyrreste f)ingc J)u didest, '^((i {)u me warnodest. nym nu her ret me hundteontig punda
20 goldes and far to Antiocho J)aw cynge and sege hi?;?^ '^cd me sy ]}at heafod fraw '^a.ni hneccan aeorfen, a7id bring '^cet word I)am cynge to blisse. |)on/<ß hafast J)u mede and eac cl?ene handa ivam J)£es unsctedf)igan blöde.' da cwvrd Hellanicus : 'ne gewurde Iwjl, hlaford, ])(ct ic mede nime xt de for J)isu?;^ f)inguy;^, fordon ^e mid godu/n
25 mannuJM nis nader ne gold ne seolfor wid godes inannes freundscipe widmeten.' hi toeodon |)a mid J)isu??i worduw. IX And Apollonius sona gemette oderne cudne man ongean hine
gan, |)8es nama wses Stranguilio gehaten — — — — — —
30 'hlaford geong Apolloni, h^vtet dest du Jms gedrefeduw« mode on J)isu»< lande?' Apollonius cwffct: 'ic gehirde secgan, ^iai ic wrere fordemed.' Stranguilio (Th. 9) cv^ad: 'hwa foi'demde {)e ?' Apollonius cwcBd: 'Antiochus se cyngc' Stranguilio cwr/rt: 'for hwilcuw?- intin- gninV Apollonius siede: 'forda«? |)e ic bied his dohtor me to ge-
35 mieccan, be Jjare ic mseg to sode secgan, |)«^/ heo his agen gemajcca wsere. fordam, gif hit gewurdan mieg, ic wille me bedihlian on eowruwi edle.' da c\\<('d Stranguilio : 'hlaford Apolloni, ure ceaster is |)earfende and ne ma?g |Dine ledelborennesse acuman; fordon de we |)oliad J)one heardestan hungor and J)one redestan, and minre
2 geuemuod * Th \\ {le Th S. 93] ^n Es. :5. ti wes] wel Hs. 5 ricra * Th ^ nast ''Th 17 apollonius * 7'/^ apoUiuius //s. l'*^ cUva xwci Buchstaben {\ny?) radiert nach Jja^t -- hafast i/*- cUv in ckeue auf Rasur '-.'. uusc] aause blödes //s. -" apollinius /ife., apollonius ''' T/^ ["-•'^ die Anrede des Apullunius fehlt. V(jt. Riese- 1" '" Cui ait Apollonius: 'aue, nii carissinie Strauguillio.' Et ille liixit 'aue . . .' .1. K] -''^ heo] o ü. d. Z. i'' r i)i heardestan aus u
Die ae. Bearbeitiiug der Erzäbluug vuu ApuUouius von Tyrus. 28
ceasterwaru iiis naii ha'lo hiht, ac se wtvlreowesta deact Stent »tforan iirm« eagnm.' c1a cwccrt Apollonius: 'min se leofesta freoiid Stran- guilio, {)anca gode, ])(d he me tiiman hider to eowrm/i geman'an ge- livdde. ic sille eownim ceastergewariu« hundteontig |)usenda niittan liwa-tes, gif ge minne fleam bedigliad.' mid {)i J)e Stranguilio ^cet 5 gehirde, he hine astrehte to his iotum and cw«^: 'hlaford ApoUoni, gif du J)issere hungrigan ceasterware gehelpest, na ])a't an, ])rct we Avillad J)inne üea?)t bediglian, ac eac, swilce {)e neod gebirad, we wilhid ca?/q)ian for dinre ha'lo.'
Da astah Apollonius on ])fd domsetl on dare strafte and cwicd Ki to dam awc^weardan ceasterwarum : 'ge tharsysce ceastervvaran, ic Apolloni^<s^ se tirisca ealdorman, eow cyde, ])(et ic gelife, ^iat ge wiHan beon gemindige |)issere fremfulnesse and minne flea;^ bediglian. wite ge eac, ]}cct Antiochus se cyngc me aflimed ha?fd of minuz/i earde, ac for eowre gesadde gefultumigenduni (Th. 10) gode ic eom 15 hider cumen. ic sille eow, sodlice, hundteontig {iusenda mittan hwa-tes to day/i wurde, |)e ic hit gehöhte on rainu//« lande.' da da \}at folc '^(cl gehirde, hi wa^ron blide gewordene and hiw georne pancodon a7id to geflites |)one hwaate up biferon. hwa-t! da Apollonius forlet his J)one wurdfullan cynedow. and mangeres naraan {)ar genam 20 (MS. 136) ma, ])onne gifendes, and ])cet wyrd, J)e he mid {)aw hwa-te genäm, he ageaf sona agean to dare ceastre böte. ])//■( folc weard da swa fagen his cystignessa and swa |)ancful, ])cet hig worhton \\\/n ane anlicnesse of äre, and on dare stra-te stod and mid {iare swidran band J)one hwa^te heold and mid |)am winstran fet J)a mittan tra'd, 25 and Joar on |)us awriton : 'das gifu sealde seo ceasterwaru on Thar- siwi Apollonio J)am tiriscan, forda;// |)e he J)a!t folc of hungre alesdo and heora ceastre gestadolode.'
jEiter {)isu/« hit gelunip binnon feawu?» mondum, ])(et Stran- guilio and Dionisiade, his wif, gelajrdon Apollonium, da^t he ferde so on scipe to Pentapolim, |)are ciriniscan birig, and cwtedon, {ird he mihte Jiar bediglad beon and J)ar wunian. and ^cd folc hine {la mid unasecgendlicre wurdmynte to scipe gelanldon, a7ul Apolloni/^v hi ba'd ealle gretan and on scip astah. mid J)i |ie hig ongunnon |)a rowan and hi fordwerd wa'ron on heora weg, \^a weard dare sa^ •i''> smiltnesse awa-nd fa-ringa betwux twa,m tidu?«^ and weard micel
1 näu * TIt II dead Th S. !^o] fehlt IIs. -i geceasterwaru«/ Hs., ccastor- warum Th || mitta Hs. »i apolliiii Ifs.. apolloui * Th ~ hungrige cea-sterwaran Hs. II an 'TA 8 neod * 77/ l" dnni-sotl * Th 1- ealdorman * Th, ealdornwv/ ifs. l-i ge fehlt Hs. ^^ gefultuniigend IIs. fv(jl. AiKjlia I, Iti") und Mod. Laiuj. Notes VIII, 187. J. nT] !'•' ba-run * Th 20 uamän 7'//] nania IIs. \\ genani * Th -1 äne * Th \\ erstes and] l)e Th \\ stod * 77/ i"" u in {june (/rofs || lieold] hlod Hs., blöd 'Th 2C. uwritoii 77/] awriteu IIs. \\ l. gife':' --J' I)a't fehlt IIs.. von Th enjänxt •" a /'// i)entaj)()lim ans e, o aus a '^ statt Ap. irolltc der Schreiher erst ein anderes Wort .schreiben -^ gretan Th ] greton Hs.
21 Die ac. Bearbeitung der Krziiiiluiiji von Aiiolioiiius von Tyrns.
reowiies awelit, swsi l^cel. seo piv (Th. U) cuysto Juv lieofoiilicun tiuiglu and ]}cd gewealc |)ar{i ycTa liwafterode mld windum. I)ar to eacan conian eastnurderiie windas, mid se ruigrislica suctwesterna Avind \\'\vi oiigean stod, and ])((t scip eal toba-rst. oii dissere egeslicaii reow-
T) iiesse Apolloiiius geferan ealle forwurdoii to deade, and Apolloiiius ana hecom mid sunde to Pentapoli?;^, |ia?/i cirinisscan lande, a)ul \yAV up eode on dam strande. |)a stod he nacod oii |)a/» strande and beheold J)a Siv and cwajd: 'eala J)u sa) Neptune, manna bereafigeiid and unsca-ddigra beswicend, |)u eart wadreowra, ]}onne Antiochus
10 se cyngc. for mxnmn Joingum J)u geheolde |)as wadreownesse, ])((i ic {)urh de gewurde wa'dla and f)earfa and ^(d se wa:dreowesta cyngc nie I)y ead fordon niihte. hwider ma-g ic nu faran ? hwa-s ma'g ic bidclan? odde hwa gifd |)a//? uncuctan lifes i\\\t\xmT mid |ii Jie he |)as {)ingc wa^s sprecende to hiw silfuw, I)a fa^ringa geseah he sumne
15 fiscere gan : to |)am he beseah and |)us sarlice cwfvd: 'gemiltsa me, |)u ealda man, sy, ]}(Pt f)u sy. gemildsa me nacoduw forlidenu7>i na^s na of earmlicu?»- birduw geborenu???. a7ul, dajs de du gearo forwite, hwaw du gemiltsige : ic eow? Apollonius, se tirisca ealdorman.' da, sona swa se fiscere geseah, '^(vt se iunga man a't his fotu?;* hvg,
20 he mid mildheortnesse hine up ahof ayid hvdde hine mid \\\m to his huse and da estas hhn beforan legde, {)e he him to beodenne htufde, |)a git he wolde be his mihte märan arfajstnesse him gecydan, toslat |)a his wa^fels on twä and sealde (Th. 12) Apollonige |)one healfan dad I)us cwedende: 'nim, '^ai ic |)e to sillenne habbe, and ga into
25 dare ceastre. wen is, '\)(H |)u gemete sumne, {)e |)e gemiltsige. gif du ne finde namne, |)e |)e gemiltsian wille, (MS. 137) wamd ]}onnc hider ongean, and genihtsumige unc bam mine litla?* adita, and far de on fiscnod mid me. {)eah hwajdre ic mynegie |)e, gif du fultu- miendu«? gode becymst to dinum a^rran wurdmynte, ^at I)u ne for-
30 gite mine pearfendlican gegirlan. da cw«'^ Apollonius: 'gif ic Jje ne
gepence, Joonwe me bet bid, ic wisce, ^(H ic eft forlidennesse gefare
and I)inne gelican eft ne gemete.'
[ ^Efter |)isum wordum he eode on done weg, J)e hmi getaht wa-s,
od diet he becom to |)are ceastre geate and dar in eode. mid J)i jpe he
35 J)ohte, hwa3ne he byddan mihte lifes fultum, J)a geseah he a^nne na- cod ne cnapan geond |)a str;i3te yrnan, se wies mid ele gesraerod and mid scitan begird and bau- iungra manna plegan on handa to da?«
1 e in seo aus i? 2 eacan * Th 3 comon Th \\ s in siut aus ])? 4 eall *TA 6 äua *Th \\ pentapolim *Th, pentopoliw Es. 7 stod ' Th 8 ste * Th 11 gewurde Hs. \\ wielreowa Th. wailreowuessa Hs. 12 eade Hs. fordon* 7% 13 gif J/s. [vgl. Aivjlia I, 4G4. A.N.] 15 Jie nach Jmw radiert 20 ahof *Th 22 arftestuesse] f^estuesse [vgl. Anglia I, -105. A. N.] \\ toslat *Th 25 gemete * 7% || erstes Ijc] \wt, vgl. Mod. Lang. Notes I, 175. II, 'JSl 29 gode fehlt [vgl. Anglia I, 405] 30 miune Th \\ apollonius * Th. apoUinius Hs. 32 gelican' */'/#
Die ae. Bejirbeituuö.' der Erzählung vou ApoUuuius vou Tyrus. 25
ba'dstede belimiDeiide and cliopode micelre sta'fne and c\v«fl: 'gehyre ge, ceasterwaran, gehyre ge, a^ldeodige, frige and {)eowe, aid:ele and univftele: se ba^dstede is open.' da da Apolloni^*s ^icet gehirde, he hine unscridde |)a/« healfan scicelse, de he on haifde, and eode into day/? pweale; and, mid J)i |)e he beheold heora anra gehwilcne on 5 heora weoree, he sohte his gelican, ac he ne mihte hine par findan on da?77 flocce. da faringa cor« Arcestrates, ealre |)are {)eode cy- ningc, mid micelre ma'nio his manna and in eode on ^cH ba?d. da (Tli. 13) agan se cyngc plegan wid his geferan mid |)odere a^id Apollonius hine gemagnde, swa swa god wolde, on das cyninges lo plegan and yrnende Jione dodor gehehte a7id. mid swiftre nvdnesse geslegene ongean gesa-nde to dam plegendan cynge. eft he agean asa'nde: he nvdlice sloh, swa he hine na'fre feallan ne let. se cyngc da oncneow |)as iungan snelnesse, ^(Pt he wiste, ]icet he nafde his gelican on J)a?» plegan. |)a c\ya'd he to his geferan: gad eow heonon; 15 J)es cniht, |)a>s J)e me |)ingd, is min gelica.' da da Apollonius ge- hyrde, ])ai se cyning hyne berede, he arn ra'dlice and geneahvhte to da/;i cynge and mid gelaredre handa he swang J)one top mid swa micelre swiftnesse, '^fd se cyngc wa'S ge|)uht, swilce he of ylde to iugude gewand wa^re. and after |)am on his cynesetle he \\\m ge- a) cwemlice denode, and, J)a da he ut eode of da?« bade, he hine ladde be {)are handa and \\\m. f)a siddan {)anon gewa-nde {)a^s weges, {)e he ar com.
Da cwc/rt se cyningc to his mannw», siddan Apolloniws agan mv was: 'ic swerige |)urh da gema-nan ha-lo, ]}((t ic me na'fre bet ne 2") ])adode, ]}o\\ne ic dide to dag, nat ic, Jnirh hwilces iunges mannes |)enunge.' da beseah he hine to anum his manna and cwart: 'ga and gewite, hwaet se iunga man sy, |)e me to da^g swa wel gehirsümode.' se man da eode a^fter Apollonio: mid J)i |)e he geseah, ^at he was mid horhguwA scicelse bewa^fed, f3IS. 138) Jia wände he ongean to 30 dam- cynge and cwerd: (Th. 14) 'se iunga man, f)e |)u a-fter axsodest, is forliden man.' da cvicfd se cyng: *durh hwat wast du \)((lV se man \\\m a;?f/swerode a7id cwad: 'J)eah lie hit silf forswige, his gegirla hine geswutelad.' da cwad se cyngc : 'ga radlice and sege h'ini, Ixrl "se cyngc bit de, ])(d du cume to his gereorde".' da Apollonius ^(ct ss gehyrde, he I)am gehyrsumode and eode ford mid J)a>/? mcn, od \)cd. he hecom to das cynges healle. da eode se man in beforan to da;« cynge and cwred: 'se forlidena man is cumen, Jie du -.viter sandest,
1 gehyre Th, gehyran Hs. 2 erstes ge] g über Rasur ^^ upolloiilus *Th, apuUinius Hs. ^ anra * Th '' gelicau * Th 1" npononins * Th, apiiUinius Hs. 12 geslegennc Th '• uesse auf Ra.mr \\ erstes \kv\] l. aud'r' '•'' gelican * Th 3'5 J)a'S \>c me erst durch Rasur aus etwas amlcreiii \\ [)inc(l Th \\ gelica *Th IS [xM top vgl. Ämjlia I, IG5. .1. X.] 1'.' se cvuge 7^-., \yM\i cvnee Th 21 i1t *7% 26 ndt'Th 27 ;'inum Th, an Hs. /Tiu * fh) •■<2_w:ist ""Th ''^' i i„ beforan niirollstimdig aus r (/e?/nM'hf '-''^ forlidena Th, -lideue Hs.
2ii Die ac. lk'arl)citiiiig der Erzäliliiiig von Apolloiiiiis von Tvru.s.
ac he HC ni:i'g f'or t^caine in guii buton scrude.' flu het sc cyiigc hine sona gescridan mid wurctfullan scrude and het hine in gan to dawi gereorde. (ta eode Apollonl«« in and gesa-t, |)ar h'vm geta^ht wa;s, ongean done cyngc. dar weard da seo I)enung in geboren and 5 a:ftc?' I)ay// cyiielic gebeorscipe, and Apollonius nan dinge Jie a't, deali de ealle odre raen ivton and bilde wa-ron, ac lie beheold \)t(t gold and ])(ct seolfor and da deorwurdan reaf and I)a beodas atnl J)a cynelican |)enunga. da da he {)is eal mid sarnesse beheold, da sa-t su?/< eald and sum a;festig ealdorraan be |)am cynge. mid J)i pe he geseah,
10 '^cet Apolloni«« swa sarlice sa^t and ealle I)ingc beheold and nan dinge ne a't, da cwreif he to ^mn cynge: 'du göda cyngc, efne I)es man, J)e J)u swa wel wid gedest, he is swide a-festful for dinu>// gode.' da cwad se cyngc : '|)e mis{)ingd ; sodlice, J^es iunga man ne a-festigad on nan um dinguw, de he her gesihd, ac he cyd, ])((t he ha-fd fela
I'' forloren.' da beseah Arcestrates se cyngc (Th. 15) blidu/M andwlitan
to Apollonio and cwajd: 'du iunga man, beo blide mid us and gehilit
on god, \ic('t |)u mote silf to da??i selran becuman.'
^v Mid J)i de se cyning |)as word gecwa-d, da fa;ringa J)ar eode in
dais cynges iunge dohtor and cyste hyre fa-der and da ymbsittendan.
20 J)a heo hecovi to Apollonio, {la gewa^ide heo ongean to hire fa-der and^ Qwad: 'du goda cyningc and min se leofesta fa3der, hwa^t is f)es iunga man, I)e ongean de on swa wurdlicuw«^ setle sit mid sarlicuv/< a«f/wlitan? nat ic, hwa't he besorgad.' da c^\ced: se cyningc: 'leofe dohtor, J)es iunga man is forliden, and he gecwemde me manna betst
25 on da»< plegan ; fordam ic hine geladode to dysu/;« \\v\xm gebeorscipe. nat ic, hwa-t he is ne hwanon he is ; ac, gif du wllle witan, hwa-t he sy, axsa hine, forda«^ J)e gedafenad, ^(ct Jiu wite.' da eode '^(d maiden to Apollonio and mid forwandigendre sprajce Q^\(Ed: 'deah du stilli sy and unrot, Jieah ic I)ine a^delborennesse on de geseo. nu
30 \)onne, gif de to hefig ne |)ince, sege me J)inne naman and {)in ge- lymp arece me.' da cwc*"ft Apolloni^i': 'gif du for neode axsast a-fte?- minur/?- naman, ic secge J)e, ic hine forleas on sa' ; gif du wilt mine ledelborennesse witan, wite du ]}((i. ic big (MS. i:->!)) forlet on Thar- s>nm.^ da't ma^den cwa^d: 'sege me gewislicor, \)(ct ic hit ma'ge under- VI ;^5 standan.' Apolloniws |)a, sodlice, hyre arehte ealle bis gelymp and iet |)are spra^can ende \\im feollo2i tearas of dam eaguw«. (Th IG) mid
■5 cynelice || apolliuius Hs., apollomus *Th \\ nan *Th \\ £et *Th '5 tt-tun ■ Tk 10 utiu *Th 11 *t *Th II goda * Th 13 misljincd Th n nänum * Th \\ he mr luefd von Th ergänxt \\ fela //. d. Z. mn t/eis. Hand IS li» Jjar und iuuge ü. d. Z. von ders. Hand 23 nat * Th \\ leofe Th. leofa Hs. -t vor iuuga ein Stricli radiert 2(5 njit * Th. \\ das e in dem drittcti he Klierst undeutlich ge- raten, dalier eine ztccitc Schleife darüber (ebenso bei nia^deu 28) 27 ^^or wite, dessen w xum Teil tm/radicrt ist, etwa xehn Buchstaben radiert 29 Thorpe hat seine Ander umj stille später selbst xurikkgcnommen; s. S. 93 32 naraan Th, namon Hs. || sa" * TA 3;i hür ^ Th
Die ae. Bearbeitung der Erzählung von Apollouius von Tyrus. 27
{)y J)e se cyngc ])at geseah, he bewa-nde hiiie da to ftare dohtor and cwrt'ft: 'leofe dohtor, J)u gesingodest: mid |)y J)e |)u woldest witaii liis naman and his gelimp, |)u hafast nu geedniwod his ealde sär. ac ic bidde ])e, ])(et {)u gife hiw?, swa hwa?t swa du wille.' da da Iwt imvdeu gehirde, ]i(d hire wa^s alyfed fra?w hire fivder, ])(et lieo 5 a'r hyre silf gedon wolde, da cwc«t heo to Apolloiiio: 'Apolloni, sod- lice, I)u eart ure; forla?t {)ine raurcnunge; and, nu ic raines fa-der leafe habbe, ic gedo de weligne.' Apononiw.s hire J)a'S Jiancode, and se cyngc blissode on his dohtor welwillendnesse a7id hyre to cwrtft: 'leofe dohtor, hat feccan f)ine hearpan and gecig de to |)ine frynd lo aiid afirsa imm J)aw iungan liis sarnesse.' da eode heo ut and het feccan hire hearpan and, sona swa heo hearpian ongan, heo mid winsumu;;? sänge gem;vgnde |)are hearpan sweg. da ongunnon ealle J)a nie« hi herian on hyre swegcra^ft, and Apollonii/s äna svvigode. da cwact se cyningc : 'Apolloni, nu du dest yfele, forda;« J)e ealle 15 nie« heriad mine dohtor on hyre svvegcra^fte, and {)u ana hi swigende tailst.' Apollonii/.s; cwaä: 'eala du goda cyngc, gif du me gelifst, ic secge, ^((d ic ongite, ]}(''t, sodlice, |)in dohtor gefeol on swegcrivft, ac lieo mefd hine na wel geleornod. ac hat ine nu sillan |)a hearpan : \)o\\nc wast Jiu, '\)(yt |)u nu git nast.' Arcestrates se cyniiig cwad: 20 'Apolloni, ic oncnawe, sodlice, ^(Pt {)u eart on eallu«^ Jiingu;/^ wel gehvred.' da (Th. 17) het se cyng sillan Apollonige J)a hearpan. Apollonit<s {)a ut eode and hine scridde and sette a^nne cynehelm uppon his heafod and nam |)a hearpan on his band atid in eode and swa stod, ])rrt SC cyngc and ealle |)a ynibsittendan wendon, ])at he 20 nxre Apollouius, ac {)c/7 he wa>re Apollines, dara ha'denra god. da w'eard stilnes and swige geworden innon dare healle, and Apollouius his hearpena'gl genani, and he Jia hearpestrengas mid cra'fte astirian ongan and {lare hearpan sweg mid winsumu?« sänge genuvgnde. and se cyngc silf and ealle, pe {)ar andwearde waron, micelre sta-fne 30 cliopodon and hine heredon. a'fter |)isum forlet Apolloni?/.s' |)a lioar- pan and plegode and fela fa'gera Jiiiiga {lar ford teah, I)e J)a;// folcc ungecnawen wa-s and ungewunelic, and heo7n eallu?« |)earle licode a'lc Jiara |)inga, de he ford teah.
Sodlice, mid |iy Jie {);i3S cynges dohtor geseah, !)«■< Apollouius '•'■ on e'dlhwi godwn cra^ftu?« swa wel w^as getogen, {)a gefeol liyre mod on his lufe. da a'fter |)a!S beorscipes (MS. 140) geendunge,
'i leofe Th, leofa Hs. 3 sar * Tli ''■> gedou * T/i H' leofe T/i, lei)fa Ih. xiceitcs \nne] Inmwi Hs. 1- hearpian Th, heapian Ih. \\ heo * 77« '•" erstes e in gemagnde, wie 10, 21; lü -11^*77/ 1" guda 77/ 20 \vast*77/ || nu selion ror^\Kvt II na^t * Th 2:5 ut * 77/ -'» uani '77/ 2-. «töd '77/ || wendon * 77/ -*' [> füll \)(ct atis w 28 genam * 77/ '^2 plegode 77/, plegod Ib. : das e isf wohl aus Versehen mit icc(jradicrt icordeii, als etwa vwölf Bachstahni ila- uinter t/efil;/f wurden \\ \i&x iL d. Z. von derselben Hand ''.'i ungecnawen 77/, //ugecuawe IIs. •^''' goduni " 77/
28 Die ;it'. IJoarlteiUiiiii ilcr I'>rzüliliiiig von A|)i)lloiiiiis von Tvrus.
c\\(ril l)(ti inadt'i) tu (hvin cynge: 'leofa fader, I)u lyfdest nie litle aT, ])(ft ic moste gifan Apollonio, swa hwivt swa ic wokle, of J)iiiu7« goldhorde.' Arcestrates se cyng cwrrä: to hyre: 'gif Kwi, swa hwa^t swa du wille.' Heo fla sweofte bilde ut eode and cwrcct: 'lareow 5 A})()lloiii, ic gife J)e be iiiines fa-der leafe twa hund punda goldes and ieo(Tlt, ISJwer hund punda gewillte seolfres and Iione ina-stan da>l deorwurdan reafes and twentig deowa nianna.' and heo Jia I)us cssK'd to da»^ Iieowu?» mannum: 'berad |jas |)ingc mid eow', Jie ic bebet Apollonio, rainum lareowe, and lecgad innon bure beforan
10 niinm». freonduwi.' J)is weard ])a J)us gedon a-fte?' |)are cweiie ha-se, a)id ealle |ia nie« liire gife heredon, de big gesawon. da, sodlice, geendüde {le gebeorscipe, and J)a nien ealle arison and gretton Jione cyngc and da cwene and ba'doii big gesunde beon and lia?« gewa-n- don. eac swilce Apollonius cwa^d: 'du goda cyngc and earmra ge-
15 niiltsigend and |)u cwen lare lufigend, beon ge gesunde.' lie beseab eac to da7>i J)eowu7/i mannum, J)e ^at raajden him forgifen lia'fde, and beom cwred to : 'niinad I)as I)ing mid eow, Jie me seo cwen for- geaf, and gan we secaii ure gesthus, J)rf/ we magon us gerestan.' da adred '[iat ma^den, Jic/'^ heo na-fre eft Apolloniuw^ ne gesawe swa
20 rade, swa heo wolde, and eode |)a to hire fa^der and cwnct: 'du goda cyningc, licad de wel, ])(et Apollonius, |)e purh us to da^g gegodod is, J)us heonon fare, and cuman yfele men a7id bereafian liine?' se cyngc cvfced: 'wel |)u cwa^de. hat him findan, hwar he hine ma-ge wui'dlicost gerestan.' da dide ])fet m;eden, swa hyre beboden wai'S,
25 and Apollonius onfeng |)are wununge, de hym geta^ht wa-s, and dar in eode gode Jiancigende, de him ne forwyrnde cynelices wurdscipes and frofres. ac ^at ma^den lia'fde unstille iiiht mid Jiare lufe ona-led (Th 19) {)ara worda and sanga, J)e heo gehyrde ffit Apollonige, and na leng heo ne gebad, don?^e hit da^g wa^s, ac eode, soiia swa hit
30 leoht wais, and gesagt beforan hire fa^der bedde. da cwced se cyngc : 'leofe dolitor, for liv/i eart du |)us a*rwacol?' da?t ma>deii cw<-/ft: 'me awehton J)a gecnerdiiessa, {)e ic girstanda^g gehyrde. nu bidde ic de iordani, l^x-et |)u befi\3ste me uru?;^ cuman Apollonige to lare.' da
i üt * Tk II lareow * Th ö hinter gewihte ein Buchstabe radiert [7 am Rande von Zupitzas Manuskript steht ein Fragexsichen. Er hat wohl ge- schwankt, ob er deowa in deowra ändern sollte. Die Form deowa ist durch das Subst. beeinflufst. Vgl. JSlfr. Oranim. 101 ^' mlnra J^eowra mauna, u-o eine IIs. deowa bietet. A. N.] '' lareowe * Th H heredon ] der unter der Linie stellende Teil des ersten Striches von r ist ahgerieben, so dafs es wie u aussieht l- {^e Tfs., se Th 13 cwene * 'f/? || beou * Tli \\ hara *Th ^ cwa^d *7'/i] cwted aus cwa'de oder cwa?(le';^ IIs. \\ goda ' Th 15 cwen liire ^ Tli 1'' [De] \i aus ]iff't radiert 1" Niniad ^' Th \\ cwen *Th 18 gau *'Th \\ hüs '^ Th 20 goda "^ Th 21 licad * Th \\ gegodod *Th 23 hat aus ha-t radiert 21 gerestan ] ge ü. d. Z. von derselben Hand 25 betieht * Th 27 f rofre Th 31 leofe Th, leofa Hs. \\ hwi * Th 32 gecneordnessau Hs., aber o wegradiert; gecneorduessa Th S. 93 33 j-ire * 77/
Die ae. Bearbeitung der Erzählung von Aiiollouius von Tyrus. 29
"weard se cyningc J)earle geblissod and het feccan Apolloniuw? and \imi to cwcfft: 'min dohtor girnd, ^iai lieo mote leorniau ait de da gesa-ligan lare, de J)u canst; and, gif du wilt J)isu??^ J)i]igu);i gehyr- su»? beon, ic swerige de Jjurh mines rices ma^gna, ]}cd, swa hwa^t SAva du on sife forlure, ic de ]}ai on lande gestactelige.' da da Apol- 5 \omus |)<^^ gehyrde, he onfengc J)a>« ma?denne to lare and hire ta^hte swa wel, swa he silf geleornode.
Hyt gelamp da a>fter |:)isu»z binnon feawu?;^ tidu»«, ])ai Arce- xix strates (MS. 141) se cyngc heold Apollonius band on handa, and eodon swa üt on dare ceastre strafte. {)a a-t nyhstan comon dar gan lo ongean hy J)ry gehvrede weras and a>{)elborene, {)a lange ;er girndon |)ais cyninges dohtor. hi da ealle J)ry toga^dere anre sta^fne grettou J)one cyngc. da smercode se cyng and heoni to beseah and Jius c\\(rd'. 'hwa^t is ^fd, ])ai ge me anre sta?fne gretton ?' da andswerode heora an and cwad: 'we baidon gefirn J)ynre dohtor, and J)u us oft- i"» ra'dlice mid elcunge geswaaictest. forda?w we comon hider to da-g J)us toga-df^Ä. 20jere: we syndon {iyne ceastergewaran of aHleIu»i gebyrdu?» geborene; nu bidde we J)e, f)r^'/ {)u geceose J)e a^ine of us |)rym, hwilcne ])u wille J)e to adume habban.' da c\V(ed se cyngc: 'nabbe ge nä godne timan aredodne: min dohtor is nu swide bisy 20 ymbe hyre leornunga. ac, {)e ht^s {)e ic eow a leng sla'ce, awritnd eowre naman on gewrite and hire morgengife: ])onne asa^nde ic Jia gewrita minre dohtor, lieft heo sylf geceose, hwilcne eowerne heo wille.' da didon da cnihtas swa, and se cyngc nam da gewrita and geinseglode hi mid bis ringe and sealde Apollonio Jhis cwedende: 25 'nim nu, lareow Apolloni, swa hit J)e ne mislicyge; atid bryng J)inu»? la^rincgmoedene.'
Da nam Apollonius |)a gewrita and eode to dare cynelican xx healle. mid ]}a,m J)e ])ni mieden geseah Apolloniu;», {)a c\\(((t heo: 'lareow, hwi ga>st du ana V Apollonius cw^cft: 'hla'fdigc^ na^s git yfel so wif, nim das gewrita, de ])'m fahler |)e s;i?nde, and nvcV d:vt ma>don naw and r:edde |)ara preora cnihta naman, ac heo ne funde na pone naman {)ar on, |)e heo wolde. da heo {)a gewrita oforranl ha^fde, da beseah lieo to Apollonio and cwaä: 'lareow, ne ofjjingd hit de, gif ic I)us wer geceose?' Apollonius cwynt: 'na, ac ic blissige swidor, :i'^ da't {)u miht durh da lare, J)e I)u a't me underfenge, I)e silf on gc-
1 der obere Teil von fecc in feccan vcrhiafst -^ da gcsreligan etiras rrr- blafst 3. t; läre * Th 4 beon * Th \\ m m mines auf Rasur \\ rices * Th 11 ]}& * Th 12. 14 iinre '*'Tli iß g in elcunge ai(^ c 20 godnc * 7'/< |j nu ü. d. Z. von ders. Hand -'l loornunge Th || a ü. d. Z. 2.s eower Th [njl. Anglia I, Hit). In seinem Handexemplar der 'Verbesserungen und Erklä- rungen' hatte Zupitxa xwei iveifere Beispiele notiert: hwylces eowres assa Lue. 14, 5 ivnd utou hleotan hwylces ures heo sy JoJi. 19, '21. A. N./ 24 se] CS scheint, als ob der Schreiber xncrst \>c schreiben /rollte 2t. 2S ir,\u\ *Th S(> Lareow * Th \\ ana * 77/ || /"na^s git yfel wif, n/l. Amjlia l,\(H\; Ron/. Forschungen 111,278. A. N.J '■''' nüm ' Th •"•' lareow * 7'/,' ' ofliincd 77/
30 Die ae. Bearbpitung flcr Erzälihuig von Apolloiiius von Tyrus.
write gecy(taii, Invileiu' lieoru \ni wille. min willu i.«, \)ot {ju (te wer geceose, |)ar du silf wille.' |v/"< niaden cwml: 'eala lareow, gif (tu me lufodest, {)u hit (Th. 21) besorgodest.' A-iter {)i.su;y^ w'ordu?» heo mid modes anra^dnesse awrat oder gewrit and ])(f't geinseglode and 5 sealde Apollonio: Apolloniw.s hit J)a ut ba-r ou da strafte and sealdc \y,im cyuge. da^t gewrit wa^s Jjus gewriten : 'J)u goda cyngc and min SB leofesta fa-der, nu |)in mildheortnesse me leafe sealde, Jv*"/ ic silf moste ceosan, hwilcne wer ic wolde, ic secge de to sodan, {)oiie for- lidenan mau ic wille. and, gif du wundrige, ^rH swa scamfa'st fa!?»ne 10 swa unforwandigendlice das word awrat, ]^oime wite J)u, ]^(/'t ic ha;bbe purli weax aboden, de nane scame ne cau, ])a't ic silf de for scame secgan Jie mihte.'
Da da se cyningc hrt3fde ^(et gewrit oferra-d, |)a niste he,
(MS. 142) hwilcne forlidene heo nemde, beseah da to dam l^nni cnih-
1 > tu??? and c\\(/ct: 'hwilc eower is forliden ?' da cwv^f/ heora an, se
hatte Ardalius : 'ic eo?» forliden.' se oder hi??? andwirde and cwced:
'swiga du ! adl {)e fornime, ^icei ]}\x ne beo hal ne gesund ! mid me
J)u boccraift leornodest, and du na^fre buton |)are ceastre geate fra???
me ne come: hwar gefore du forlidennesse ?' mid di |)e se cynge ne
20 mihte findan, hwilc heora forliden wa^re, he beseah to Apollonio and
cwaid: 'nim du, Apolloni, |)is gewrit and rxd hit. eade ma-g gcwur-
dan, '^(H Jiu w'ite, '^(d ic nat, du de I)ar a?zrfweard wane.' da nam
Apolloni?/.s '^(ct gewrit and rtedde, and, sona swa he ongeat, '^at he
gelufod vva^s fra??i dam ma^dene, his andwlita eal areodode. da se
25 cyngc \}(ii geseah, J)a na??? he Apollonies band and hine hwon fra???
J)a7?? cnilitu??? (Th. 22) gewa?nde and ewred: 'wast J)u J)one forlidenan
man?' Apolloni?<5 cwad: 'du goda cyning, gif Jjin willa bid, ic hine
wat.' da geseah se cyngc, lyat Apollonius mid rosan rüde wa-s eal
oferbra'ded : |)a ongeat he J)one cwyde and |)us cwad to hhn : 'blissa,
:u) blissa, Apolloni, forda??? {)e min dohtor gewilnad |)as, de min willa
is. ne ma-g, sodlice, on J)illicon pingon nan pinc gewurdan buton
godes willan.' Arcestrates beseah to da??? |)rym cnihtu??? and cwaä:
'sod is, 'pat ic eow ar sade, ^ret ge ne comon on gedafenlicre tide
mynre dohtor to biddanne; ac, J)on?^e heo mag hi fra??? hyre lare
35 geanntigan, J)on??6 sande ic eow word.' da gewaudon hi ha??? mid
I^issere andsware. and Arcestrates se cyngc heold ford on Apolloni??«
band and hine ladde ha??? mid hhn, na swilce he cuma wäre, ac
swilce he his aduni wäre, da at nyxstan forlet se cyng Apolloni??.«?
band and eode ana into da???- bure, |)ar his dohtor inne wa^s, and J)us
40 c\\(vä: 'leofe dohtor, hwane hafast fiu de gecoren to gemaccan?' dat
2 zweites a in eala ans \? \\ lareow *Th 4 äurseduesse awrat *Th 5 lit *Th 7 mildheortues Th 1" awrat *T// H uäne * Th u forlidenne T/f nemde*!// 17 hiil * TA I«b6c*r/? 22uät*J/? 22. 25 „j'im * r/? 2(1 wtust ■*n 28 wät *T/i 29 blissa] Blissa Th, Elisa Hs. 31 uän *Th 32 {)ryra *T/? 34 lAre ' Th 3;-.. .s: häm ' Th 39 a,ia * Th
Die ae. Bearbeitimg der Erzählung von Apollouius von Tyrus. 31
ma'den J)a feol to hyre fieder fotu?;? and cwwcd: 'du arfivsta fa^der, gehyr {iinre dohtor willan : ic lufige jDone forlidenan man, de wits I)urh ungelymp beswicen. ac, |)i Lps J)e |)e tweonige J)are sprasce, Apolloniiv»/ ic wille, minne lareow, and, gif |)u nie h'im ne silst, I)u forh>;tst diue dohtor/ se cyiig da, sodlice, ne mihte ariiifiiian bis 5 dohtor tearas, ac arterde hi up atid hire to cwced: 'leofe dobtor, ne ondra-t pu de a3niges I)inges. (Th 23) J)u hafast gecoren Jione wer, |)e me wel licad.' eode da ut and, beseah to Apollonio and cwrfd; 'lareow Apolloni, ic snieade minre dobtor modes willan ; da arebte beo rae mid wope betweox odre spra^ce f)as f)ingc {)us cwedende: "{m lo geswore Apollonio, gif be wolde gehirsumian minu?u willan on lare, \icet |)u woldest bim geinnian, swa hwa^t swa seo sse h'ini atbrad. nu, fordam J)e he gehyrsu?;* wa^s {)inre b;vse and minum willan, ic for ;\;fte?" hvn — — — — — — — — — — —
_ 17,
(MS. 143) da wa^s hyre gecyd, J)e dar ealdor wa^s, ])at ];)ar wa-re : cumen su;» C3''ngc mid bis adume and mid bis dobtor mid raicclu/?^ gxiwn. mid {)aw pe beo '\}cet gehirde, beo hi silfe mid cynelicu/;^ reafe gefratwode and mid purpran gescridde and hire beafod mid golde and mid gimmon geglangde and mid micclu«? faj/znena beape ^o ymbtrimed co?;^ togeanes Joa?/? cynge. beo wa'S, sodlice, pearle wlitig, and for (Th. 24) dare micclan lufe J)are clannesse, hi sivdon ealle, \)a't |)ar nare nan Dlanan swa gecweme, swa beo. mid Jm?^? \)c Apcd- loni?<s ^ad geseab, he mid bis adume and mid bis dohtor to hyre urnon and feollon ealle to hire iotnm and wendon, ]^cet beo Diana -ih wäre seo giden, for hyre micclan beorhtnesse and wlite. ]^(rt balieru weard da geopenod, and |)a lac waron in gebrobte, and Apolloni?^s• ongan da sprecan and cwedan: 'ic ii-ixm cildhade was Apolloni?/.s- gene?;niod on Tiruw? geboren, mid |)awi Jie ic heconi to fullon anil- gite, J)a nas nan craft, de wäre iva,ni cynegu?;^ began odde fra/// 30 a^deluw mannu»«, {)e ic ne cude. ic aradde Antiochus raidels I):i'S cynges, to J)on \i(ct ic bis dobtor underfenge me to gema^ccan. ac he silfa wa>s mid '\iKm fulestan borwe J)ar to gejieod and me I)a sirwdc to ofsleanne. mid |)am J)e ic \)((t forflcab, I)a weard ic on sa' for- liden and com to C-yrenense: da underfenge mc Arcestrates se cyngc :r. mid swa micelre lufe, ^<ct ic at nybstan geearnode, ^<ct be geaf me bis acanncdan dobtor to gemaccan. seo for da mid me to onfonnc minon cynerice and |)as mine dobtor, ]}q ic beforan de, Diana,
4 h'ireow *Th s he eoder" ^ lareow *Tli n liire *37/ i- seo sa him atbrad *Th [!•* hier folgt eine grofsc I/üclcc, die mclir als die Ilälftc der (janxen Erziddimg innfafst (= Riese- 41 !•'' — U)(i ■'')] 17 nnc// dem driften mid ein iveiteres mid icegrndiert -1 ymbtrimed ] d ans t ^'* nan * Th -•'' wende Hs., wende ' Th -'' lieora« %n hyre (nieht xu hyra^, leie Th oni/irlit) 2-' geueninod *7'// -j'^ cyncguni Th \\ be in began atif linsitr'^ •>! JioJ [^(ct Es. •^■' fulestan *Tli '■'' anca'nuodan r^ 11 for "77/ '"^ rioe * 77/
P>2 Die ae. Bearbeitung der Erzählung von AjM)lloniu.s von Tvru.«.
geaiidweard ha-bbe, aciviidc on wa- (n/d bire gast alet. ic {)a bi inid cynelican reafe gescridde and mid golde and gewrite oii ciKte alegde, l^cct^ se |)e bi funde, bi wuritlice bebirigde, and |)as niine dobtor be- fa^ste |)am manfullestan mannan to fedanne. for me f)a to Egiptalande
5 feowertene gear on beofe: da ic ongean co»?^ |)a siudon lii me, \)a't. min
(Th 25) dobtor wa-re fori Ifaren, and me wa^s min sar eal geedniwod.'
Mid \yA'))t |)e be das J)ingc eal arebt ba-fde, Arcestrate, sodlice,
bis wif, u}^ aras and hine ymbclypte: da niste na Apolloniw.s ne ne
gelifde, ]}rrt heo bis gemascca w«re, ac sceaf hi ivani bim. heo da
Kl micelre sta^fne clipode and cvf<xd mid wope: 'ic eom Arcestrate, {)in gema^cca, Arcestrates dobtor |)a3S cynges, and {)u eart Apolloniws^ min lareow, |)e me bi^rdest; J)u eart se forlidena man, de ic lufode, na for galnesse, ac for wisdome. hwar is min dobtor?' he bewa'iide bine |)a to Tbasian and c^\^rf^d'■. 'J^is beo is,' and big weopon da ealle
15 and eae blissodon. and ])rft word sprang geond eal ])(rt land, ])(('t ApolloniMS_, se mjera cyngc, ha3fde funden his wif, and J)ar weard orma^te blis, and {)a organa \va;ron getogene and {)a biman geblawene, and |)ar weard blide gebeorscipe gegearwod (MS. 144) betwux J)a?« cynge and pam folce. and beo gesette byre gingran, |)e bire folgode,
20 to sacerde, and mid blisse and beofe ealre J^are ma-gde on Efesu»« heo for mid bire were ayid mid bire adume and mid bire dobtor to Antiochian, |)ar Apollonio wass ^cet cynerice gebealden. for da siddan to Tirmw a^id gesette J)ar Athenagoras, his adur«, to cynge; for da, sodlice, J)anon to Tbarsuw? mid his wife and mid
ii'> his dobtor and mid cynelicre firde and bet sona geheccan Stran- guilionew? and Dionisiade>« and la^dan beforan \\ini, J)ar be 8;\3t on his J)riw?setle. (Th 2(!) da da hi gebrobte wan-on, J3a cw^'^f he beforan ealre |)are gegaderunge : 'ge tbai'sysce ceastergewaran, cwede ge, ]^at ic Apollonit<s eow dide a^fre j^nigne unj)ang?' hi |)a ealle
-11 anre stajfne cwaidon : 'we sredon ajfre, 'pcet |)u ure cyng and fa^der wa^re, and for de we woldon lustlice swiltan, forda»? J)e |)u us alys- dest of hungre.' Apolloni^<s Jja cw^rt: 'ic befa?ste mine dobtor Stran- guilionem and Dionisiade, and hi noldon me {)a agifan.' da-t yfele wif cwccci: 'na-s ]i(st wel, hlaford, ])(('t ])u silf ara'ddest {)a stafas ofer
'.5 bire birgene?' da clipode Apolloniws swide hlude and cweed: 'leofe dobtor Thasia, gif renig andgit sy on helle, l«t J)u ^at cwicsuslene hus, and gehir du dines fteder stsefne.' dnet ma^den da ford eode mid
1 geandweard ] der Schreiber ivollte zuerst ein mit einem anderen Bucli- stahen (h'^J anlautendes Wort (hvehhQ?) schreiben [im Olossar /tat Ziipitxa in geandweardod geändert. A. N.] || sa^ *7'// 4 manfullestan *Th \\ For *Th II tö] on'r' ■'> drittes e in feowertene aus \? ^ wif up aräs *Th l^ lareow *Th II' fuudon Hs., funden Th l" ein ziveites organa getilgt is blide] b atif Rasur und davor u, wie es scheint, radiert -^ for * Th 22 i-ice * Th j For *Th 24 wife * Th 26 -iadeu *Th 2S gaderuuge *Th 20 unj)anc Th 30 :'niic *Th 31 sweltan Th 37 hus " Th
Die ae. Bearbeitung der Erzählung vou AiJollonius von Tyrus. BS
cynelicu?;^ reafe ymbscrid and imwreah hire lieafod and cwcrä hlude to J)a?>i yfelan wife : 'Dionisia, hal wes |)u. ic grete ]}& nu of helle geciged.' da^t forscildgode wlf f)a eallu?;^ limon abifode, J^a da heo hire on locode, and seo ceastergewaru wundrode and blissode. da het Thasia beforan gelaädan Theophiluw«^ Dionisiades gerefan, and, -^ him to cwred: 'Theophile, to J)on ])(7't |)u de gebeorge, sege hluddre stai'fne, hvva de hete me ofslean.' se gerefa cwa-d: 'Dionisia, min hhv'fdige.' hwa^t! seo burhwaru {)a gehthton Stranguilione»? and bis wif and la^.ddon buton da ceastre and ofstajndon hi to deade and woldon eac Theophilu/;«. ofslean, ac Thasia hhn |)ingode and cw«(f : w 'buton |)es man me {)one first forgeafe, ])cBt ic me to gode geba>de, ])oi\ne ne he(Th. 27Jcome ic to |)issere are.' heo radite {)a, sodlice, lui-e handa hhn to and het hine gesund faran, and Philotemian, |)are forscildgodan dohtor, Thasia nam to hyre.
Apolloniws da, soiUice, forgeaf ])ani folce mieele gifa to blissc, l'. lA and heora weallas wurden geedstadelode. he wunode Jia J)ar six mondas and for siddan on scipe to Pentapolim, J)are cireniscan birig, and co7^? to Arcestrates f)a?;? cynge, and se cyng blissode on bis ylde, ^fd he geseah bis nefan mid hire were. hi wunodon togaxlere an gear fullice, and se cyning siddan Arcestrates fulfremedre ylde 20 fordferde betwux hhn eallu?>? and becw«(f healf bis rice Apollonio, healf bis dohtor.
I)isu;?i eallu/« dus gedonu?» eode Apolloni^Ks-, se majra cyngc, wid da Sa-: J)a geseah he J)one ealdan fiscere, |)e hine i^r nacodne underfengc. {)a het (MS. 145) se cyngc hine fan-lice gela-ccan and 2r. to dare cynelican healle gelaidan. da da se fiscere ^cet geseah, {}<«/ hine I^a ca^?/?pan woldon niman, {)a wende he an-est, '^rct hine man scolde ofslean, ac, mid |)a?« |)e he com into da\s cynges healle, J)a het se cyningc hine l;\;dan toforan J)are ewene a)id J)us cwfcd:: 'eala I)u eadige cwen, f)is is min tacenbora, |)e me nacodne underfcnc so and me geta-hte, '^cet ic to J)e beco/>?.' da beseah Apollonii/.s^ sc cyng to dam fiscere and cyf(pd: 'eala welwillenda ealda, ic eo??2 Apolloni?y.s se tirisca, |)am |)u sealdest healfne {)inne wa'fels.' hhn geaf da se cyngc twa hund gildenra })aniega and ha'fde hine to geferan, {)a bwile I)e he lifede. (Th. 2S) Hellanicus eac (hi to hhn com, se :^5 hh)i ivr cydde, hwa^t Antiochus eync be hhn gedemed had'de, and he cwff'd to ])a.m cynge: 'hlaford cyng, gemun llellanicus, {)inne Jieow.' da gena?;^ hine Apollonirts be Jjare band and ara;rde hine up and hine cyste and hine weligne gedide and sette hine him to geferan. aifter eallu?« |)isum Apolloni?/.? se cyngc sunu gestrynde bc bis w
2 wife * Th II hal * Th '■'■ wlf * Th i ceastergewaru | L'asto- xirischm r und u 9 v/if * Th jj buton] ut on IIs., üt on * Th i" f,')r*r// || on ans to II pentapolim * 77c, pentapolim Hs. 20 (n\*Th 21 rice * TA --^ sa> ^ 77/ au- '77/ 27 [y,i (t,/H diirchstrichcucDi ]>) wrnde * Th 2i> cwrne *Th •'«' cwrn *Th '■''■' liwüe '77/ •'■« genam * 77/ '!■' Th xuerst hande, dann S. Uli handa
Archiv f. n. Sjiraclioii. XCVII. <>
34 Die ae. Bearbeitung der Erzählung von ApoUonius von Tyrus.
gemaeccan, {)one he sette to cynge on Arcestrates cynerice bis ealde- ftcder, and he sylfa welwillendlice lifede niid bis gemaiccan seofoii and hundseofonti geara and heold J)«;^ cynerice on Antiochia and on Tyruw and on Cirenense, and he leofode on stilnesse and on blisse ealle |)a tid bis lifes tufter bis earfoilnesse; and twa bec be silf gesette be bis fare and ane asette on dam temple Diane, odre on bibiliotbeca.
Her endad ge wea ge wela Apolloniw.s pa-s tiriscan, ncde, sc J)e wille; and, gif hi bwa rtede, ic bidde, ^a,t be {)as awitndednesse ne tfele, ac J)«;i he bele, swa bwa^t SAva {)ar on sy to tale.
1 rice *Th \\ ealdafeder Th S. 93 ■'> rice *TA -Uid " Th lifes *Tk 0 äne *Tk "' bibliotheca *Th
Berlin. Ju l i u s Znp i t%a.
Theophile de Viau.
(Schluß.)
V.Kapitel. (28. September 1623 bis 1. September 1625.)
Theo])hile de Viau, Gefangener in der Coneiergerie, stand wälirend der nächsten zwei Jahre im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Und statt die Partie verloren zu geben, that er von seinem Kerker aus alles, um sich nicht vergessen zu lassen, um König, Kichter, Freunde und öfFentliche Meinung zu seinen Gun- sten aufzurütteln. Mag man ihn nun in der Sache selbst für schuldig oder unschuldig halten, er hat damit den Beweis einer seltenen Geistesgegenwart und Willensstärke gegeben.
Denn er befand sich in den ungünstigsten, äulseren Ver- hältnissen, und das Milieu, in dem er lebte, war derart, dal's manch einer schon an der Ungunst dieser materiellen Lage zu Grunde gegangen wäre.
Je ne sfaurois, avec le respect que je dois ä Vostre Majcste, sagt Th^o- phile in der Apologie au Boy, luy clepeindre les saletex, et l'/iorreur ny du Heu, ny des personnes dont j'estois yarde: je n'y avois de la darte que d'une jjetäe chandelle ä chaque repas . . . je n'y ay jamais eu de feu. . . . Man lief estoit de teile disposition que l'humidite de l'assictte et la pourriture de la paille y engendroit des vers et autres animaiix qu'il tne falloit ecraser ä toute heure. . . . L'on nie nourrissoit de la pension qu'il a pleu ä Vostre Majeste de nie eontinuer, mais man manger et boire estoit tel, qu'ils sem- bloient avoir receu pour nie faire niourir V urgent que vous leur do)uiiex pour nie faire vim-e. '
Er erzählt dann, wie man ihn vier Monate lang von zwei Wächtern Tag und Nacht hat beaufsichtigen lassen, wie man
> II, 8. 247.
56 Th(5ophilc de Viau.
seine sclicinbaron Mitgefangenen zn Spionen niaclite, die sicli in sein Vertranen einschleichen, ihn zn Lästerungen Gottes, des Königs oder Parlaments verführen sollten, nnd wie man ihm während der ganzen Zeit nie gestattete, mit einem Priester zn sprechen, noch einen Rosenkranz zu beten, '
In diesem Aufenthalt, den er ein zweites Mal, und mit wo- möglich noch kräftigeren Farben, in seiner lateinischen Apologie Theo'philus in Carcere schildert, hat er beinahe zwei Jahre lang gelebt, nnd zwar zuerst sechs Monate lang ununterbrochen, ohne verhört zu werden. Der Dichter, scheint es, hat nach jenen sechs Monaten den verzweifelten Entschlufs gefalst, lieber Hun- gers zu sterben, als solche Existenz länger zu ertragen, worauf der Procureur General ihn im Kerker aufgesucht und eine bessere Behandlung des Gefangenen angeordnet hat.- Doch setzt Theo- phile hinzu: eii cela il a estc tres mal ohey. Wenigstens kam Th^ophile aber dadurch zu seinem ersten Verhör, das in der be- rühmten Salle de Saiut-Louis abgehalten wurde, und wo, sagt der Dichter, le grand air ui esldouyt J'abord et faillit ä nie faire pas)ner.'^ Damals wurde Theophile am 22., 24. und 27. März 1624 vernommen und blieb dann weitere zwei Monate in seinem Kerker, um erst am 3,, 7., 14. und 15. Juni 1624 von neuem verhört zu werden.'' Weitere Akten über Verhöre Theophiles
' S. 258 ff. 2 11^ 246. 3 II, 248. 249.
'' Die Akten über Theophiles Frozefs bestehen aus den Zeugeu- vernehmungen vom 4. und 11. Oktober 1628, vom 21. und 2??. No- vember 162.3, vom 24. und 29. Ainül l(:i24, vom 6. und 11. Mai 1624, vom 18., 20. und 22. August lü25 und den Verhören vom 22., 24. und 27. März 1624 und vom 3., 7., 14. und 15. Juni 1624. Sie sind noch nicht herausgegeben worden, und es dürfte auch kaum der Mühe wert sein, da sie doch nicht vollständig sind. Die Handschrift ist dazu eine un- gewöhnlich undeutliche. Die erste Vernehmung Troussets vom 4. Ok- tober 1623 ist von AUeaume abgedruckt (I, cxxn ff.). Alleaume hat auch ein Resitme der Zeugenaussagen gegeben (I, xcix ff.), doch ist es weder vollständig, noch klar. Die Verhöre hat eir bei seiner Arbeit nicht benutzt. Dafs ich diese wichtigen Dokumente von Anfang an bei meiner Arbeit benutzen konnte, verdanke ich der Bereitwilligkeit, mit welcher M. Alfred Spont, mieten eleve de l'ecole des Chartes, mir eine Ab- schrift des mühseligen Manuskripts gefertigt hat. Ein Dokument, das anscheinend Alleaume noch zugänglich war, habe ich bei den Akten
Theophile de Viau. 37
sind nicht erhalten. Doch erfahren wir ans den Zengenverneh- mnngen nnd der Apologie an Roy, ' dal's Theophile noch mehr- fach befragt worden ist. Diese Dokumente sind anscheinend abhanden gekommen nnd daher die näheren Daten dafür nicht anzugeben.
Während Theophile im Kerker war, predigte man in den Pariser Kirchen gegen ihn fort nach dem Text: *Es ist besser, dafs ein Mensch sterbe, denn dafs das ganze Volk verderbe.' Besonders war es der Pere Gu^rin vom Orden Saint-Francois de Paule, der gegen Th^ophile wütete und, wie der Dichter uns er- zählt, eine seiner Predigten mit folgendem geschmackvollen Orna- ment versah: 'Verflucht seist du, Th^ophile, verflucht der Geist, der dir deine Gedanken diktierte, verflucht die Hand, die sie schrieb; wehe den Verlegern, die sie gedruckt! Wehe denen, die sie gelesen! Wehe denen, die dich je gekannt! Gesegnet aber sei der erste Präsident, gesegnet der Staatsanwalt, die Paris von dieser Pest gereinigt; du bist die Ursache der Pest in Paris. Ich sage mit Ehrwürden, dem Pater Garasse, dals du ein Esel bist, ein Kalb ; - was sage ich, ein Kalb ? O nein, von einem Kalb ist das Fleiscli gut, wenn gekocht oder gebraten, und mit seiner Haut bezieht man Bücher. Dein Fell, du Bösewicht, ist nur zum Sengen gut, und gesengt sollst du werden, verlals dich drauf: du hast die Mönche verlacht, nun werden sie dich ver- lachen.'^ Solchen Ausfällen gegenüber kann mau nur Rabelais' Wort wiederholen: ^1 ccs sacrez oiseanLr ne tonclie!
Und bei Worten blieb es nicht, man licfs auch Thateu sehen. Tlieophiles Verfolgung war eine so treflPliche Gelegenheit für die Priester, ihren Glaubenseifer zu beweisen; es giebt so wenige
nicht mehr gefunden: eine Confrontation du 20 octohre 1624. Alloannio nennt diese unter den Prozelsakten (I, xoix); doch ist seine Auf/älüuii<i- so ungenau, dal's man nicht sicher ist, jenes Stück habe damals noch existiert. Dafs aber die Prozefsakten nicht vollständig erhalteu sind, er- sieht man aus der grofseu Lücke, die in den Vernehmungen wie Ver- hören zwischen Mai 1621, Juni ItiJI und dem Ende des Prozesses, I. Sep- tember 1625, besteht.
' Vgl. II, S. 2')!. 25;->. 251. Über diese Angaben 'rii('o])hiles giebt es kein Protokoll.
^ Wieder eine Anspielung auf den Namen 'Viau',
^ II, 281.
38 'i'hi'uphik' de Viuu.
Menschen, die es der Mühe wert erachten, einen öffenthch Ge- brand markten noch unabhängig zu beurteilen, statt in die grolse Trompete der Verachtung mit hineiuzublasen, dafs es nicht wunder nehmen kann, wenn sich auch sehr niedrige Motive und Ver- fahren bei Thdophiles Gegnern zeigen. Von diesem selben Guöriu sagt z. B. Th^ophile, dafs er in der Bretagne versucht hat, sich durch Bestechung oder Bedrohung Zeugen gegen Theophile zu versehaiFen, was der Dichter sich vornimmt, durch das Parlament in Rennes ahnden zu lassen. '
Vom Pater Voisin sagt Theophile : d a este chez plusieurs de Dies juges ä leur demander riia mort, - eine Angabe, die durch den P^re Garasse bestätigt wird, der von seinem Standpunkt in seinen allerdings recht unzuverlässigen Memoiren eine Dar- stellung des Sachverhalts giebt, die immerhin gehört zu werden verdient, ebenso wie die Schilderungen Prats in seiner Histoire de la Compagnie de Jesics.
Ersterer sagt : Le Pere Voisin avoit donne ä l'uu des juges an ecrit disant quil y alloit de la Gloire de Dieu et qiie la Mort de ce malhexireiix seroit un sacrifice tres agreable ä Dien. •* Letzterer setzt hinzu: maUieureiisement le Pere Voisin ne sut contenir son zele dans les hornes d'une prudeuce ekretienne, il soUicita onverte- uient cvntre Theopldle;'^ beide aber stimmen darin überein, Voisius Verbindung mit dem Kardinal La Rochefoucauld zu betonen, und aus Garasses Schilderung geht hervor, dafs schon im Jahre 1621 Sageot, ein späterer Belastungszeuge Theophiles, Garasse und Voisin über letzteren Enthüllungen zu machen kam und von ihnen dem Kardinal vorgestellt wurde, worauf ein Verhör folgte, welches zuerst vom Kardinal, dann von Garasse niedergeschrieben wurde. Diesen Umstand, sagt Garasse, benutzte Theophiles Partei später, um zu behaupten, er habe Sageot gegen Theophile auf- gestachelt. ^
Gegen diese feindliche Macht standen auf der anderen Seite Theophiles Freunde. Er hatte deren nicht allzu viele, spricht von den Höflingen mit Verachtung, sagt:
' Vgl. II, 218. Die Information vom 6. Mai 1624 enthält uichts, was diese Angabe bestätigt.
2 II, 248. 3 Memoires de Garasse S. 71. " Prat, a. a. 0. Bd. IV, S. 513. * A. a. O. S. 73. 74.
Theophile de Vimi. 39
Mcs cvnis changercnt de face;
Ils furent tous umets et sourds,
Et je ne vis en ma disjrdce
Eicn que nioi-mesme ä mon sccours. (II, llö.)
Er fühlt fort;
Quelques foibles solliciteurs
Faisoient encore un peu de mine
D'arrester mes persecideiirs
Sur le penchant de ma ruine;
Mais en un peril si pressant
Leur secours fut si languissant
Et ma guerison si tardive,
Que la raison me resolut
A voir si quelque estrange rive.
Moffriroit un port de salut. (II, 145. 14G.)
Das war schon vor seiner Einkerkerung gewesen; es wurde jetzt nicht anders, er nennt die Höflinge weiterhin esprlts de verre, courcujes de terre, ' und spricht 1624 von seinem Bruder
Paul als
Mon frere, mon dernier appuy,
Toy seul, dont le seeours me dure. (II, 178.)-
Ganz so verlassen war er nun doch nicht. Montuiorency allerdings scheint sich ihm erst nach seiner endgültigen Frei- sprechung wieder in alter Weise genähert zu haben. Dagegen haben der Herr von Liancourt und sein Bruder Monsieur de la Roche-Guyou sich Thdophiles aufs eifrigste angenommen. Mit ersterem war Th^ophile seit lange befreundet, so befreundet sogar, dafs er ihm einmal Moral predigen durfte. ** Von diesen beiden Herren sagt Garasse, dafs sie mit dem eingekerkerten Dichter in Verbindung gestanden haben. In/ fönt tenir des paquets et recoicent de ses noiivelles par rentrcinise def< f^erriteurs de Mon- sieur le prernier Pi'csident dans le j ardin diiquel repon- dalt une haute feilest re (/rille e de ladiete tour (Mont- gomery) par Un/nelle ils faisoient ecrire d llieophile
' II, 174. 191.
- Lettre de Theophile ä sou frere. Flugschrift von 1021. Vgl. Alieaunie II, 178 ff.
^ Vgl. Lettre ä Monseigneur de L. II, 130 fl'.
40 Thäophile de Viiiu.
des lettre H et des aris secrets arer iiu roalean defi- cel/e.^ Die Sache klingt etwas un wahrscheinlich, cleiiii Theo- phile befand sich, soviel wir wissen, unter der Erde im Kerker Ravaillacs. Eine ähnliche Verbindung mit der Aufsenwelt nuil's er aber nichtsdestoweniger gehabt haben, da es sonst unerklär- lich ist, wie er seine Manuskripte schreiben und zum Druck be- fördern konnte. Auf Herrn von Liancourt möchte ich auch den Cori/doii deuten, dem Th^ophile in seinem Remerdment ä Cortj- don - seinen Dank abstattet. Dafs er ihn darin son Dien tutelaire nennt, ein Titel, den er früher Montmorency gegeben hat, kann bei der Allgemeinheit der Bezeichnung und bei Montmorencys Benehmen nicht dagegen sprechen. -^
Was den König betrifft, so ist es mir nicht gelungen, wäh- rend der ganzen Dauer des Prozesses auch nur eine persönliche Aufserung seinerseits aufzufinden. Th^ophile hat sich während jener Zeit zweimal an den König gewendet, einmal in der He- queste von 1624 und einmal in der Apologie von 1625. Zwei andere Flugschriften, die aber als unecht zu gelten haben: Vers de TheopJdle, presentes au ÜlO// 1625 und T/ieophile au Roy sur son e.ril 1626, sind gleichfalls an Ludwig XIIL gerichtet, doch ist die Wirkung derselben in einer heute ersichtlichen Weise nicht mehr zu konstatieren. Fest steht nur, dafs Ludwig ihm seine Pension noch weiter gezahlt hat, '' wovon die Kosten des Prozesses und sein Unterhalt dann bestritten wurden.'^ Der Brief, der dieses anordnet, datiert vom 15. Oktober 1623, also etwa drei Wochen nach Theophiles Gefangennahme, und zeigt, dafs der König wenigstens nicht säumig und auch nicht un- freundlich war. Von einem besonderen Eifer, Th^ophile zu retten,
* Memoires du P. Garasse S. 79.
2 II, 190 ff. 3 Vgl. II, 193. 213. " II, 247.
^ Der Brief, den er in dieser Sache von dem Kanzler Brulard an den Procureur General richten läfst, befindet sich in den 5U0 de Golbert Bd. VI, S. 15 und lautet: Monsieur, J'ay dit au Roy ce que votis m'avex eserit du XII'"' de ce mois pour la despensc du proecs de Theophile; Sa M. a com- mandc aussitost d'expedier l'ord'''' necess'''' pour satisfaire ä toutes despenscs dont Monsieur de la Vieuville a pris la charge, il pense qu'elle vous sera rendue aussitost que la presente. (Folgt noch ein anderer Gerichtsfall.) Votre humble et plus uff'"' servitetir et allie Brulart.
Thdophile de Viau. 41
merkt mau freilich auch uichts; dazu hatte Ludwig, vou Mo- tiven persöuhcher Sympathie oder allgemeiner Menschlichkeit ab- gesehen, aber auch keinen Grund, und aufserdeni besafs er eiuen jesuitischen Beichtvater. Wie Mathieu Mol^ sich später aus- drückt: er liefs Thdophile a la Justice ordinaire.
Diese Justice ordinaire lag in den Händen des Staatsanwalts Mathieu Mol^, des ersten Präsidenten am Pariser Parlament, Mon- sieur de Verdun, der beiden Untersuchungsrichter Jacques Pinon und Fran9ois de Verthamond, conseillers du Roy en sa Cour de Paiiement, endlich des Parlaments selbst, sowie der Grande Chambre und Tournelle, die gemeinsam den endgültigen Beschlufs zu fassen hatten. Das Pariser Parlament war der höchste Ge- richtshof des Landes und hatte seinen Sitz seit 1302 in dem auch heute noch so genannten Palais, behandelte toides sortes de matieres civiles et criminelles entre particuliers, mesmes des affaires d'Etat et jyabliques. I^es causes des princes du sang, des pairs de France et des officiers de la couronne y soid traitees pr'ivativenieid aux autres parlemens. C'est oü les roys vont aussi en ceremonie tenir leur lict de justice. Dans ce rnesme enclos il se tient quantite d'autres cours . . . comme la Chambre des Comptes (= Grande Chandjre) qui va de pair avec le parlement. Bref, on peut dire que toutes les yrandes affaires se fönt dans ce petit redidt. Car poicr le Chastelet, ce n'est que la justice ordinaire,^ qui releve par appel au Parlement comme les autres pixsidiaux de France: eile se fcdt soiis le nom du Prevost de Paris <pii a trois lierdenants sous luy.~
Über Theophiles Richter ist uns einiges bekannt. Nicolas de Verdun war bis 1611 Präsident am Parlament in Toulouse gewesen, wurde dann nach Paris berufen und war wegen seines Wissens wie seiner Grofsmut berühmt. Er soll jedoch favorahle
^ Wenn Mathieu Mole sagt: la justice ordinaire (s. Note 3 auf fol- gender Seite), so meint er damit nicht, dafs Theophiles Prozefs dem Chatelet hätte überlassen werden sollen, sondern dafs der König in den gew()hnlichen Lauf der Gerechtigkeit nicht eingreifen würde. Da das Parlament bereits in Sachen Thöophiles gesprochen hatte, war eine Über- tragung an das Chatelet ausgeschlossen.
"^ Vgl. Leroux de Lincy : Noticc sur le Plan de Paris de Gombou^f, Paris 1858, S. 35.
42 Theophile de Viau.
aax Jesuiten et ä L' lupatjue gewesen sein.' — Mathieu Mole (1584 bis 1656) gehörte einer alten Magistratsfamilie an und zeichnete sich durch seine Unabhängigkeit dem Monarchen gegenüber aus, was er sowohl in der aj'alre Marilhac wie bei Gelegenheit der lAheUe gegen Luynes bewies. ^ Dafs er Th^ophile de Viau nicht wohlwollte, wissen wir bereits. Wie er als öffentlicher Kläger und Staatsanwalt gegen ihn auftrat, zeigt sein Projet d'Interro- gatoire^ in dieser Sache. Er steht darin an Schärfe nicht hinter Garasse zurück und ist ihm an Würde weit überlegen.
Den ersten Angriffspunkt bietet ihm des Dichters Verbannung: Si pour ses mauvaises mceurs, ses debauches conli- iiuclles et ses impietes, comme corrupteur de la jeunesse de la cour le Roy des l'an 1619 ne lui auroit pas adresse et faxt commande- ment de vuider le royaume'? merkt Mathieu Mol^ an.
Den zweiten Angriffspunkt bildet der traue de l'Ln- mortalite de l'Ame; der gelehrte Richter weist Th^ophile nach: Behaupten, dafs die Seele vor dem Körper bestanden, sei ein längst von der Kirche abgethaner Irrtum des Origines; be- haupten, dafs die Seeleu verbrecherischer Sterblicher nach ihrem Abscheiden in Tiere übergehen, ein Irrtum des Pythagoras; von der Seelenwanderung, der Unsterbhchkeit der Materie, dem Wissen als einem Wiedererinnern und der Unsterblichkeit auch der Tierseele sprechen, sei endlich ein Zeichen von uisigne inalice, und Th^ophile habe sicherlich beabsichtigt, d'obliger cJiacun ä croire la mortalite puis<piil y avoit si peu de srijet de croire Vhnmortalite. ^
' Henry Martiu, a. a. O. S. 33. ^ Vgl. Larousse Bd. LXI, S. 397.
^ Das Manuskript ist erhalten in den 500 de üolbert Bd. II, S. 69 ff. ; abgedruckt ist das Projet in den Memoires de Mathieu Mole (ed. Cham- pollion-Figeac) publies par la societe de l'histoire de France Bd. I, S. 239 ff. und Alleaurne I, Lxiv ff. Beide Drucke sind nicht ganz korrekt. Wir besitzen noch einen Brief Moles in Theophiles Angelegenheit (CoUection Dupuy Bd. 685, S. 29, Brief 25). Er sagt darin : Je luy (Ludwig XIII) parlai aussi de Theophile; qui semhle laisse ä la Justice ordinaire: Mais les Gourtisans se promettent h. p. de leurs sollicitations. de n'est pas un affaire qui doibve aler si viste, veu le temps, qu'il a este juge et celui oii nous sommes. Alleaurne (I, xix) knüpft an diesen Brief noch eine sehr unklare Hypothese, die ich nach Vergleichung mit dem Manuskript für ausgeschlossen halte.
•* I, LXV.
Theophile de Viau. 43
Drittel- P u ii k t : Er hat zur gleichen Zeit wie den Traite bei Pierre Bilaine etliche Verse unter dem Titel CtJavres de Theo- p/ii/e drucken lassen. Anscheinend aßn que, sonn coulenr Je cette Ucence jwetiqiie II jnU qjuhUer, j)lu$ hardiment les mcwimes qui pew- cent portei' ä cette creance: qu'il ne faul reconnoUre aucun autre IHeu que la Xature ä laquelle il se faut ahandonner entierement et oidiliant le christianisrne, la suivre eti tont romme une bete. Also Anklage auf Atheismus und Sitteulosigkeit. Als Beweise führt Mathieu Mole folgende Gedichte an : die Ode IJeureux tandis qa'il est vivant (Alleaume I, 190), die Stellen der zweiten Satire:
J'approuve qu'mi chacun suive en tout la Nature. (I, 238) Je pense que chacun auroit assex d'esprit ... (I, 241)
und ähnliches.
A'iertens: Dafs infolge dieser Naturverehruug il teinoigne pav tout son livre un rnej^ris de Dieu contre lequel saus eonleur d'une Ucence poetique et saus un nom plnriel {Dleux statt Dleu) il voniit des hlaspjhemes execrables. 7i. B.
0 dieux qui gouvernex nos coßurs,
Si vous n'estes des dieux mocqueurs
Ou des dieux sans misericorde ... (I, 2(J0)
und ähnliche. '
Fünftens: Dafs er uuehrerbietig vom Heiland spricht. Beweis: Poiir un niauvais regard que ui'a donne man au (je (I, 264) und Chere Isis (II, 53).-
Sechstens: Qu'il renonce ä tout autre Dieu que sa passiou brutale. Ti.^.tout seul dedans ma chambre, oü j'ai fall ton eglise. (I, 207) et les lieux les plus saints comme les eglises et les autels consacres pour rendre l'homieur ä Dieu, sont prepares pour sa garse. ßlasphhne horrible — und Molö führt an:
L' autre jour inspire d'une divine flamme. (1,268.)^
Siebentens: Er hat auch den zweiten Teil seiner Werke nur drucken lassen, um Gottlosigkeit und Sitteulosigkeit zu ver- breiten, d'oii suit un mepris de toutes les rertus morales et clire- stiennes. * Diese Anklagen auf Gottlosigkeit und Sitteulosigkeit werden von Mole des weiteren in IX I'ropositions ausgeführt, die
» I, LXVn. - I, LXYIU. ^ I, LXIX. * I, LXX.
44 Theophile de Viau.
das Brevier eines Atheisten darstellen sollen, und denen n(jch einige Propositioiis utetileen hinzugefügt sind, alles auf Beweis- stelleu aus Th6()])hiles Werken gestützt und mit ungemeiner Ge- nauigkeit ausgearbeitet. '
Hieran reiht sich als letzte, grofse Anklage, dafis Theophile trotz seiner Desavouierung des Par)iasse Satirujue, zum mindesten Verfasser des berüchtigten sonnet, sowie zweier anderer im Par- nasse enthaltener Gedichte: Que nies jours ont un mcmvais sort und Marquis coniment te jiortes-tu ? sei.
Endlich wird noch sein Besuch bei der Besessenen in Agen erwähnt und die Frage angemerkt: s'il ne fit pas effort en son endroit?
Das wären die Hauptanklagepunkte, die Mol^ gegen den Dichter aufstellt.
Diese Anklagen werden von den in Th^ophiles Prozefs auf- tretenden Belastungszeugen bestätigt. Es sind, nach den uns erhaltenen elf Vernehmungen zu urteilen, im ganzen dreizehn Zeugen gegen Th^ophile aufgetreten. Und zwar ist es eine ganz eigentümliche Gesellschaft, die da zusammenkommt: der Polizei- lieutenant Jacques Trousset; der Geudarmerieoffizier Le Blaue; Meister Claude d'Anisy und Jehan Raveneau, Advokaten am Parlament; Jehan Mi Hot, Chirurg am Stadt- lazarett des Hotel-Dieu; Pierre Rocollet und Anthoyne Vitrd, Buchhändler; Martin du Breuil, Buchbinder; Pierre Galtier, Kirchenschreiber aus Saint- AfFrique ; der Pater Gu^- rin; Gabriel Danget, ehemaliger Kammerdiener; Fran(;ois Sageot, ein verkommener Schüler, und ein Fleischer Guibert. Wenn man die Liste durchgeht, fragt man sich erstaunt, was nuils Theophile de Viau, Gentühomnie de Ja Chanibre du Roy, für wunderbaren Umgang gehabt haben? Denn alle diese Zeugen bringen Aussagen oder Verse bei, die sie behaupten, von Th^o-
* I, Lxx— LXXiv. Dieser Teil des Projet ist, wie bereits AUeaume be- merkt, nicht von Mathieii Moles Hand geschrieben. Alleaume nun giebt an, er sei ihm wohl von den Jesuiten gegeben worden (I, lxx). Cham- pollion-Figeac sagt in einer Note S. 307: Cette partic est d'une ecriture d'expedition et doit avoir ete redigee par nn sous-ordre. Ein Vergleich dieser Handschrift niit anderen desselben Bandes läfst mich auf Cham- pollions Seite treten.
Th^ophile de Viau. 45
pliile selbst gehört zu haben. Sämthch, den Lieutenant Trousset ausgenommen, bestätigen sie die Anklagen auf Freigeisterei, Gotteslästerung, Kirchenschändung, Ausschweifung und schieben Theophile die Vaterschaft des Farnasse Satyvique zu. Ihrer Her- kunft nach lassen sich die Zeugen in drei Gruppen scheiden: die einen, wie Le Blaue und Pierre Galtier, sind aus dem Süden, behaupten, Theophile um 1615 beim Grafen von Clermont-Lodeve uud in Saint-Aifrique (ersteres im D(Spartement du Herault, letz- teres im Di^partement de FAveyron; die Distanz ist nicht grolis) gekannt zu haben und wärmen nun seine früheren Gottlosigkeiten auf.^ Eine andere Gruppe spinnt ihre Fäden von der Bretagne nach Paris. Im Mittelpunkt des Netzes steht der Pater Gu^rin, und er mischt die Namen des Staatsanwalts vom Parlament in Reunes, des Herrn von Bourgneuf, Sohn des ersten Präsidenten am Parlament in Rennes, und des Herrn von Chauquelin oder Chauguelin in die Sache. Gu<^rins Aussage gemäls haben diese Personen sämtlich eine sehr schlechte Meinung von Theopiiile gehabt.- Dieselbe scheint sich auf Manuskripte von Theophiles Hand gestützt zu haben. Wie diese Manuskripte in die Hand Guerins oder des Staatsanwalts am Parlament von Rennes kamen, ist nicht klar; man hat die oben genannten, hohen Personen aber nicht mit Zeugenaussagen bemüht, sondern sich mit den Angaben des Pcre Guerin begnügt, der sich als ein erbitterter Feind Theo- philes zeigt, denn er giebt selbst an, letzte Fasten (1624) gegen ihn in Rennes gepredigt zu haben.
Die dritte Gruppe endlich lebt in Paris. Da die Zeugen bei der Vernehmung alle ihre Wohnung angeben müssen, so läfst sich bald ein meiner Ansicht nach verdächtiges IJcieinander- sitzen konstatieren: die feindliche Partei hat zwei TIaupt(|unr- tiere: eins im Marais — dort wohnen d'Anisy in der nie Simon
' Vgl. Alleaiune I, <' und die Informatious vom \. Oktober U!'2;! und 18. August 1025.
^ Vgl. Information vom (I. Mai l(i2l. Der Name 'Bourgneuf findet •sich in einer Liste des Parlaments der Bretagne liilil; der Name 'Chau- quelin' oder 'Chauguelin' niclit, konnte deshalb nielit verifiziert werden, ebensowenig wie der damalige Aufenthaltsort des 1'. (iurrin: der Eigen- name ist unleserlich und auch nicht leicht zu vermuten, da man nicht weifsj um welchen Laudesteil es sich handelt.
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le Franc; Rocollet, rue de la Draperye ; Guibert, nie St. Laurent; ' das andere im Quartier des Ecoles — dort wohnen Dauget und Sageot in der rue des Poyr^es en l'Universit(5 ; Anthoyne Vitr^ in der rue Perdue; Martin du Breuil in der rue Saint-Jacques ; Galtier, rue des Foss6s Saint-Germain, und Jehan Ilaveneau, hors la Porte Saint - Michel. ^ Nur der in der letzten Vernehmung vom 22. August 1625 hinzugekommene Jehan Millot wohnt rue neuve Nostre Dame, also etwas aulserhalb dieser zwei Kreise; er ist aber ganz belanglos. Aufser dieser verdächtigen Wohnungs- nähe spricht gegen die Glaubwürdigkeit fast aller dieser Zeugen die ihrem Stand natürliche Unbildung in litterarischen Dingen r^ zum intimeren Verkehr des Dichters haben sie jedenfalls nicht gehört. Es macht sie weiter etwas verdächtig, dals Danget, Ro- collet, Vitr^ und du Breuil den ersten Anstols zu ihren Aus- sagen vor dem Staatsanwalt in den Kirchen ihrer Spreugel er- hielten'* und sich augenscheinlich erst unter dem Eindruck jesui- tischer Predigt auf die Sünden Thdophiles besannen. Bekannt- lich giebt es immer Leute, die alles gesehen und alles gehört haben, und das Vorgehen des Pfarrers konnte wohl die unwill- kürliche Nachfolge der Gemeinde verursachen, ganz abgesehen davon, dafs für Geld und gute Worte stets Leute für alles zu haben sind.
Am meisten aber spricht gegen viele der Zeugen, dafs sie sich immer auf andere berufen. So hat Anthoyne Vitr^ seine In- formation von einem gewissen Flötenspieler de Forges ; '• du Breuil und Rocollet haben die ihre von Estoc;'^ Raveneau von einem Seidenfabrikanten Herv^; der sie wiederum von einem Kapu- ziner Gastelyer;"^ Danget die seine von einem Schreiber Morel; ^
' Vgl. Leroux de Lincy, a. a. O. hulex des rues.
^ Vgl. Leroux de Lincy, a. a. O. Index des rues.
^ Besonders der Fleischer Guibert ist spafsbaft mit seiner Versiche- rung: qu'il a cogneu ledict Tkeophile et jüusieurs fois freqiiente, il y a 7 ou 8 ans (also 1617 oder 1616, als Theophile schon bei Montmorency war!), wobei Theophile lid a redte plusieurs vers saks, ä table, ä des- jeuner. Vgl. Information vom 29. April 1624.
" Vgl. Information vom 21. November 1623, vom 21. April 1624, vom 11. Mai 1624. ^ Vgl. Information vom 11. Mai 1624. '^ Vgl. Information vom 11. Mai 1624, vom 24. April 1624. ' Vgl. Information vom 20. August 1625. ** Vgl. Information vom 21. November 162.3.
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Jehan Millot vou einem Advokaten in Bordeaux. * Le Blaue, Galtier, d'Auisy, Sageot, Guibert- dagegen geben an, auf Grund persönlicher Bekanntschaft mit dem Dichter, Guerin, auf Grund von Dokumenten zu sprechen. ^ Die Zeugen stehen also sechs gegen sechs (Trousset als Augenzeuge der Gefangennahme zählt dabei nicht mit), und wir werden, ehe wir über die Glaubwürdig- keit derselben entscheiden, erst noch den Angeklagten zu hören haben. Die Zeugenaussagen selbst bewegen sich in dem Ge- dankenkreise und der Ausdrucksweise des Parnasse Satyrique und machen, wenn man sie im Zusammenhange liest, so recht den Eindruck einer in dunklen Hinterstübchen unter Gevattern ausgeheckten, unsauberen Verschwörung.
Sehen wir nun einmal, was der Angeklagte auf die Fragen des Staatsanwalts und die Belastungen der Zeugen zu antworten hat. Sein erstes Verhör findet am 22. März 1624 statt.
In diesem ersten wie in allen folgenden Verhören hat Thdo- l)hilc eine grofse Geistesgegenwart bewiesen. Für seine Aus- sagen haben wir zwei Quellen: 1) die amtlichen Protokolle selbst; 2) die bereits oft citierte Apoior/ie au Ro>/, in welcher Th^ophile von seinem Staudpunkt aus eine Zusammenfassung der Verhand- lungen giebt. Es ist selbstverständlich^ dafs der Eindruck, mit dem Th^ophile den Gerichtssaal verliefs, w^o er sich eben mit Aufbietung alles Scharfsinns verteidigt hatte, nicht immer mit dem Eindruck stimmt, den der Leser der Prozefsakten erhält: das Schweigen der Richter, ihr Übergehen zu anderen Punkten scheint^ Thöophile zu seinen Gunsten gedeutet zu haben; der heutige Leser sieht wohl eher das Gegenteil darin.
* Vgl. Information vom 22. August 1625.
'^ Vgl. Information vom 11. Oktober 1623, 18. August 1(>25, 24. April 1624, 23. November 1623, 29. April 1624.
^ Vgl. Information vom 6. Mai 1624.
''Scheint — denn obwohl er von seinen Richtern luid von der Wirkung seiner Antworten auf dieselben in der Apologie ein sehr vorteil- haftes Bild entwirft, so war dies eben durch die äulseren Umstände geboten ; die Apologie au Roy wurde noch 1625 veröftentlicht, luid er mufste König wie öffentliche Meinung für sich einnehmen. Ob er in Wirklichkeit von seinen Richtern und seiner Stellung zu ihnen so dachte, wie er schreibt, scheint mir sehr zweifelhaft. Er war, auch in der Gefahr, ein guter Be- obachter und Psycholog, und ich glaube, diese Apologie mit ihrem
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Vielleicht, in seines Herzens Grunde — der Dicliter andi. Aber — und diesen Eindruck hinterlassen sämtliche Akten so\\i(; die Apologien — er hat vom ersten Verhör bis zum letzten hartnäckig auf seiner Unschuld bestanden und sich in keinem Augenblick ganz verloren gegeben ; er hat alles geleugnet, wovon er wufste, drtfs es ihm den Hals kosten würde, wenn er es zugab ; hat die oft lächerlichen und unbeholfenen Anschuldigungen sei- ner ungebildeten Kläger mit der witzigen Schärfe seines Geistes ])ariert und auch iu dieser bösen Lage wieder nicjit umhin ge- Ivonnt, öfters das rechte Wort am unrechten Ort zu sagen. Diese Haltung in einer Zeit grofsen, körperlichen Unbehagens und moralischen Druckes zeigt wohl, da(s Th^ophile de Viau, wenn nichts anderes, so ein Charakter aus einem Gusse war, was ja auch nicht gerade häufig ist.
Die Untersuchungsrichter, Pinon und Verthamond, folgen bei ihren Verhören dem von Mathieu Mole vorgezeichneten Plan. Auf die erste Anklage, die Gründe und Art seiner Verbannung 1G19 bis 1G21 betreffend, antwortet Theophile, wie wir bereits wissen, er sei nicht auf einen Verhaftsbefehl hin v^om Hofe gegangen, sondern habe von seinem Freunde und Gönner, dem Herrn von Candalle, den Rat erhalten, de s'ahsenter pendant que ccs prr- fionnes-lä {ses ennemis) seroient en faveur.
Befragt, ob er die bei Bilaine gedruckten (Euvres de T/ieo- pliile und besonders die dazu gehörigen Ejnti- es liminaires als die seinen und von ihm geschrieben anerkenne, antwortet er, qu'il n'a jamais fait imprivier aucimes ceiivres, mj poursuivy le privilege jiour en faire imprimer, hien recognoist en avoyr fait les epistres lyminaires. Das war thatsächlich so: Theophile hatte mit der ersten Herausgabe seiner Werke (1621) seineu Freund Des- barreaux beauftragt. Als man ihm nun die Ausgabe seiner Werke von 1623, bei Bilaine, zeigt, giebt er zu: qv'il a hailU d im- primer audit imprimeur 'le t^'aivte de l' Immortalite de l'Ame' de Piaton avec jilusieurs poysyes estans en icelluy inserez, tant audit traicte de V Immortalite de l'Ame, que autres poysyes inserez audit volhime, mais qu'il y a plusieurs antres poysyes aiidit volhnne
Trumpfen auf seine Unschuld und der günstigen Darstellung einer un- günstigen Lage war ein verzweifeltes Mittel des Dichters, der entschlossen war, sich um jeden Preis zu retten.
Thöophile de Vian. 49
qui ne sont de sa comj)osition, et yi'a entcnchi guc son epi^trc liiiii- nayre sermt point pou7' les autres jioijsyes. Meiner Ansicht nach hat Theophile de Viaii hier gelogen, weil er wufste, dafs man ihm aus seinen Werken Stricke drehen würde und er sich nnn einmal nicht hängen lassen wollte. Auf die Bemerkung hin, dafs man bei seiner Gefangennahme zwei Bände der Oeuvres clc Tlicop/ii/e doch in seinem Koifer gefunden, antwortet er: que Je laqnais üu gouverneur du Castelet aroit ladite malle en sa possession avec la clef d'icelle, et que ce liest pas Ini/, qui avoit niis en ladite malle les dits livres.
Nachdem er sich so in Bezug auf seine von ihm anerkannten (J'Mvres freie Hand geschafft hat, befragt man ihn über den Par- 7iasse: s'il n'a pas fait comjnller un lirre de jdusieurs poi/si/es mtitide de Parnasse Satyrique' , und besonders das berüchtigte sonnet. Th^ophile leugnet ersteres wie letzteres und beruft sich auf das von ihm beim Chätelet gegen Estoc erwirkte Urteil.
Da die Richter kein Geständnis von ihm erlangen können, wenden sie sich zur Prüfung der Einzelheiten im Iraite de l' Ivi- mortalite, den Theophile vor ihnen als sein Werk anerkannt hat. Die Richter werfen ihm seine Ketzereien vor, worauf er ent- gegnet: que ce n'est luy qui a este autheur de rette maxime et qu'il ne la y a mise pour en establyr une creance ...et que ceux qui ont tr aduit Piaton et autres livres setnhlab les, pour- roient estre aussi coulp ables que Iny ä cet esgard. Ob er nicht, fahren die Richter fort, das ganze Werk unter- nommen, affin rque soidz couleur de cette licence poetique il peust publyer plus hardienient et faire coider plus facilement dans les espritz son atJieisine? Tch habe,' antwortet Th^ophile, 'niemals schlechte Grundsätze gepredigt, Sie werden mir in meinen Versen nichts nachweisen können, dont il n'ait d'exeinples de prc- latz qui en ont escrijit avec j^his de ly ssa)i ce.
Man rückt ihm darauf die von Mathieu Mol(5 beanstandeten Stellen seiner Werke vor; er leugnet sie sämtlich ab, weil er wuiste, dafs sie ihm den Hals kosten würden; um dies thun zu können, mufste er eben vorher seine Werke von sich abschieben: wir sehen, er ist mit wohlüberlegter Absicht vor die Richter ge- treten, und diese hatten, von ihrem Standpunkt aus, sehr unklug gehandelt, indem sie einem so findigen und eutsclilosseuen Kopf,
Archiv f. n. Spraclien. XCVII. 4
so Th(^ophile de Viau.
wie Th^o})liile de Viaii, sechs Monate Zeit lielsen, über seine Verteidigung nachzudenken. — Damit endet das erste Verhör vom 22. März 1624.
Das zweite Verhör vom 24. März 1624 y;elit dem Atheisten zu Leibe: er soll gestehen, dais er durch seine Werke a voidn faire croyre, quHl ri\ij avoit aiitre. (Heu qiie la Nattn.re . . . et (jue h teinperament du covps force les niouvements: de l'äme. Tli^ophile antwortet : quil n'a jamais 2'>'cis prete.xte soid)Z la Usance poetique de faire qjiehjue eltose en derision de Dieu, et que ja7nais en vers, ny en prose, il n'a rien traicte tli6ologiqiie7nent, et que ses accnsateurs n alleg uent ny en vers, ny en jirose que des passages troncques do)it ils peuvent se servir ä leur fantaisye et par des suhtillites scollasticques es quelles il n^est point rerse, apuyent leur mallisse ä confondre les choses p)rophanes avec les sainctes, pour en faire leurs crymes ä ses desjyens. Eine Antwort, die den Nagel auf den Kopf trifft und damit zugleich das Mifsverständnis aufdeckt, das diesem ganzen Handel zu Grunde lag: der Dichter Theophile de Viau, der der Kirche in ihren äufseren Vorschriften gehorchte, beanspruchte darüber hinaus die Freiheit, sicli sein Privatleben, sein Denken und Dichten nach seinem Geschmack einzurichten. Die Kirche aber streckte ihre Hand auch nach diesem Denken und diesem Privatleben aus; daher denn die eine Partei schuldig nannte, was der anderen erlaubt erschien; daher die Unmöglichkeit, sich gegenseitig zu verstehen, und der Zwang für den Schwächeren, alles abzuleugnen, worin, M'ie er wohl wufste, die Kirche seine Sünden sah, die er ihr auszureden nicht im stände war. Daher andererseits bei ihm, der jede ein- zelne inkriminierte Stelle leugnet, der Trotz, mit dem er von der Gesamtheit seiner Verse erklärte, sie enthielten nichts Straf- würdiges. Er erkannte eben in Sachen der Poesie und des Privatlebens die Oberhoheit der Kirche nicht an, ein Stand- punkt, den er von der Renaissance übernommen hatte, und den er zu seinem Unglück im 17. Jahrhundert vertreten mufste. Thöophile hat das selbst gewufst und ausgesprochen : il ext vrai, que la coutume du sciecle est contraire ä mon naturel; ' il fant tpie je subisse la necessite du temps qui vous favorise. -
' II, S. 9. '- II, S. 283.
Theophile de Viau. 51
lu diesem zweiten Verhör werfen die Richter deoi Gottes- leugner, der in seinen eigenen iVugen eben nur ein Denker ^var, liauptsüchlich Stellen aus den Fragments d'une histoire comique vor. Theophile antwortet darauf, so gut er kann, und fügt dann hinzu, (jue tont le livre n'est reiiiphj ijue (Vnn discours fa- millijer dhm voijagc. Auf den Vorwurf, in Pi/rame et Thisbe die Unsterblichkeit der Seele geleugnet zu haben,* antwortet er: ipie cela est escrij,t en une trar/edi/e oh sout 7'epresentez par person- nages des paijens, representans lesquels il a este loysihle d'user des mesmes tei-ines dont ils usoient autr e f oy s , eine Antwort, die nicht der Feinheit entbehrt, in einer Zeit, wo man noch von historischer Treue wenig wufste. Dal's sie im übrigen eine Notlüge war, soll gern zugegeben werden. Der Rest des Verhörs besteht in weiteren Detailfrageu und dem Versuch, Theophile zur Anerkennung des Parnasse zu zwingen. Er l^leibt bei seiner ersten Aussage.
Das nächste Verhör vom 27. März 1624 bringt Thdo- philes Besuch bei der Besessenen aufs Tapet. Befragt, ob er nicht ötfentlich gesagt habe, que cestoit resves et sottüe de rroijir (ju'il y eiU des diahles et (jue ce que Pon en dlsoü, n\'sioit que poiir almser le monde, legt der Schüler Marc Duucans folgendes, ortho- doxes Glaubensbekenntnis ab: Q^ie no)i, et a toii.yours creu qin'/ y acoit IUI Dieu et des diahles et un paradys et nn enß'er.
Die Richter legen Th^ophile in demselben Verhör teils neue, teils bereits gehörte Ketzereien aus seinen Werken vor, soA\ie Aussagen der Belastungszeugen gegen ihn. Eine der letzteren lautete: S'ü n'a pas dit, avec mespris qu'il ayniiroit inien.r avoir estropye les sainets que d^ avoir desp>lu ä quelquhin; worauf Theophile antwortet : (jit''il iien a jamais parle et que ce seroit (■hose ridieule et que l'on ne peult pas estropyer les saintz, eine Antwort, die nicht gerade von demütigem oder eingeschüchtertem Sinne zeugt.
Das nächste Verhör vom 3. Juni 1624 bringt die Ver- handlungen in ein neues Stadium. Bisher hatte Thcophilc die
' II, S. III:
Depitis qiie Ic soleil noiis roit naystrc et fimr. Le j)remicr des deffuncts est cneore ä venir.
4
.^2 TlKiophile de Viau.
Autorschaft seiner Werke und der verdächtigten Stellen leugnen können, weil man den handschriftliciicn Jiewcis nicht gegen ihn erbringen koinite. Nun hatte man unter seiner Habe auch INIanu- skripte gefunden. Diese legt man ihm jetzt vor. Es sind, laut Protokoll, 18 Stücke gewesen, die 26 verschiedene Nununern, teils Verse, teils Prosa, enthielten. Nachdem Th<^ophile sie ä fo)i Joj/si)r betrachtet und gelesen hat, erkeimt er elf derselben als von ihm herrührend an :
1) Je suis le seid Dieu sans pareü (II, 82).
2) Tircis, tu cognois bien dans le mal, qid me presse (II, 156).
Diese Gedichte sind bekannt und erhalten; der Rest, von dem nichts auf uns gekommen ist, scheint in Briefen bestanden zu haben, die Theophile seit seiner Flucht an Bekannte und Gönner gerichtet hatte, und von denen er noch die Konzepte besafs. Die Akten geben folgende Anfänge:
3) Ein lateinischer Brief: per — — — — hiwianitcr me — nycs (die
Striche bedeuten unleserliche Worte des Manuskripts).
4) Dans des Mimeurs froides et sombres . . ..
5) L'äge auquel nous vivons n'est pas si fcrtilc . . ..
6) Ne t'afflige point de ma peitie . . ..
7) Je prends pretexte des soings ....
8) Dasselbe in zweiter Kopie.
9) Quoiqu'on me puisse voir accable ....
10) Monsieur, il n'y a plus de eompliments . . ..
11) Monseigneur, si vous n'obtenex ....
Die übrigen Blätter, deren Inhalt entschieden zu weitereu Klagen Anlals gegeben hätte — man kann das aus den citierten Anfängen schliefsen' — , hat er abgeleugnet. Ob er damit die Wahrheit gesagt, wissen wir nicht; es ist jedoch anzunehmen, da die Übereinstimmung der Schrift sonst doch gar zu deutlich gegen ihn gesprochen hätte. Allerdings hätte er die abgeleugneten Blätter als Kopien fremder Gedichte ausgeben können; doch ist diese Frage in diesem Augenblick nicht weiter berührt worden. Am Ende des Verhörs, das abgebrochen wurde, weil es schon ?ine he^ire apres ')nidy war, d, h. weil Richter und Schreiber
' Z. B.: J'ayme bien une fois par mois la liberte du cabaret, oder: la C/ian/brc de Justice: Plus enfume qu'un vieux jambon.
Theophile de Viau. 53
hungrig waren, bittet der Dichter: (iiw les papucrif qnl fartnt trouvez dans la inalle, dont ceux qu^il a recoijuetiz, fönt partye et qui sont ez rncdns dudit j-)rocureur-cieneral, luy soient reprosentez d\ndtant qu^lz luy ponviont servir poin' se s.oucenyr du noni de ceux ä qui il a adres.se lesdites lettre» et vers ou de ceux pour qui il les a faltz et composez.
Das folgende, fünfte, Verhör ist vom 7. Juni 1624:. Es beginnt von Seiten der Richter mit grofser Schärfe. An- scheinend haben sie in der Zwischenzeit die Manuskripte ver- ghchen und erklären jetzt auf Grund ihrer Prüfung, dafs, aufser dem zweiten und vierten Stück, rlle.^ so/?^ escriptes de sa main; als weiteren Grund fügen sie aber hinzu: attendu mesmes quelles ont este trouvez, du moins la j'>lvs grande partye d'icelles et q u a sy tonte s dedcm-s sa malle, welch letzteres mir ein un- haltbares Argument scheint. Dieser Anklage antwortet Theo- phile mit einer Gegenanklage : er bittet seine Richter n'avoir aucnn esgard aux accusations dudit jrroeureur general ä cause de la Iiayne partictdlyere qiCd a contre luy. Und er führt als Be- weis die Scene an, die sich, anläfslich des Buches von Garasse, zwischen ihm und Mol^ zugetragen, und worin letzterer ihn einen nientetir genannt hat. Zugleich, setzt er hinzu, hätte der Procureur- Gen^ral ihm auch ein anderes Papier aus seinem Koffer vorlegen lassen sollen, nne conimission du, Roy par laquelle le Roy l'envoya de Saint Jcyr (?) d Clairac pour traicter de la rednction de la ville. Einen schwierigen Stand hat Thdophile bei Gelegenheit des von ihm anerkannten vierzehnten Stückes. Die Richter finden, dal's er darin parle indignement des Coit.rs Souveraynes et lenr iniputte d^avoyr perce la justice et r env er se les l o / x et a v o y r assuhy ecty leur ante ä Verrenr popnlla y ve. Tht>ophile entgegnet: acoir escrip)t dans un hrouillon oh il n'a point inys In derniiire main et supp)lye tres hu mhlem e nt la Cour luy par- donner s'il a pop — ement (das Wort ist unleserlich) escript dans le sentiment de rinfamye ou il estoit. Das Gleiche wiederholt er noch zweimal, ein Zeichen, daCs er selbst den Augenblick für kritisch hielt.
Wie kritisch er war, sollte der Dichter im nächsten VerlK>r, dem sechsten, vom 14. Juni 1G24, bald merken. Die Richter beginnen mit folgender Apostrophe: Q,ue cest uue extresme hur-
54 Thdophile de Vi;iu.
(liesite d /i"j, voijniit au (irrcat de iiioii coti/ri' /kj/ />ruiiuiicc (l'droj/r encore se.s exces nacriptis en termes roiniiw. U <i fall cu la lij""^ den dites ]>iec('s ä luy representeen qui reascntent son cpicurie ii et d'apeler des 'plaisyrs iiinocentz' qui ne se peuvent adopter (pCä la /idiricife et (jir/'l a dit dehvoijr edre penitys ä l'Iiomme. Kii unoij inesrne il a voulu teurer le Saint Sihje Apoüolique dimut que telz plaisyrs ne se puniss ent pas d Rome. Die Richter beziehen sieh dabei auf folgende Verse in der Plaiide de Theo- phile ä im sien arny.
Des plaisirs innoeens oü mes esprits enelins
Ne laissent point de place ä des desirs malins,
Ce divertissement qu' on doit permettre a V homme,
Et que Sa Sainetete ne punit pas ä Rome. (II, 156.)
Theophile antwortet darauf, das Manuskript sei eben nur ein erster Entwurf et que s'il l'eu.d i-c-eu il eust oste 'plaisyrs iiinocentz'' et y eust mis^ 'plaisyrs malheur eux' (was wir ihm gewifs nicht zu glauben brauchen). Im übrigen versichert er den heiligen Stuhl seiner Ergebenheit. In seiner gegen Ga- rasse gerichteten Apologie von 1624 kommt er aber auf diesen Punkt zurück und ruft seinem Gegner, der ne punit pas durch ne permet pas ersetzt hatte, zu: 0 prophane! (dlez-cous porter i'os ordures Jusques au Saiuet-Silye .^ - Das Verhör enthält noch einige Detailfragen, bei denen Th^ophile seine gewöhnliche Hal- tung bewahrt. Dann wird es am 15. Juni desselben Jahres fort- gesetzt.
Die Richter suchen ihn darin zum Geständnis und zur An- erkennung dessen zu bringen, was die Zeugen gegen ihn aus- gesagt haben, und erhalten auf fast alle Fragen ein rundes Nein.
Mit diesem Verhör sind die amtlichen Auskünfte für uns zu Ende, wie gewöhnlich, gerade an der Stelle, die am bedeut- samsten ist. Wir erfahren dies aus der Apologie au Roy, die von nun au, nebst einer Flugschrift von 1625, unsere einzige Quelle ^ für den Verlauf des Prozesses ist. Wir dürfen danach annehmen, dafs die Richter, weil sie auf andere Aj-t nichts er-
• Vgl. Apologie II, 27G. ^ Ebenda II, 277.
^ Le factum de Theophile ensemble sa reqtceste presentee ä Nosseigtieurs de Parlemcnt IG'25 (a. a. 0.), S. 13,
Thdophile de Viau. 55
hielten, mm Angeklagten und Zeugen einander gegenüberstellten. Unter diesen Zeugen war auch Sageot. Nach Theophiles Aus- sage (und er ist es, der sowohl in der Apologie au Roy wie im Factum spricht) ist Sageot bei dem Verhör iu einer Verkleidung aufgetreten und hat zugleich einen falschen Namen, sowie einen falschen Geburtsort angegeben (Orleans statt Boigency, sagt das Facta)/i), ce <]ui Dierite pmiition ect^emplairc, fügt Theophile beide- mal hinzu. Trotz der Verkleidung hat der Dichter ihn erkannt und dort vor Gericht folgende, nicht sehr erbauliche Vorgeschichte Sageots aufgedeckt: 8o)i pere le desherita ponr (Vestranges rehellions (ju'd lug avoit faites des l'aage de 16 ä 17 aus, et couroit risque de passer s(( vie dans de grandes necessitez s'il ne se fust rendu agre- ahle au Pere Voisin qiii se joignit ä luy d'nne affection fort parti- culiere, quog que ce gcirgon fust cdors d\uie reputatio)i tres honteuse . . . ses dehordements qu^il continuoit au scandale du College lui firent interdire la conversation de quelques ecoliers de la Fleche, ^ qu''il acoit tasche de corrompre.^ Theophile setzt hinzu, es seieu etwa 15 Jahre her, dafs er Sageot zuletzt gesehen, währeud dieser angiebt, Theophile iu Paris anderthalb Jahre nach seinem Über- tritt zur katholischen Kirche gekannt zu haben, was entschiedeu falsch ist; denn Theophile giebt im März 1624 selbst au, erst seit 18 Monaten Katholik zu sein. Der Dichter setzt des weitereu den Zusammenhang auseinander, der zwischen Sageot, Voisin, einer Dame Mercie und Le Blaue besteht, wodurch er seine Gefangennahme direkt mit den Jesuiten in Verbindung bringt. Das Factum erzählt sogar noch mehr: nicht nur hat A-^oisin eiuen falschen Zeugen gjegen Theophile auftreten lassen, den übrigens (juelques uues de ses Inf amies ont fait pleurer d la coiffoiitatiou, sondern sogar eu plusieurs Frovinces on a deguise dex hoiinnes^ disaiit, (/ u e c'e-^tolf Tlico p h i le , Icsipicls fai- soient des oers salles et ines c ha ns , aßii de rejeiter sur lug par tels pernicieu.i! artifices toutes sortes de calotiinies. Die wei- teren Konfrontationen sind nacli Theophiles Aussagen zu seinen Gunsten verlaufen. •*
' Eiu Jesuitenkollegium; Allciiuuie schliel'sl ;uis der Stelle, dal's Theo- {»liile in La Fläche erzogen worden sei (I, vu), was entschieden falsch ist. - rr, 252. •■' Vgl. Apuloyie au Roy S. 251—255.
56 'J'lieuphile de Viau.
Dann i.st aber die Frage: wai'iiiii liels inuii 'riu'upliilc de Viau nicht frei? In den Augen seiner Uiehter galt er gewil's als schul- dig, und manche seiner Antworten hatte allerdings eine bedenk- liche Ähnlichkeit mit Ausflüchten; aber fassen, überführen hatte man ihn doch nicht können; das einzige, was er hatte zugeben müssen, in dem 14. Stück: Qtiol tpi^ou ine puüse voir (iccnble, vom Parlament unehrer})ietig gesproclieu zu haben, war kein Grund, ihn zum Tode zu verurteilen. Statt ihn frei zu lassen, hat man ihn aber noch bis zum 1. September 1625 in Haft behalten. Dies scheint mir durch die Annahme Alleaumes erklärt, der sagt, dal's Theophiles Enthüllungen über Sageot und seine Bloisstellmig Voisins die Jesuiten, die schon seine Feinde waren, aufs änfserste reizten,^ so dal's sie es wahrscheinlich waren, die all ihren Einflufs aufboten, um entweder neue Be- weise gegen den Dichter vorzubringen, oder aber ihn in der Conciergerie vergessen zu lassen. Amtlich wissen wir darüber gar nichts. Theophile macht über die Feindschaft der Jesuiten eine Andeutung: Force gens de bien spavent avecques mot/ ce qni rous
a piciiue au jeu :
Manet atta mente repostum
Detectum crimen et Icnscc
Injuria famce.
Main laissons cela: ceste verite n'est jyas encore bonne ä dii-e.- Aber dies ist nicht klar genug, um mehr als Allgemeinheiten daraus zu schliefsen. Der Pere Garasse in seinen Memoiren sagt noch: Le hi'uit (jene-ral est r/ne b's sollieihdlons du P. Voisiii ont saave la vie ä ce miserable (Theophile), afin quil ne füt pas da que la cause des Jesuites prSvalüf dann la Cour. '^ Und dafs Voisin sich in seinem Zorn zu solchem Übereifer hat hinreifsen lassen, bezeugt ja auch Prat.* All dieses giebt eine klare Vorstellung von den Vorgängen seit der Konfrontation mit Sageot"* nicht; und die
* I, XXXVI. XXXVII U. LXXVI.
'^ II, 280; die Apolocjie ist von 1624. ^ A. a. O. S. 71.
' Prat, a. a. O. S. 51o. Was Alleaume bei dieser Gelegenheit (I, xxxvii) über Theophile und den P. Cotton sagt, ist später zu diskutieren.
^ Wir sind nicht einmal über das Datum derselben unterrichtet. Alleaume spricht von einer Konfrontation vom 20. Oktober 1624, die er noch in Händen gehabt; es braucht aber nicht die mit Sageot gewesen zu sein. Ich habe sie nicht mehr vorgefunden (vgl. Alleaume I, xcix).
Theophile de Viau. 57
Nachwelt wird darauf wohl auch endgültig verzichten müsseo, weuu die verlorenen Akten, deren Abbrechen an diesem kritischen Punkt recht eigentümhch ist, nicht auf den Archives wieder- gefunden werden.
Eine aulseramtliche Auskunft über den Prozels giebt übri- gens noch ein Brief des Dichters an Buckingham; er lautet: Monseigneu7\ lorsque vous faste.i ä Paris, vous parlastes ouverte- ment pour ma lihertS etc., * woraus wir schliefsen dürfen, dals der Herzog, der im Mai 1625 als Gesandter in Paris war, um die Hand Henriettens von Frankreich für Jakob I. zu erhalten, und der als glänzender Kavalier sogar das Herz der Königin zu rühren wufste, - für Th^ophile eintrat.
Sicherlich hatte der Dichter die Verwendung des mächtigen Mannes nötig, und er hat ihm würdig dafür gedankt.
Wie dem nun aber auch sei, nachdem man noch versucht hatte, den Dichter durch Späher überwachen zu lassen und ihm durch dieselben geradezu das Beispiel der Gotteslästerung und Majestätsbeleidigung zu geben, entliefs man ihn endlich am 1. Sep- tember 1625, indem man das Urteil vom 19. August 1623 auf- hob, Th^ophile aber ä peoyetuite du royaume de France verbannte, bei Strafe des Hängens und Erwürgens, und zugleich auch seine Güter beschlagnahmte. ^
Die bisherige, nach amtlichem und biographischem Material gegebene Darstellung ist aber so lange noch kein treues Bild des Prozesses und der damaligen Zeit, wie sie nicht durch den Inhalt, die Zahl und Art der Broschüren ergänzt wird, die wäh- rend jener zwei Jahre (1623 — 1625) Theophile de Viau und sein Schicksal zum Gegenstand haben. Es ist dies eine sehr inter- essante Aufgabe, denn die Pamphlete dieser Zeit geben direkte Auskunft über den Geist der Zeit, und aus der Stärke dieses Echos dürfen wir schliei'sen, dafs Th('o})hiles Prozels die Mitwelt damals aufs leidenschaftlichste beschäftigt hat.
Es sind uns aus jener Zeit 45 verschiedene, teils poetische, teils Prosaschriften erhalten, die das Für und Wider des Pro-
' II, 802. - Henri Martin, a. a. Ü. Bd. XI, S. 218.
^ Vgl. Colleetinn Dupuij Bd. 9'^, S. 62 und den Abdruck bei Alleauine
(I, CXXIV. (XXV).
58 Tliooiiliik- ilf V'iaii.
zcs.scs holmudeli). Davon 41 in einzelnen Drucken, also als Bru- .schüren, die .sofort ihre Wirkung iU)ten, dazu 4 Sanunolhände, die hauptsäclilicli die während dieser Zeit von Tiieopiiile abge- fafstcn Schriften enthalten. Auch von den anderen 41 Flug- sclu'iften ist vieles als von ihm stammend ausgegeben, doch läfst sich das bei näherer Prüfung meist nicht aufrecht erhalten. ' Von zwei weiteren Flugschriften sind uns noch die Titel erhal- ten ; - doch waren diese Pamphlete auf der Bibliot/ieijne XatluuaL' nicht mehr aufzutreiben. Von diesen 45 Schriften sind die über- wiegende Zahl von 35 zu gunsteu Theophiles und nur 10 gegen ihn ; vielleicht sind uns aber die gegnerischen Schriften nur weniger vollzählig erhalten.
Die Gesamtheit der Broschüren verteilt sich zeitlich wie
folgt:
16 2 3: 3 dafür, 3 dagegen.
1624: 20 „ 5
1625: 12 „ 2
35 dafür, 10 dagegen =: 45.
Der Kam|)f beginnt 1623 mit der Veröffentlichung von Theophiles noch unvollendeter FlaiiUe d un «icji (im//, die mit einer sensationellen Notiz des Verlegers herauskam. Tlu'ophile endigt darin mit den Versen:
Et l'obstinatiou de la malice noire Avee 7na paticncc augmentera via gloire.
Sofort erscheint eine Response de Thireis d la Plainte de Theo- plvile, prisonier.'^ Sie sagt: Tlii'optlt'de, je jiu'stoune ijiiau heu de
' Von Theophile rühren aus jeuer Zeit 15 der bei Alleaume als ///"" partie (s. Index des zweiten Bandes S. 450) abgedruckten Stücke, d. h. alle, mit Ausnahme der Stanzen an Monsieur de L., der Briefe an Mole und au den König, her. Als von ihm herrühreud, aber nicht bei Alleaume abgedruckt, ist auch Le Factum de Theophile, 1625, zu betrach- ten, so dais auf seinen Teil an der Broschürenlitteratur 16 Nummern kommen.
- Niceron, a. a. 0. Bd. XXXVI, S. 56, giebt an: Dialogue de Theo- phile ä tine sienne maistresse, 1624, 8 S. 8". J. Andrieu, a. a. O., spricht von einer Broschüre Le frelon du tenips, 1624, 16 S. 8".
■' 1628, 14 S. 8".
Theophile de Viaii. 59
respomh-e et repousser t<ud (i'accusations qui foiuleid sur toi/ de toHs costez, tu fcumises ä iii'interroger et d m'escrire d'im style poetique. . . . N'ij-at-il pas assez d'ülustres et puissardes personnes pour les seniondre de t'estre jntoyables par les clamenrs et ies /daintes? ... Ce ii'est pas en vers qu'on t'accuse, ce n'est jjas en cers que tu dois te deffendre. . . . 7u nebliges d'emploi/er- ta roüv et tes vers pour implorer Je secours dir, vray Dieu, et ne pouvant mesme feindre de te co n c ertir au Crea- teur, tu te contentes d'acoir recours ä une si chetive creature que inoy et d'epuiser le reste de ta bizarre poe sie pour te plaindre de mon p>eu de souvenir. . . . Je crains que taut de vers execrahle.'' qui portent ton noin si devot (der Verfasser spricht vorher von dem Traite de ViDunortalite) ne resonnent si fort au.v orcilles de tes juges que la petite voix de la dejfense n'y trouve aucnne entree. Quelle innocence pourra vaincre tant de tesnioignages d'inipiete . . . Und der Freund Tircis erklärt hierauf dem Freund Theophile, der ihn in der Mainte der Untreue angeklagt hat: Ne pense pas pouiiant^ T/teophile., que ce soit ton adversite qui m'ait esloigne de toy; avant qti'elle te vhit ny nienacer, ny assaillir je me suis separe de toy. . . . La divine grace ni'a sevre de{s) fau.t; plaisirs de ta pernicieuse comjjagnie. Der Sehlufs läfst keinen Zweifel darüber, dafs diese dfesponse aus dem feindlichen Lager kommt.
Ebenso Le Theophile refonne^ desselben Jahres, der beginnt: () siecle »liseralde, pire cent fois que celuy de nos ayeuLv . . . en quel funeste nialheur .sojnmes-nous redtiits? . . . nous 7iourrissons ce verdn et ceste poison funeste dans nos propres entrailles, nous l'entretenons dans nos campagiies et luy perniettons de vivre licen- rieusement parniy nous. Damit wendet sich der Autor direkt gegen die Athees de ce siecle qui pnllulent tous les jours pariny la France . . . ceste racaille, die Gott leugnet, während alle andere Kreatur ihn anerkennt. Das Büchlein bricht ab mitten in einer fast wörtlichen Kopie der JJoctrine Curieuse: J'entends trois ou (juatre jeunes frippons (pii sont dans la Pomme de Pin etc.
Aber Theophiles Freunde, oder sonst eine gute Seele, die mit dem Dichter Mitleid, einen Zahn gegen die Geistlichkeit oder vielleicht litterarischen Ehrgeiz hatte, lassen diese Anklagen nicht
' 1623, 8 S, 8". Das Stück ist ein Fragment.
00 'llj.'>(.j,liik: de Viaii.
unbeantwortet: e.s ersclieint eine Lettre Coiixalatoire ä Tlieopldle.^ Sie bestellt aus einer Vorrede in Prosa und der Sehilderung eines Traumes in Versen, Letzterer ist ein ganz amüsantes Stiiekelien. Ein Freund Theophiles, anscheinend im Schlaf, ruft:
Quels cris, qucls hurlemens cselattent dans ces bois?
Qiiels murmiires confus de ces baechantes voix?
Ha! Muses, ha Phebicsf ä mon ayde, au secours,
Ou nie ravit des bras le Soleil de nos jours : (Y^\ivo\>\\\\c)
IIa, e'est mon TheophiUe, oicy c'est luy, c'est luij-mesme
Qui (jetnit sous les mains de son envie blesme. . . .
Trotz dieser Hilferufe des Freundes wird Theophile von einer Truppe, die mit einem glaive d'uivposture, einer fan^se ecräare und einer epee d'injure bewaffnet ist, gefangen genommen; ein Drache, eine Schlange mischen sich in die Verfolgung, ein Satyr:
(ä Theophile) Dity offen^a le poignet dont il tenait encore La lire que Phebus de ses beaux dons decore.
Theophile ainsi mal 6(iuq»pe ruft Apollo an:
Qui appela ä soy sa fille Hippothoe. (!)
II te (Theophile) recotnmanda dessous sa sauve-garde. . . .
C'est l'cnfant de Phebus, des Muses le soucy,
Pansex luy ses playes, consolex-le aussy,
woraus man schlietsen kann, dals die Feinde Theophile los- gelassen haben; denn Hippothoe bittet nun Sybille:
. . . grand'mere des dieux Qu'eW te voulust caeher en quelques sombres lieux. Ell' te inist en son sein — lorsqu'il vint une trouppe De Centaures armes ä la cavale erouppe . . . Ils t'arrachent du sein de la mere de dieux . . .
und von dem Lärmen, das nun entsteht, erwacht ein anderes mythisches Geschöpf: Massure, ^ qui dörmoit dessus le Moni Par- nasses und der nun gleichfalls ausruft:
Ha man eher TheophiUe, est-ce toy? Qui souspire Eutre tant de bonrreaux: est-ce toy qu'on martire?
' 1623, 14 S. 8". Für eiue genaue Chronologie kann ich nicht ein- stehen; die Lettre Consolatoire kann ebensogut schon vor den beiden Gegenschriften geschrieben sein; die Anklagen, die sie zurückweist, waren ja bereits in der Doctrine Curieuse enthalten.
- Wahrscheinlicli für Merctire.
Th^ophile de Viail. 61
II s'en court tont pasme au dortoir des nei/f socurs. . . . des pauvrettes du lict sautant tout ä l'instant, D'agencer leurs peignoirs ne consuvieut le temps . . .
Calliope ruft alle Dichter herbei, die anscheinend sämtlich auf dem Parnafs ihr Nachtquartier haben, und unter denen sich ein Dämon durch sein Rachegeschrei ausgezeichnet; auch xmser Ver- fasser springt auf, um Th(?ophile zu Hilfe zu eilen, und erwacht darüber. Sicherlich war aber dieses burleske Geschichtchen sehr ernst gemeint. Wir sehen das aus der Einleitung in Prosa, die Thdophile auf das Beispiel Socrates' und Piatos verweist und sagt: Ce 11'est pas donc de ce jonr que l'envie Ttgne ... la Vniit 110 peiä enfanter quelqiies actions hero'iqiies qn'elle nc la Iroiirc dcrriere ses talons. Ne te fasche donc point, si tu te rois (issaiUl d'ellc: eile ne s'aitaqne qu'ä cenx auxquels Dieu a prodigiie ses
""''''' •' Summa petit livor, perflant attissima venti.
Und er führt an, dafs man dem Dichter seine Freude am Wein, an la bonve chere, verübelt, sowie je ne sray quelle jeunesse la- qvelle en tont homme se laisse volontiere glisser nux premiers assaidts de la volupte. Aye donc conrage^ fährt der Freund fort, fais pai'oistre l'esclat de ton hei esprit en la somhreuse niilct de tcft affiictions . . . le juste et l'innocent ne craint paa mesme Ic fovdre de Jupiter . . . les homnieft vertueiux se rient de teU men- songes ... le plus grand vice qid se trouve e)i toy, est d'estre tropi lihre ä comb attr e pour la verite . . . ne t'eß'raye point, la verite com hat pour toy.
Diese letzten Worte sind ein Beweis dafür, dai's ein Teil der Zeitgenossen doch schon dachte wie Th^ophile.
Die nächste Broschüre: Lettre de Dämon, envoyee a 7"/ reis et ä Theophile, ^ ist nun aber eine direkte Antwort auf die An- griffe der Response de Tircis und zeigt zugleich, wie ungemein lebendig und dramatisch es in diesem Streit zuging, wo l^'rcniid mid Feind sich abwechselnd dieselbe Maske vorbanden, um das Spiel auf der Bühne der öfFentlichcn Meinung fortzusetzen. Dieser Dämon, über dessen Person ich leider nichts habe erfahren
* Der volle Titel huitet: Lettre de Dämon, cnvoycc ä Tircis et a Tliro- phile, sur le snjet de son intcrrogatoire du JS noven/hre 1()23. \'.\ S. 8". \^^u diesem Verhör ist aktenmürsio; uirlits bekannt.
62 Th^ophile de ViaU.
können, ' fällst die Verteidigung diesmal von einer ganz anderen Seite: Tircis hatte in der Ref^ponae TlK^ophile seine Gottlosigkeit vorgeworfen; Dämon entgegnet darauf: Parlons par raison. Si cela est, poiir(pioy co{n)fesse-t-il ses peclies aux jn-estres? pourquoy regoit-il la sacree communion'^ A quel jvopos frequente-t-U les sacremens et les eglises? donne des mimosites et fait tatd d'<inn'res ehrestiennes? Ne consideres-tu poini, fährt er fort, que si tu ns este convplice de ses meschancetes, il fout aussi que tu sots roni- pagnon de soit supplice? und er fügt bedauernd hinzu: Alt, Tircis, quel cH've-cceur ine seroit-ce si je vous royois tous deux en Greve dans un hrasier. Die Vorstellung lälst einem aller- dings eine gelinde Gänsehaut über den Rücken laufen. Dämon verlangt weiter, dals Tircis Th^ophile für die öffentliche Schmach öiFentlich um Verzeihung bitten soll, nennt Theophile le jvste Tlieophile und bittet Tircis apres avoir taut attendu, de poursuivre eoiirageusement son eslargissement et liierte (die Theophiles). Mit einem Adien, Tircis schliefst die interessante Broschüre, die zeigt, dafs man den Dichter auf sehr verschiedene Art zu retten suchte. Einmal, indem man die individuelle Freiheit als vertu und Service de la verite erklärte {Lettre Consolatoire), andererseits, indem man seinen äufserlich kirchlichen Lebenswandel betonte.
Nun kommt das Jahr 1624 mit seiner Hochflut von Flug- schriften, von denen dreizehn allein von Theophile de Viau her- rühren. Es sind davon drei in Prosa, zehn in Versen, und sämt- liche tragen den Stempel Theophileschen Geistes: die Prosa- schriften scharf, klar und kühn. In den Poesien, neben aller Herbe, allem Trotz, ein stark lyrisches Element, das besonders in der Lettre ä son frere hervortritt. Wie der Dichter diese tadellose Prosa, diese singenden Verse in seinem elenden Kerker, unter dem Drucke seines grausigen Geschicks hat schreiben kön- nen, ist nicht ganz leicht zu begreifen; dafs er es aber that, ist eine Leistung und ein Beweis von Charakter.
Ich will hier nur die AngrifiFsweise der Gedichte verfolgen:
' Theopliile spricht von eiuem Damou (II, 157) und kann damit viel- leicht Liaucourt, vielleicht aucli Moutmoreucy meinen. Früher nannte er so einen Herrn de Pese (II, 70). Über dessen Anteil au Theophiles Be- freiung habe ich nichts finden können. Die Broschüren gebai auch nichts Näheres, und so wird die Sache wohl unentschieden bleiben müssen.
Th^ophile de Viaii. 63
von den drei Prosaschrifteu sind zwei {Tlieopliilus in Carcere und die Apolor/ie) gegen Garasse, eine gegen Balzac gerichtet.' Die übrigen zehn Stücke zeigen, mit welcher Hartnäckigkeit Theophile sich verteidigte, indem er eine nach der anderen alle zeitgenössischen Mächte für sich anruft: den König in seiner Requrte; den ersten Präsidenten in seiner Tres humhle reqiiete ä Monseignenr le jyremier President; den Untersuchungsrichter in der Remonstrance ä M. de Vertainon; das Parlament in der Re- qucte ä Nosseigneurs de Parlement; die Bernfsgenossen in der Friere aux 'poetes du temps ; die ilim nahestehenden Personen in der Lettre ä son frere\ im Renierciment ä Corydon seinen Freund; in den Stances ä Chiron seinen Arzt, de Lorme; endlich die öffentliche Meinung im allgemeinen in der Perdtence und der Alaison de Silvie.
Um diesen Stamm von eigenen Produktionen Theophiles wächst nun ein dichtes Buschwerk von Freundes- und Feindes- schriften auf. Eine der letzteren heilst: Attelnte contre les im- pertine7ices de Theoj^hile, ennemi des hons esprits. - Sie ist inter- essant, weil sie Th<:3ophile de Viau von einer neuen Seite her angreift, als Dichter, Mrns quelle nicdserie! beginnt sie, que le inonde est sot! il n'est hruict ici que d'un Theophile, d''nn certain oisean de cage et de trebuchet, et comme s'il estoit quelque chose: on en fait une merveille dans l'esprit de nos hommes qui jadis n'ad- )niroient que les choses plus qu' admirahles . Hiernach ist Theo- phile un petit discoureur, petit rimenr de Clerac, pr'esomjytuena-, orgneilleu.r et qui pour avoir l' applaudissement de quelques ceroeau.r leget'S, veut mettre sokLs la fange de ses pieds les Homers, les Ron- sards, les Petrarques et les Virgilex. — Qu'il ne devienne point fruit glorieux du hruict qu'il se donne par la vanite de fon caqnel, denn früher hat man ebensoviel von Rohin, la Male Ferrce, le Moine Bourru et du poete Villon geredet, wie jetzt von iluu. Und nun folgt (glücklicherweise) eine Schilderung der damahgcn Zu- stände: Que l'on aille au jiont neu/, on. n'aura les orcilles battues que du Tircis de Theoj)hile et de son Corydon, d. h. die Bänkcl-
' Auf den Streit zwischen Garasse, Ogier, Balzac und Tlu'ophilo. d(M- die ganze Sache noch weiter komplizierte, werde ich sof(H"t eingeiien. - 1G24; II S. 8".
C4 Th(iopliilc (lo Vijiu.
süngcr uiul falirciulen Theater nahmen sich des dankbaren Stoffes an. Qkc Von retrograde an Pont Saint- Michel, on ne s'ahreuvera ijHc de ses r e (j u ctes , tle se-s ap o lo gies , de ses r er. o min an- dations au.r jioetes de son (joilt ... que l'on traverse le ponf au,r Douhles, son fantome est lä paranymphe, et partonl Pon assnre qn'il est venu des nianans de village ä Paris (jni demaii- doievt Saint Theo-pliile poiir proteger leii.rs vignes de Ja geUle, taut xo)i brnit va hing. Auf diesem Hintergrunde halben wir uns nun Prozei's und Broschürenstreit sich abspielend zu denken, und in diesem Lichte erscheinen die alten Zeiten, denen das Reizmittel der Tageszeitung und des Telegraphen zwar fehlte, doch weit weniger langweilig, als man glauben möchte: man hatte weniger Neuigkeiten, aber mau hatte sie länger, studierte sie gründlicher.
Nach dieser Schilderung, in welcher der Saiid. TMophile eines gewissen ironischen Reizes nicht entbehrt, geht der Ver- fasser dem Dichter zu Leibe: Mais considerons an pen qid il est, d'esprit et de corps, pour en faire tant de mine. Der Verfasser hat Thdophile nicht selbst gekannt, mais il a entendu dire qve c'est nn gros tont rond qui n'a pas tant de quoy leur- rer les helles fi lies, comnie il dit (in den Fragments d'n.ne histoire comique). In dieser Beschreibung ist nun spalshaft, die Bosheit zu sehen, mit der Th^ophile für dick und rund erklärt wird, was also damals schon, scheint es, für nicht vornehm galt. Des weiteren, fährt der Verfasser fort, ist Th(5ophile aus Clairac, oü l'on parle assez mal francois, et veut toiäesfois se mrler d'estre juge de la purete du langage, und nun wird Th^ophile angeklagt, sich den Neuerungen Malherbes unterworfen und Ronsard ver- achtet, überhaupt die Nachahmung der Alten verurteilt zu haben! 11 appelle de lä tous ornernens poetiques (buse qn'il est) aß'ecterie. et mollesse et tient qu'ils ne vont jamais sa7is covfusion (vgl. II, 11). Jl fnnt, dit ce rimeur de taverne, escrivre ä la moderne. Et par que II es gens authorisee , Seig nenr llieophile? j)ar eombien de siecles et d' empir es? sur quels modeles , je te prie? Auf diese interessante Kritik werde ich bei Be- sprechung von Th^ophiles litterarischem Credo näher einzugehen haben; hier ist nur die Angriffsweise eingehender zu betrachten. Th^ophile soll als dieser grofsen Aufregung ganz unwert dar-
th^ophiie de Viall. 6S
gestellt werden, weil er, statt eines grofsen Poeten, der auf den Spuren der Alten Avandelt, nur ein kleiner, moderner Poetaster sei. Diese Anklage durfte der gefangene Dichter immerhin leicht nehmen: er stand durch seine eigenartige Persönlichkeit und durch das Schicksal, das sie ihm bereitete, zu fest im Mittel- punkt der öifentlichen Aufmerksamkeit, als dais eine einzelne Broschüre daran etwas hätte ändern können.
Wohl aber war eine andere Schrift, die in diesem Jahre veröffentlicht wurde, nicht so leicht zu nehmen, und zwar w^eil sie von Seiten der Geistlichkeit kam. Es war der Pfere Mer- senne, früher Jesuit im College la Fleche, seit 1611 bei den Miuimen ' in Paris, der iJLnpietie des Deides, Athees et Lihertins de ce temps, combottue et renversee de poitit en pohit par raisons tirees de la jiMlosophie et de la tlieologie ^ veröiFentlichte. Das Werk richtet sich hauptsächlich gegen die Deisteu, worunter man Leute verstand, qui reconnaisserd qu'un iJieu eaiste, mais qni ne croient pas qu'il se niele des affaires de ce monde. ^ Diesen Vor- wurf hatte man Th^ophile de Viau ja auch gemacht,^ so dal's er hier nur unter einem neuen Namen schuldig befunden wird. Der Pere Mersenne, der gleich Garasse aus Princip und nicht aus ])ersönlichen Gründen den Kampf gegen Th^ophile aufnahm, sprach es als seine Überzeugung aus, dais die Renaissance den Glauben erschüttert habe, dafs die Quelle des Atheismus wie Deismus in der Ketzerei (bedeutet wohl den Protestantismus) zu suchen und nachdem mit den Atheisten schon ein Grad schlimmer Gott- losigkeit erreicht sei, mit dem Deismus das IVIafs des Übels voll werde. Er giebt an, in seinem Werke die Schrift eines Deisten zu widerlegen, die in Vierzeilen verfafst, en itlus de iiiots qu'il ne fandroit pom- exprimer un seus net et clair, sehr grolse Lästerungen enthält. Obgleich sich nun diese Schrift nicht direkt gegen Th(?o- phile richtet, denn die vom Pfere Mersenne angeführten Strophen sind nicht von Theophile verfal'st, ihm auch von Mersenne nicht zugeschrieben, so ist das Pamphlet hier doch zu besprechen.
' Vgl. Didot, Nouvelle Biuijrapliir OenercUe Bd. XXXV, S. 118 ff. - Paris, Bilaiue, 1624. Derselbe Bilaine war Thöopliiles Verleger. ^ Muyard de Vouglans, a. a. O. S. 98. '* Vgl. I, 242: Ne erois point qiic les Dieux . . .. Arcliiv f. n. Sprachen. XCVII. 5
66 Th^ophile (lc> Vi au.
weil diese Sdirift, zur Zeit des Prozesses veröffentlicht, die Zeit- SGüOSsen sehr ernstlich auf die dem Glauben drohende Gefahr aufmerksam machte. Das einleitende Gedicht An iJeiste, das
beginnt:
Ignorant et mesehant deiste, Que Von peut nommer aicjnurd'hui Le tiercelet de l'atheiste Voire quasi pire que lui etc.,
wird, wie die Predigten in Theophilum, seine Wirkung nicht verfehlt haben, und ein zweites Gedicht gleichfalls An Dei.st/':
Deiste malheureux, plei7i de deloyaute,
De qui l'esprit brutal chercliant la volupte,
S'establit unc loi sehn la fantaisie etc.
stimmte zu sehr mit dem überein, was man nach Mathieu Moles Darstellung von Theophile glaubte, als dals die findigen Zeit- genossen dabei nicht an ihn gedacht hätten.
Das Werk führt dann die Verteidigung des orthodoxen Glaubens in zwölf gelehrten Kapiteln durch. — Letzterer Vor- wurf, ein Gottloser, und zugleich der frühere Vorwurf, ein schlechter Dichter zu sein, werden in dem Streit zwischen Ga- rasse, Ogier und Balzac vereint gegen Th(iophile geschleudert. Diese nicht erquickliche, aber sehr charakteristische Affaire will ich in Folgendem so kurz wie möglich darstellen.
Seit die Doctrine Curieuse im April 1623 vollständig heraus- gekommen, war nicht nur Thdophile gegen sie aufgetreten, son- dern sie hatte noch eine andere Kritik erfahren, und zwar von einer Seite, von der man es nicht vermutete: durch einen jungen Geistlichen, Fran9ois Ogier, der 'Prieur Commendataire' von Chomeil, zugleich aber auch ein berühmter Kanzelredner war, wel- cher 'Predicateur du Roy' wurde und den Ruf eines Schöngeistes besal's. ^ Als Geistlicher hätte er auf selten Garasses,- als mo- derner Litterat auf selten Theophiles stehen müssen. Er täuschte beide Erwartungen — falls solche überhaupt bestanden — und führte seinen Streich sowohl gegen Garasse wie gegen Theophile. Es leitete ihn dabei seine Freundschaft für Balzac, der gegen
' Michaud, Biographie Universelle Bd. I-!1, S. 205 f. - Vgl. du Prat. a. a. O. Bd. IV, S. 485.
Th^ophile de Viau. 61
Garasse seit 1619 und gegen Thdophile seit 1612 etwas auf dem Herzen hatte. Ersterer hatte nämhch Balzac im Raheluis Re- forme vorgeworfen, ein Plagiat an ihm, Garasse, begangen, und ihm nne partie de son latin gestohlen zu haben. ' Was nun Theophile betraf, so war Balzac ja nach der gemeinsamen, hollän- dischen Reise in Unfrieden von ihm geschieden. Jetzt war, wie Balzac meinte, die Gelegenheit, sich zu rächen, gekommen, und daher schrieb Ogier, wahrscheinlich unter Balzacs Leitung, Ju<je- ment et censure Jn livre de la Doctrine Curieuse. ^ Das Psalm- wort Quid deiur tibi aut appoimtur tibi ad linguaui dolosamf dient als Motto, worauf eine Epistre aux reverends peres de la SocietS de Jesus folgt: VouS; Messieurs, cormne vous estes des pre- miers et des plus forts chanqnons de la veritS, navez pas oubliS ä vous presenter incontinent a nn si honorable combat (gegen die Atheisten); il s'est trouve qu'un d'entre vous a mis la plume da7is la main afin de renverser et de vive voix et par escrit, une si malheureuse doctrine. Aber, meint der Prior, le Pere Garasse a comproinis la vSrite dans sa defense. II a pjrofa)ic les mysteres les plus saints. 11 est indigne de jiorter l'habit. Il est incessam- iiient dans les digressions de bouffonnerie, de roides facetieux, de niots de gueule.
Ogier, dessen Jugevient übrigens anonym erschien, will nun zeigen, (pie ce n'est pas jiar la voie da Rvre (jarasse (pi'il faut pro- ceder; und er schreibt, nachdem er erst sich noch au den Leser gewendet und lateinische Verse in librmn de Ihctrina Curiosa Francisci Garassi geschleudert hat, dreizehn Kapitel gegen Ga- rasse: L Garasses Rhetorik, II. seine anstofsigen Geschichten, III. seine Bibliothek, IV. seine Narreteidung, V. seine Pedanterie, . . . VII. seine Spitzfindigkeit, . . . IX. seine Verräterei, X. seine Erniedrigung des Heiligen u. s. w. -^ Von Thco])hile ist kaum die Rede, die Augriffe richten sich alle gegen Garasse, dem unter anderem vorgeworfen wird, er müsse, um eine so ein- gehende Schilderung der Libertins zu geben, doch wohl Studien
' Vgl. AUeaume I, Lxxxii.
- Paris 1623, ohue Autornameu. Das in der Bibliotht^que Nationale erhaltene Exemplar ist nicht paginiert.
■'' Das Buch ist ungewöhnlich schlecht gedruckt, die Numerierung der Kapitel ganz unzuverlässig.
5'
Ö8 Th^ophile de Viau.
nach der Natur gemacht haben und sei mit den Sclicnken von Paris vertrauter, als einem Geistlichen gezieme. '
Dieser Vorwurf, sowie das ganze Jatjeuient, zwangen Garasse zu einer Antwort, die er in der Aj)olo<jie du i'ere Frangois Garaase de la Ccnnpagnie de Jesus pour son licre contre les athecs et liher- tins de nostre siede et response s aux censures et calomnies de l'an- teur anonyme ^^ (Ogier) veröffentlicht. Sein Motto lautet: Inipro- peria hnproperanthim tibi cecidemnt super me; und auf der inneren Seite des Titelblattes steht: Septinmin in Augire stabnlis impende laborem. Garasse wendet sich zuerst an den Leser; er antwortet: par le juste ressenthnent du tort (pifon fait ä son niinistcre, und in einem Abschnitt Jugement et desconverte generale du. lihelle sagt er: Voici une. nouvelle fcu^on. de conscience: M. Ogier (er hat also den Verfasser doch herausgefunden) n'est point boujfon, id raba- retier, quoique souoent il friquente les tavernes et l'hotel de Boitr- gogne, mais c'est inoi qid suis bouffon et tavernier p o u r ce q u e je reprens les exces des tavernes et nonme les plus celcbres cabarets de Paris. Dann folgt in Kapiteln, wie Kapitel IV: rnes bouß'onei'ies pretendues] VIII: mes impudieitSs jyretendues] X: mes pedanteries prStendues etc. die Widerlegung der obigen Vorwürfe. Endlich Kapitel XVIII— XX sind Theophile de Viau gewidmet: alle die alten Beschuldigungen werden wiederholt,'* und als neu kommt die Verdrehung der Stelle et que Sa Saiuctete ne puidt in ne permet j^as ä Rome dazu.'''
Kaum war die öffentliche Meinung auf diese Art Avieder gegen Th^ophile de Viau aufgeregt, so rückte Balzac selbst in die Kampflinie vor, und zwar mit Veröffentlichung seiner Briefe, einem Werk, das ihn mit einem Schlage zum berühmten Manne macheu und grolsen Wiederhall finden sollte.
In zwei Briefen spricht Balzac von Th^ophile, im neunten : A l'heque d'Ayre, und im elften: an Boisrobert. Der erstere ist vom 20. September 1G23, der letztere vom 12. September 1623 datiert. Beide Briefe sind bei AUeaume abgedruckt;'^ sie ent-
' Vgl. K.ipitel IV bei Ogier, und Alleaume I, Lviii. i,ix.
^ Paris 1624.
^ Vgl. S. 231 ff. bei Garasse, I, lx ff. bei Alleaume.
"* Vgl. Garasse, a. a. O. S. 255; Alleaume I, lxh.
•'' I, Lxxvu ff. nicht immer ganz korrekt.
Thöophile de Viau. 69
halten die gehässigsten, gemeinsten Angriife anf den ehemaligen Frennd. Er spricht dann des weiteren über Th^ophiles unab- hängige, religiöse Gesinnung und sagt: Nous ne so mm es vas V (• )ni s au monde ponr faire des loix; mais pour oheir ä Celles <jue noxis avons troueees . . ., ein Satz, der den unversöhnlichen Widerspruch aufdeckt, der zwischen den beiden Männern, Balzac und Th^ophile, bestand, A n'en point hientir, fährt Balzac fort, il n'y auroit jms gravde apparence ipie depnis le commenceinent du monde la verite eust attendu TMophile ^ pour se venir decouvrir ä lui au hordel et ä la taverne et sortir jiar une houche qui liest pas si sohre que celle d\in Suisse. Er sagt dann, Th^ophile noch weiter anklagen hiefse jeter de l'encre sur le visage d'un more, dafs er Eigenschaften habe, qxd ne sont pas absolwnent 7nauvaises, dafs Balzac früher an seinem Umgang Gefallen gefunden, mais sitöt que j'onys dire quil avoit jyasse les hornes du monde et s'attaquoit ä ce qui est au dessus du ciel, des l'heure mesme je rompis nostre commerce. Am Ende des Briefes sagt er noch: Wie schön war das Leben in der guten, alten Zeit, la nature estant eacore vierge de toutes sortes de vionstres: on ne parlait ni de Geryon, ni du Minotuure, ni de ThSop>]iile.
Dasselbe, nur mit anderen Worten, schreibt Balzac an den Bischof von Ayre; dann kommt ein neuer Angriff: je lui ai sourent inontre qu'il faisoit de mauiiais vers et quil s'estimoit in- justement un hahile liomme. Mais voyant que les rhgles que je lui proposois de faire mieux, estoient trop sSveres et qu'il v' avoit poinct d'esperance de parvenir ou je le voulois mener, il a juge peut-estre qu'il devoit eher eher un autre chemin pour se mettre en credit ä la eour, et que de poete mediorre il pouvoit devenir grand legis- lateur. -
So sprach Balzac von Th^ophile; er redete nicht besser vt)n Garasse, den er im vierzehnten Briefe angreift. •* Dieser Brief ist an Hydaspe (Bezeichnung für seinen älteren Bruder) gerichtet,
' Statt des vollen Namens Th(5ophile steht (f(ff}.
- Ist bei Alleaume (I, Lxxvni) ganz nngeuau abgedruckt.
^ Vgl. Alleaume I, Lxxx ff. Alleaume erwähnt dort pnssages stipprimes dieses Briefes, citiert eine, giebt aber die Quelle seiner Informationen wieder einmal nicht an. In den mir zugänglichen Ausgaben von 11)24 und 1G:^o ist sie nicht zu suchen.
70 Thcopliilc de Viaii.
imcl Balzac sagt darin folgendes vou Garasse : // Jtud <jae je coas aroiie fraucheinad (jii'apres la hieve et les meilechies je n'ai jamais i-ieu iroiic/' de si inaiiixiis que .ses o'iirres. Presque partout ü manque de la logique natm^elle et de la -pciTtie qui fad les Itoiimies. Eri trois mots il en dit quatrc qui ne sont pas hons . . . tont ce ijiii )ne fache en ceei, c'est qii'il Joille que rons et i/tu// ai/oiis quelque Sorte d'ohligatloii ä l'atdeiir de votre livre et que faie recu du dcrnier de tous les houiDies les commencements de mes estudes et la prendere teinture des lettres.
Garasse antwortet hierauf mit einem Kenlenschlage in seiner Response du Siem' IJydaspe au Sieur de Balzac, sous le noni de Sacrator, touchant l' Ardi- Theophile et ses ecrits. ' Garasse thut, als ob der Brief an Hydaspe an i li n gerichtet sei und nennt Balzac in seiner Antwort Sacrator; und diese Autwort, im Stile und mit der beifsendeu Verve der Doctrine Curieuse geschrieben, bezeichnet Balzacs Schreibweise als dissipee, vagahonde, arrogante, inqirudente et saucage, sagt von Balzac selbst: vous estes aussi rodomont en plaisirs que lache en courage . . . cous avez un dc- dain insujqiortahle de tout ce qui n'est pas vous-vicnie ; un air de lihertinage anhne tous cos ecrits ... on dit que vous ßattez les grands en esclave, qice vous mordez les ecrivains en cipcre, et que vous estes hicn marri de ne pouvoir croire et juger ce que vous en dites.
Theophile, dem Balzacs Briefe in seinem Gefängnis wohl nicht zugekommen sind, hat darauf erst 1G25 in der Lettre a Bal- tac' geantwortet, die ich aber gleich hier besprechen will. Er sagt dort:
Mayant promis autrefois une amitit que j'avais si hien meritcc, il faul que votre temperame^it sott bien altere, de ni'estre venu quereller dans un eachot ... il est vrai que si vous etiex bieyi sain, vous ferie^ toiä autre chosc . . . Je suis que rostre esprit n'est pas fertile; cela vous picque injustement contre moi ... vous savex la grarnmaire fram^oise, et le peuple po'ur le moins eroit quß vous avez fait un livre. . . . Les savants disent que vous pillex aux partieuliers ce que vous donnez au jniblic, et que vous n'cscrivex qtie ce que vous avez- lu. ... Je suis hon et obligeant, et vous estes lache et malin. . . . C'est par oü nous avons este ineompatibles . . . et apres une tres exaete reeherehe de ina rie, il se trouvera que )non aventure la plus ignominieuse est la frequentation de Balzac. ^
' Vgl. Alleiiume I, <'.\.\vi flF. - Vgl. Alleaume II, 2^5 flf. ■' II, 289.
Theophile de Viuu. 71
Balzac hat weder auf Garasses uocli auf Theuphiles Brief' geautwortet. '
Waren aljer die Schriften der Feinde Theophiles von Ge- wicht, so waren die seiner Freunde weit gröfser an Zahl. Es sind ihrer im Jahre 1624 zehn. Zwei davon wiederholen nur die Beteuerungen von Theophiles Unschuld, Die eine heilst: Ijc'S soupirs cV Alexis sur la retenue loiigue de son cani Tlieopliile.''^ Es ist eine sehr gut gemeinte Verteidigung in sehr schlechten Versen, bei der wir uns nicht weiter aufzuhalten haben. Besser ist schon ein kleines, vierstrophiges Gedicht, am Ende derselben abgedruckt und A IJu'ophile überschrieben:
II semble qiie la honte Mais ils ont l'assistanee
Alt contrainet tes amis De tous les hons esjirits
De ne faire aueun campte Qui, par leur resistance,
De ce qu'ils t'ont promis. Äugmenteront leur prix.
Et que, comme l'envie Si le sort fest perfide,
T'a fait croire un pervers, Tu ne peux t'en aigrir.
Von ait hlam,e ta vie Bien moins qu'un Aristide
Pour effacer tes vers. Qui le voulut souffrir.
Die zweite, auch sehr gut gemeinte, aber geradezu groteske Apologie nennt sich: TJapparition iVun phantöme ä TheophUe dans les sonibres tenebres de sa prison, ensemhle les propos tenus entr'eux. ^ Sie beginnt mit einem Schwulst, der damals zur Zeit
' AUeaume zieht hier noch die Apologie pour M. de Balzac hiuein. Dieselbe ist vou Ogier geschrieben und 1627 veröffentlicht worden, vgl. Apologie pottr M. de Bahac. A Paris chex Claude Morlot. 1627. Wie das Datum zeigt, hat diese Schrift mit dem Prozefs Theophiles und dem Streit um ihn nichts mehr zu thun. Sie ist eine Antwort auf die gegen Balzac gerichteten Angriffe des Pere Goulu, General des Feuillants, der in seinen Lettres de P/njlla,rque ä Ariste Balzac (unter dem Namen Ariste) des Plagiats au den Alten zieh. Man sehe Bd. I, lettre XXXV : La Con- formite de l'eloquence de Nareisse avee celle des aneiens. Somit ist auf die Diskussion dieser zwei Schriften hier nicht näher einzugehen, ebenso- wenig wie auf die 1624 zwischen Ogier und Garasse und später sogar zwischen Garasse und Balzac bewerkstelligte Vers()hming. S. über erstere AUeaume (I, LXii), über letztere einen leider nicht datierten Brief Balzacs in der Ausgabe von 16B0 (1. IV, S. 533 ff.). Das Nouveau Jugemc^it de ce qui a este dict et escrit pour et contre le livre de la Doctriiie Curieuse des beaux esprits de ce temps (Paris, Quesnel, 1625) enthält weitere Auf- schlüsse nicht. - 1624 ; 13 Seiten 8". ■' 1624 ; 14 Seiten 8".
72 Thdophik' de Viuii.
»der Astrde Mode war, uiul gegen den 'rii('()|)liile kraftvoll ge- .sprodien hat. ' Es i.st denn auch nicht daran /u denken, dals diese Flugschrift aus der Feder Theophiles sei.
In welchen bizarren Erfindungen man sich üb(iiiaii|)t gclicl, mit welclien naiven Mitteln man für den Dichter zu wirken suchte, zeigt noch eine andere Broschüre: Les lürme--< de 'l'lico- jihlle, priauninei', sur l'esjyerance de sa llhcrtL - Das Büchlein be- ginnt in Versen und läfst angeblich Theophile selbst klagen :
Moi, pauvre Theophile, infortimc au monde, D'un desir tout parfait, avant mourir je veux Faire entendre mes plaintes et mes cris doidoureux, A celui qui a fait le ciel, la terre et l'onde.
Dann fährt Th(5ophile in Prosa fort, sich von dem Verdacht zu reinigen, dals er gesagt habe: Qui craint Dien, ne craint rlen, eine im atheistischen Sinne ausgelegte Aufseruug, die man ihm, scheint es, zuschrieb. Und darauf nun folgende Apostrophe : Ilihou x des concier g eries et souris chanves des vi etiles caves soiisterr aines . . . sortez de ces has lieua: pow .. . avec toutes softes d'oiseaiix (d'ayi'Sahle ramage) citanter toiis d'une iwix agreahle que la croix de Jesus, mon sauveur, est de tous hommes l'unique hunheur, en ce monde et en Vautre assiirihiient. Die gleiche Auffor- derung richtet er an /'/ sale oermine des lieux ohscurs que je roij maiiitenant manger et hoire aupres de moi, voires avec moi, en mesme escuelle et gohelet. ... Vous, petits ruisselets d'ordures et d'immo ndice s . . . qui ntassaillez de toutes parts, fährt er dann fort, allez, je von.s ronjure, de la part de mon Diea, tous vous pnrifier dans la grande mer . . . pour ainsi vous pourmenant et nettoyant, joindre Arion au ndlieu des dauphins, href fredonner en vos sombres murmures . . . qiien le eraignant et l'ai- mant tout ensemble, personne ne se trompe, mais fait un grand profit. Zu gleichem Lobe fordert er die terre f ang ense et huueuse auf, les pierres rouillees — sie alle sollen ihm hel- fen, den Herrn preisen, und eine Verwünschung auf die Atheisten schliefst das seltsame Schriftchen, über das man heute lachen würde, das damals aber wohl sicher bestimmt war, zu rühren
' Fragments d,'une histoire comique II, S. 11 ff". - Paris 1624; U Seiten &'.
Theophile de Viaii. 73
uikI cleni Dichter zu nützen. Und da das Publikum, das sich auf Stilprüfung und litterarische Feinheiten nicht verstand, an llieophiles Autorschaft sicher nicht gezweifelt hat, so mögen gerade solche an das fromme Gefühl und Mitleid appelhereuden, bizarren Büchlein sehr zu seinen Gunsten gewirkt haben.
Direkte Anlehnung an Th^ophiles Pricre aiuv poctes de ce teinps sieht man in der Response ä la pricre de Theophile, par les poctes. * Der Dichter hatte sich darin an Malherbe, Hardy, Saint-Amant, Gombaud etc. gewendet. Von diesen hat kemer ge- antwortet, sondern die Verteidigung der in Theophile angegriife- nen Standesehre einem wohlmeinenden oder bezahlten Anonymus überlassen. Interessant wird dieses an sich schwächliche Gedicht, das aber wenigstens dem Glauben an des Dichters Unschuld klaren Ausdruck giebt, dadurch, dafs, gleichfalls angeregt durch Theophiles Priere aux poetes, die Gegenpartei eine Apparition de Iheophile ä un pocte de ce temps, sur- le desaveu de ses a'uvres erscheinen liefs. - Theophile sagt darin von sich :
Moi, dont les sales maximes
Estoient un ardent ä vos yeux,
Qui de ses feux pernicieux
Voiis monstroit la route des erimes. ... (S. 2.)
Wir haben da einmal bei derselben Gelegenheit die Meinungen der drei Interesseuten nebeneinander: die des Dichters, seiner Feinde und seiner Freunde.
Dasjenige Gedicht Tht^ophiles, welches aber die Zeitgenossen am meisten beschäftigt hat, ist die ergreifende Penitence de Tlieo- phile gewesen.-' Es hat nicht weniger als vier Antworten her- vorgerufen, alle vier von Freundesseite. Die erste, Coiisolal/oii d Theophile en son adversiW*^ genannt, giebt wieder ein Zeitbild, wenn sie beginnt:
J'ai vu crier dans le Palais
La penitence ipie tu fais,
J'ai vu ta Plainte, Theophile:
Rien ne tue piaist dedans Paris
' In dem ersten Saninielbande von 1(521: lieciieil de toutcs les picces, faites par Theophile depiiis sa p)rise jusques ä present. E^isemble plusieurs aiitres picces, faites par ses amis ä sa faveur et non cncore vucs (ohne Ort).
^ Paris, Cardin Besogue, l(J2i. •' AUeaunie II, lt;2 ff.
^ 1621, in dem bereits erwähnten Eecueil.
74 Thüoj)]iilu de Vi;iii.
Quc quand je voy parini la oille 'Paul de beaux vcrs que lu escris.
Also wiilii-cncl der Dichter unten im Kerker sals und .seine Kiehter sieh ()l)en in den lieratungssälen mit iiiin bescliäftigten, wurden draulsen in der lärmenden 'Galerie du Palais' des Ge- fangenen Verse ausgeboten. Auch dieser Freund, der sich Alexis uennt, glaubt an die Macht von Theophiles Poesie:
Je sfai bien que tes vers franpots, En qtielque pehie que tu sois, Pourront apaiser la disgruce Et la colere de la Cour, Gar ils n'ont point mauvaise gräce Pour estre faits dans une tour.
Dann entschuldigt sich der Freund, dafs er es unternehme, für Theophile zu sprechen:
De contrefaire ton langage: Ce n'esf pas l'honneur du pinson, Quand le rossignol est en eage, De l'imiter dans le buisson.
Des weiteren heilst Theophile l'Arion franvoU, mid an die Jesuiten wird folgende freundliche Mahnung gerichtet:
Et toi, fanal saint, qui reluis Dans l'horreur des plus noires nuits, Ignace, garde que ta flame. Au Heu de lui monstrer le port, Ne Jette son corps et son äme Dedans les gouffres de la mort!
In der zweiten Antwort: Compasslon de PhUothee anx mUeres de TkeojyldL',^ heilst es: tu serois mis avec Orphee; er ist le cygne qui chante sur la rive (der Seine) und zwingt die Wasser, in ihrem Lauf innezuhalten ; dann meint Philothee, Theophile sei jetzt aber doch gewifs viel glücldicher als zu der Zeit, wo er l'esdave d'iine danie war. Und dann mit jener Leichtigkeit, die der Zeit eigen war, vom Weltlichen zum Göttlichen übergehend, fährt er fort:
Celui-lä n'est point arrete, Mais est phitot en liberte Qui a pour prison ceste ville Qiie tu nommes 'Cite de Dien',
' S. den genanuten Recueil.
Theophile de Viaii. 75
Et si e'est toi, mmi Theophile, Es-tit restreint eii peu de lieu'i'
Uud diese Frage: Et si c'est toi, mon Theophile . . ., kehrt fünf- mal als Refrain wieder, was diesem Gedicht etwas wirklich Ly- risches giebt, während die meisten dieser Büchlein doch nur ge- reimte Prosa enthalten.
Neben fi-ommen Wünschen uud Beteuerungen bringt die dritte Antwort, Response ä la Penitence de TJieojildle, ' noch einen neuen Gesichtspunkt : Theophile soll ruhig ein guter Christ wer- den, aber seine Dichtkunst doch nicht aufgeben :
Ne mets cet art ä l'ahandmi. De crainte qu'on y premie envie, A suivre le style dore De ton poeme revere Ravissant ton fruit et ta vie.
Endlich Thijrcis ä l'cifßige Alexis ou ä Theophile pcnitent- haucht seine Klagen in schweren Alexandrinern voller mytho- logischen Anspielungen aus, die nichts Neues bringen uud au sich nichts Bemerkenswertes haben. Nur verraten sie die Hand eines wirklichen Litteraten.
Eine letzte Broschüre von 1624, Dialoyue de Theophile ä nne siejine maitresse, l'aUant visiter en prison, -^ von der ich bereits anlälslich der Liebesgeschichte des Dichters gesprochen habe, schlägt einen ganz neuen Ton an ; man dürfte demnach glauben, die Gefangennahme des Dichters sei auf eine Licbesintrigue, eine Vermessenheit seinerseits zurückzuführen. Aber ich halte dies für eine Spekulation auf die Neugier des Publikums und die Erfindung eines anschlägigen Kopfes.
fragt Thdophile.
Dois-je perdre tont mon äge Sans rejws, ny liberie?
Si vous n'eussiex estc volage, Voiis ne seriex pas arrete,
antwortet die Dame. Nun folgen Frage und Antwort weiter:
'ÄK inoins qii'on mc fasse oitcndrr Potmpioi je suis detenu.'
' Vgl. den bereits erwähnteu Recueil vou Ki'il.
^ 1624 iu der geiianiiteu !^;uiuuluug. '' lti21; 8 Seiten 8".
76 Theophile tle Viau.
'Vous voulicx trop voiis cstcndrc, Main Von vous a prcvenu.'
Im weiteren scheint die Dame aber j^ar nicht .sehr erzürnt zn sein, so dal's die erste Idee des Lesers, sie hahe den J)ichter verhaften lassen, auch wieder unhaltbar wird, bis sie ihm am Schhils von neuem vorwirft:
Vos discours sont des frivoles, Gar voits estes saiis foi, (sie)
worauf Theophile antwortet:
Je ne m'y dois plus attendre, Mon dessein est recoynu,
und sie entgegnet:
Ma foi, vous vouliex me prendre, Mais l'on vous a prcvenu,
so dafs wir am Ende ebenso klug sind wie vorher.
So schliefst das Jalir 1624 in der Broschürenlitteratm-. ' 1625 bringt im feindlichen Lager entweder keine Schriften hervor, oder sie sind uns nicht erhalten, womit dieser Teil un- serer Betrachtung wegfällt. Vom Dichter selbst ist in erster Linie das Farlmn zu nennen, das ich bereits bei dem Prozel's mehrfach erwähnt habe.- Es ist nach der Konfrontation mit Sageot geschrieben und verlangt Gerechtigkeit gegen die nie- drigen Umtriebe der Feinde.
' Ein anderes Motiv für Theuphiles Einkerkerung wird in einem meiner Ansiclit nach apokryphen Gediclit: Dcrnicre Requete de Theopliile au Eoi (Michon, Lyon, 1630), erwähnt:
Tout mon mal est qu en la renconlre Uun mien ami qiCon outrageuit, De qiialre Je defis un monstre Qui Sans mon secours tesgorgcoit. Et qtie depuis celte journee, Sa race ä me perdre obslinee, Bien qiüelle diisirät sa mort, Pour la peur de quelque infamie M^est une crudle ennemie Qui rend deplorable mon sort.
Das ist wohl nicht ernst zu nehmen ; oder sollte es sich auf Balzac be- ziehen ?
- Factum de 1 hcophile ensemble sa Requete, prcsentee ä Nossei(/neurs de Parleynent. 1625 (ohne Ort). 13 S.
Theophile de ViaU. 77
Durch das Factum wurden wahrscheinlich die Vers? de Theo- jihile, presentes au Roy ' hervorgerufen, ein Gedicht, das ich, ob- gleich sogar die Signatur par Theophile abgedruckt ist, für un- echt halte. Die Bitten um Gerechtigkeit zwar hätte der Dichter auch an den König richten können, aber, scheint mir, nicht in dieser Form: es geht ein gar zu frommer und loyaler Zug durch das Ganze, und es befindet sich ein Reim darin {/>eUe : voiUe\ der Theophile kaum zuzuschreiben ist. Für seine Autorschaft würden dagegen einige Linien doch sprechen: V ardente cha- rite redouble dcms les cieiuc;- Le prince qui craint iJieu prospere toiijoiirs bien-^ Dieu se sert de la verge, et puis la jette au feu^ und die Reime fleuronne : couronne;^ die Theophile gern braucht.
Diese Verse und das Factuin sind aber auch alles, was wäh- rend des Prozesses noch veröffentlicht wurde, unterscheidet sich doch überhaupt dieses Jahr 1625 bedeutend vom Vorjahre: es bringt, soweit wir sehen können, nur zwölf Flugschriften hervor, von denen nur drei während der Dauer des Prozesses selbst noch veröffentlicht sind ; "^ die anderen neun erst nachdem die Freisprechung erfolgt war, weshalb ich glaube, dafs Alleaume mit Recht annimmt, der Dichter sowie seine Freunde hätten ein- gesehen, dal's in dieser kritischen Lage Reden Silber, Schweigen aber Gold war, und dafs sie dementsprechend handelten." Wir haben also bis zur Verkündigung des Schiedsspruches am 1. Sep- tember 1625 keine weiteren Broschüren zu erwähnen. Dann er- scheint aber sofort eine Elegie : Sur l'arret de JluophUe. ** Das Urteil lautete auf Verbannung, und so beginnt die Elegie:
Enfin puisque la France a perdu son Oride, Ämour le peut bien suivre et lui servir de guide En un autrc sejour.
' 1(J25; 14 S. 8".
2 Strophe 2—3. ^ Str. 3—4. " u. '•> Str. 3.
^ Ein liecueil; das Factuvi ; die Vers, presentes au Roi.
'> Vgl. I, I.X.\Y[.
* Das auf der Bibliotht'que Nationale erhaltene Exemplar ist inter- essant; ohne Ort, ohne Datum gedrnckt, hat eine moderne Hand '1(>'25' hinzugefügt. Das Buch si^lieint aus einer Privatbibliothek: ex libris steht
S. ;■>, und der Name ist ausgeschnitten, dann weiter: ad S hono-
ratuni 717: 15 Seiten 8".
78 Th^ophile de Viaii.
Puisqu'on voit son csprä et su vertu hawiie. ... La liberte peut bien se retirer de France
Puisque le Parlement, Par l'exemple d'un seul nous fait u tous defense
De parier libr erneut.
Ein Zeiclicn, dals ein Teil der öffentlichen Meinung auch sclh.st im 17. Jahrhundert noch etwa.s Rückgrat hatte. Denn nun heilst es weiter:
Francois, que serex-vous sans atnour et doctrine
Et satis la liberte'(' Vous ne serex plus tels de nom ni d'originc
Que vous ave% este. Vous serex sans amour, car l'amour s'en va suivre
Theophile bien hing . . . Vous serex sans doctrine, au moins les brm>es ho ni ni e s
Seront bien ecartes, Et nc sc verront plus, puis qu'au temps ou, nous sommes
Ils sont si mal traictes. Vous ne serex plus francs . . . Que deviendrex-vous donc? vous deviendrex peut-etre
Bigots et inhumains Et pour estre cela, ne vous faut-il pas estre
Espagnols ou Romains? Vous les semblex desjä car . . . Geste severe loi, ceste sentence inique Contre un komme de bien Se pouvoit bien donner par un roi eatholique
Mais non pas tres ehrestien.
Dann bittet der Verfasser die Muse, Th^ophile wenigstens zu den Barbaren zu begleiten, war doch Ovid auch einst bei den Geten in Verbannung; aber die Barbaren werden menschlicher sein als die Christen :
Quelque Scythe ravi de tes ödes franpoises
S'arretera tout coi, Et deposant son arc et ses flesches turquoises
Aura pitie de toi. Peid-estre tu auras quelque juge equitaUe
Encore parmi eux Qui s(}aura discerner si c'est estre coulpable
D'estre trop amoureux. II ne te dira pas que de parier des dames
Et rire en temps et lieu.
Th^ophile de Viaii. 79
O'est semer une secfe et ohliger les ämes
A n'avoir point de Dieu. . . . Va donc et de^onnais exerce ta constance,
Ärme-toi de raison, Et itnagine-toi qu'estant hors de la France,
Tu n' es qu'hors de prison. Sage dir: Que le monde est la seule patrie
De totes les gens de bien. ... Si ne point faire mal, est se rendre coidpahle,
On t'a fort bien puni. . . . N'aie point de regret en sortant de la France
De quitter tes amis; Tu auras pour le moins assouvi la vengcance
De tous tes cnnemis. . . . Quelque part oü tu sois, tu auras tme place
Parmi les gens d'honneur, Et ne seras sujet ä aucune disgrace
De prince, ni seigneur. Tu viveras (sie) toujours es terres cstrangcres,
Mieux que nous ne vivons. Et seras esloigne de beaucoup de miseres Qu'en France nous avons etc.
Es folgen dann noch ein Sonett und eine Plainte d'Amonr, die mit folgenden Versen Amors schliefst:
Et tnoi, qui ne decois rien craindre D'un traitement si rigoureux, N'ai-je pas sujet de me plaindre Pour tous les poetes amoureux?
Dieses hübsche und kühne Gedicht beweist uns, dafs ein Teil der Zeitgenossen mit dem endgültigen Urteil ebenso unzufrieden war, wie der Dichter selbst. * Eine Broschüre, genannt La Iion- teuse fiiite des ennemis de Theirphlle, apres sa delivrance ^ setzt das Motto voran : Impavidum virtutis honos Caput inserit astris, schil- dert dann noch einmal mit Entrüstung das Vorgehen der Kabale, die sich gegen Thdophile gebildet hatte, und fügt einige bemer- kenswerte Details hinzu : danach hätten seine Gegner ihn öfters sitivi en habit desguise dans les cabarets, academies et autres lieu.v scandaleu.v ; die Zeugenbestechung wäre im grolsen betrieben worden : Quebpi'un j^ourroit bien dire (jiie Von lui a offert pcnsion
' Vgl. II, ;'.(I8: Lettre ä Montniorcncy. - l(i'25; 11 Seiten 8".
80 Thc'iophile de Vinil.
(h 1000 Hnrfi toiift Ics ans und (Jni.r eorddievs, poiir avoir refnse. de solliciter contre Theophüe, ont oicovru la haine et la disf/räce da Pe7'e Voisin ponr janicds.
Die eigentliche Flucht der Feinde Thdophiles sieht der Verfasser aber darin, dafs der Pater Garasse n'a pris le c/iemiii de Poitiers pour aidre consideraüon que pour n'oser paroUrc apres U7i si lache trait, attendant qii.e renx qii'il a employes, Vaiciif rciidu (ind avec Tldophile, ' und dafs der Pere Voisin nach Rom gegangen ist,- les uns disent qne c'est jwur suhii' avec f>on coin- pagnon Sajot, ä la place de Theophüe, la peine portee dans la sen- tence — les autres disent que sa conscience le rongeant, la ohligc de prendre ce cheniin j/our aller chercher l'ahsolntion de scs fautes, und ein drittes Motiv für seine Entfernung will der Verfasser lieber verschweigen.
Le Triornphe de Minerve, par les Muses d^ Hippocrcne, sur l'henreuse liberte du sieur Theophile, l'un des heanx esprits du tcmps 3 setzt den Parnasse, die Mythologie und eine grolse Ge- lehrsamkeit in Bewegung, um die Freisprechung Th(iophiles würdig zu feiern: tont ce que l'ahondnnce des plus grands oniteurs et poetes pourroient dire sur vostre lieureuse liberte . . . seroit Inen peu au respect de ce qu'il(s) laisseroient ä dire ... ä cause que vous (Theophile) estes chery, ahne et protege de nostre Deesse Minerve . . . .st les anciens poetes vivoient, ils qnitteroient leur ouvrage comme noiis . . . parei7/eme?<^ toides les Muses . . ., ebenso les s(xurs de Fhaton (sie) ... Les Astrologues se piaig nent de n' avoir predit parfaitement les eclats de vostre bei esprit. ... Les Anciens sont ennuyeux (sie) que l'imprirnerie n'aie este inventee de leur temps et porteront encore plus douloureuse envie epiand par irelle sera (sie) partout public les faicts de vostre bei esprit. Tj ' A ris- vietique (sie) se resjouit espei^ant recouvrir nouveaux nonibres
* Vou einer solchen Versöhnung hat nie etwas offiziell verlautet — ist es ironisch gemeint? Dafs Garasse sich nach Poitiers zurückzog, steht fest (vgl. Prat, a. a. O. Bd. IV, S. 473); dort schrieb er seine sehr un- zuverlässigen Memoiren.
^ Dal's der P^re Voisin prit la liberte pour l' obeissance, sagt der Mer- cure frmu^ois 1625; vgl. Alleaume II, S. 2.57. Dafs er von Richelieu, dessen Aufwand er getadelt hatte, nach Rom verbannt wurde, bestätigt Prat, a. a. O. Bd. IV, S. .''>I7. => 162-5; 15 S. 8".
Thdophile de Viau. 8l
j^our ce qne cenx qui ont este jusqiie a present, ne sont süffi- sant (sie) 2^oiir noinhrer Ics raleurs de vos merite.'i etc. Doch stellt dieser groteske Freudenausbruch vereinzelt da. Die übrigen Bro- schüren klingen in einer ganz anderen Tonart: Le tliedtre de la fortnne des heaux espiits de ce temps, eiisemhle l'action de gräce sur la liherte du Sieur Theophile ; ^ Le Miroir de la Cour sur h'quel les revers et l'ineonstance de la Fortune se voient, adresse au sieur Theophile pour s'en servil' au temps prSsent- schildern den Hof und die Welt in düsteren Farben und raten dem Dich- ter, sich in die Einsamkeit zurückzuziehen, der Welt abzusterben, die ja die wahre Tugend doch nur milshandelt und verkennt. Und es steht am Ende der zweiten Broschüre folgendes Gediclit, in dem angeblich Theophile selbst spricht:
Je veux seul, escarte, ores dans un boeage, Orcs par les rochers souspirer mon dommcKje . . . Je veux aiqyres des eaux tristevient miirmurantes Et pres robscurite des grottes effroyantes Soidager mon esprit, de soueis tourmente. Vous, bois, qui entendex le reson de ma plainte, Vous roehers qui m'oyez, quand mon äme eontramfr Sous trop de cruaute se plaint de mon malheur; Et vous, eaux, qui tratnez en vos fuites tardivcs Los regrets que j'espans dessus vos molles rtres, Soyez tristes tesmoins de ma juste douleur. Vous, antres reeulcs, oü les ombres dernicres De ceux ä qui la mort a ferme les paupieres, Errent tant que les corps soyent tnis dans le tombcau, Becevex mes soiipirs, et d'une longue halei}ie Rcdoublex plusieurs fois la voix dont en ma peine Je demande ä vos coeurs un retnede noupeau. Vous done, dieux d'ici bas, vous, sainctetes sacrees, Qui des poetes avex les essences changees, Si vous vivex. encore awc desert ou aux bois, Muex-tnoi, je vous prie, en un souspir si tendrc Qice le cceur des passans mon accent fasse enfendrc, Me faisant pour me plaindre une eternelle voix.
Die gleiche Stinnnung klingt in einem Gedicht wieder, das Theo- philc zugeschrieben ist, und das ich nicht wagen würde, kurzer- hand für unecht zu erklären, obgleich es nicht in des Dichters
' 1625; 15 S. 8". '' 1625; 15 S. 8".
Archiv f. ii. Sprachen. XOVII.
82 Th^jhilc de Viaii.
Werke aufj^eiioiniiieii ist. Die Flugsclirift, und es ist die letzte, mit der wir uns zu hesehäftigen liahcn, licidst: Coiisoldiion sur la resolution de la moit, cnsemhle FAdiiv du Monde, adressS (ni.r bexnix espritsi de ce temps, par TlieophUe. ' Die Con.^olnt'iDii, in Prosa, sielit aus wie eine Vorrede des Herausgebers, und unter Ja Mort de Jldojdiüe ist sein Rücktritt von der Welt zu ver- stehen, der in dem folgenden Adieu du Monde, pur Tln'npliili', adresse n se.t amis besprochen wird:
Cependant qu'esloigne de vos yeux je souspire. Sans faveur de secours, d'esperance et de poii, J'appelle ä mes regrets la bienheureuse mort Qui peut seule avancer mon mal et mon m,artyrc. Gar eomme sur la mer est pousse le navire, Mon fCPMr est agite par mon injicste sort, Et l'horreur de mon mal d'un eternel effort Entre cent mille eseueiU d'heure ä lieure m'attire.
Dann kommt ein Vers : En heaucoup de reyret ma misere Je trnhie, und eine Konstruktion: Chascun va suirmd, die sehr wohl von Th^ophile sein könnten, und endlich der Schhifs:
La tristesse me perd, je suis plein de langueur, Mon espoir est esteint, je meurs de ma doideur: Cest faiet, je ne suis plus qu'une onibre vagahoudr. Et pour ce que je suis en mon mal si confus, Her mite je deviens,'^ pour n'apparoUre plus; Aussi je ne vis plus: car je suis mort au monde. Adieu, monde inhwnain, plein d' infidelite ; Devotieux, je suis oü avec liberte, Tout au ciel consacre, je servirai d'offrande; Ce me sera tout un, si c'est avec labeur, Y passant tnes regrets, j'y trouverai faveur, Le plaisir est plus grand, quand la peine est
plus g ran de.
Und man hat allen Grund, anzunehmen, dafs der Dichter sich in einer solchen Stimmung eine Zeit lang befand. Wir haben ja bereits gesehen, dafs in diesem Zw^eifler und Freigeist auch ein mystisches Element lag. Dieses hatte sich nun während der Gefangenschaft entwickelt; der Dichter sagt uns selbst, dafs er während dieser Zeit Sauet Augustins^ Civitas Dei und Davids Psahnen * las. Und da Th^ophile de Viau doch mehr war, als nur
' 1025; 8 S. 8°. - Der Text hat desirc. ^ II, 163. ' II, 256.
Th^ophile de Viau. 8ä
ein leichtfertiger Spötter, nämlich ein Denker, der es nicht lassen konnte, sich mit den Rätseln des Daseins zn beschäftigen, und den die Kirche nicht hatte befriedigen können, deshalb begann für ihn in dem Augenbhck eine neue, innere Entwickelung, wo er sah, was Lessing mehr als ein Jahrhundert später etwa so aussprach : die Kirche ist nicht die Religion, und die Bibel nicht das Christentum. Theophile de Viau begann, an einen Gott zu ulaubcn; aber die Kirche und das Priestertum gewannen nichts dabei; im Gegenteil: wohl erklärte sich Theojihile Gott gegen- über für schuldig, ihm gestand er:
Je maudis mes joiirs desbauchcs
Et, dans l'horreur de mes peches,
Benissant iiiille fois l'outi-age
Qui me donne ce rcpentir,
Je trouve encore en mon courage
Quelque espoir de me garantir. II, lfi4.
Aber auch Augustinus hat in seiner Jugend gesündigt, sagt der Dichter, und derselbe Theophile, der sich vor Gott schuldig er- klärt, wiederholt, dafs die Menschen ihn zu richten kein Recht haben, denn gegen ihre Gesetze hat er nicht gefehlt, und, die Hand auf der Civiias Dei, schwört er:
Qu' il faul pmir m'empecher de vivre,
Faire perir les innocens. II, 165.
Er nimmt also bereits für sich und seine Entwickelung das voraus, was die Aufklärung erst 150 Jahre später für die All- gemeinheit erringt: die Unterscheidung zwischen Religion und Kirche und die von Voltaire und Lessing formulierte Anschauung, dafs ehrlich zweifeln Gott besser dienen heilst, als kritiklos glau- ben. jSIit dieser Überzeugung und in dieser Stinnniuig verliels Theophile den Kerker, mit seinem Gott versöhnt, der aber nicht der Gott der Kirche war.
VI Kapitel (L September 1625 bis 25. September 1(52(3.)
Als Th^ophile de Viau das Gefängnis verliels, war er ein Verbannter, der sicli nur hcinilicli in Paris aufhalten durfte. Doch scheint sich der Hcri" von J^iancourt seiner sofort aufs freund-
8i Th<!opliile de Viau.
lichste augenomnicii zu haben. Da TlH'()[)liilc aber sowohl mit er- schütterter Gesundheit wie ohne Mittel die Haft verliefs, mufste ihm viel daran liegen, sowohl eine Frist zum Ausruhen zu erhalten, sowie seinen Aufenthalt zu einem gesetzlich erlaubten zu machen. Er richtete daher einen Brief an Monsieur Olier, Maitre des Rq- quötes au Parlement de Paris, und bat diesen, dem Parlament ein Gesuch zu übermitteln, worin Th(5ophile Aufschub nachsuchte. - Das Parlament gestattete ihm darauf, vierzehn Tage in Paris zu bleiben, und setzte ihm sechs Monate Frist, um Frankreich zu ver- lassen. Eine vom Dichter gleichzeitig ausgesprochene Bitte, man möge ihm Schadenersatz für Beschlaguahmung seines Geldes, sei- ner zwei Pferde und seiner Ausrüstung geben, was alles ihm bei seiner Gefaugensetzung genommen war, wurde abschlägig be- schieden.- Dies bewog den Dichter, nach Ablauf der vierzehn Tage eine weitere Bitte, diesmal an Monseigneur de Bellievrc, President ä mortier au Parlement de Paris, zu richten,^ der ihm günstig gewesen zu sein scheint, und dem er schreibt:
Depuis les quinxe jours que Monsieur le premier President me doiina, je sids constraint de me caeher, et n'ai differe mon parternent que par la necessite de pourvoir ä mon voyage. Je suis sorti du caehot avec des ineommodites et de eorps et de fortune, que je ne puis reparcr aisemcnt, ni en peu de temps. Ce que j'avois d'argent en ma capture, ne m'a point este rendu. Mes parens dont j'attends mon dernier secours, sont (l deicx Cents lieux d'ici. II y a des gens qui se sont endebtes pour m'assistcr en macaptivite; sijem'en vais sans les reconnottre, ce sera une ingratitude qu£ je sentirai plu^ dure que mon exil. Je vous supplie, Monseigneur trh humblement, de m'oetroyer quelqus respi. . . . Donnex-moi, s'il vous platt, un repos pour l'esprit et me laissex la Hb er 1 6 de mettre la main ä la plume pour rendre ä Dieu et ä la Cour les remerciemens de mon salut ... je dois ä la satisfaction des hom?nes et ä ma securiie, un ouvrage qui temoigne mes deportemens, et qui justifie l'amitie de tant d' honnetes gens qui se sont interesses en ma disgrdce.^
Es scheint, dafs die Bitte gewährt wurde, denn Theophile de Viau verliefs Paris erst nach dem 14. November 1625. Bei
' Alleaume II, 322. 323.
- Vgl. Extrait des registres de Parlcnienf, CoUection Dupuy Bd. 9."., S. G2 imd Alleaume I, cxxv.
' Alleaume II, S. 319. 320. " II, 423.
Th^ophile de Viau. 85
wem er sich bis dahiu aufhielt, wissen wir aber uicht. Mont- nioreiicy befand sich seit dem 15. September auf der Ile de Rhe,' von wo er versuchte, die Hugenotten zu vertreiben. Der Dichter hätte nichtsdestoweniger im Hotel Montmorency ein Asyl finden können. Alleaume nimmt au, er habe sich bei seinem Freunde Luilior versteckt; das ist möglich, einen Beweis dafür haben wir aber nicht. Theophile kann auch ebensogut bei Liancourt Auf- nahme gefunden haben, dem er seine Freiheit zum grofsen Teil zu verdanken glaubte, worüber er an Montmorency, wie folgt, schreibt :
Apres avoir rendu mon innocence elaire ä tout le monde, encore a-t-il fallu donner ä la fureur publique un arret de bannissement contre moi. Monsietir de (der Name fehlt leider) chez qui je suis, et M. de — (auch dieser Name fehlt) "^ ont este presque les seuls qui ouvertement ont favorise mon innocence. ... Ceux-lä, sans doute, Monseigneur, ont voitlu tenir vostre place, et je croy qu'il ne falloit plus que vous, potor me faire absoudre entierement.''
Wo Theophile aber auch geblieben sein mag, er verwandte seine Zeit gut: er begrüfste mündlich oder schriftlich seine alten Freunde und Gönner^ und schrieb jetzt zu seiner Rechtfertigung die Apologie au Roi, -^ sowie die Lettre ä Balzac. ^ Auch Caliste war er ungeduldig, wiederzusehen;' sie scheint ihm damals noch treu gewesen zu sein.
Als dann der Herzog von Montmorency nach seinem Siege über Soubise von der Ile de Rhe nach Paris zurückkeln'te, scheint das frühere Freundschaftsverhältnis zwischen ihm und Theopliile sich wieder hergestellt zu haben, und da der Herzog sich ge- zwungen sah, als Admiral von Frankreich bald wieder nach dem Kriegsschauplatz zurückzugehen, er also in seiner Abwesenheit aul'ser stände gewesen wäre, den Dichter zu schützen, nahm er ihn mit sich nach dem Süden. Sehr reizvoll war dem kranken
' Henri Martin, a. a. O. Bd. XI, S. 215.
^ II, 308. 309. Icli schlage vor, die beiden fehlenden Namen durch Liancourt und La Roche-Guyon zu ersetzen, die, wie (Janisso sagt, Theo- pliile am eifrigsten begünstigten.
^ Alleaume II, 415, Note.
" Alleaume II, 309. 337 an Liancourt; II, 31(; an Clermont-Lod&ves etc.
•• II, 234 flf. '■• II, 285. ' II, 336.
86 Tlii'opliile de Viaii.
Dichter diese Aii.ssielit nicht. Er schrcihL darüber an Deshar- reaux: 'Ayseccra/ml heri maris jird-fcctiiü {^htuUiutrcncy) nos intnt ti'lihiiiiii Iniidx'iii. ahituros. Sic ah ijnihuK (t<l undas vocur, ' und au denselben noch einmal: Abero paiäo ijnani creduleram, (Uiitius (i infclicins. Qu'qipe noins nnsignatrir npiul oceninan rar/a et peri- ciilosa sedes, scopndi, vada, reiitns et loula'. Iloiuimiui societas diira md mdla, et sive sternas, sive vigiles, sive ehrin>i .üs, sire sohrms, et tituhare nhvpie et voniere necesse est. ^
AVie nötig dem Dichter ein Beschützer war, beweist üljrigens ein Zwischenfall, der auf der Reise passierte. Theophile berichtet darüber, ohne Namen zu nennen, an Desbarreaux ; •' ein gleich- zeitiger Brief au Herrn von Liaucourt erlaubt aber, zu schlielsen, dal's sich die Sceue in Bourges beim Prinzen von Coude zutrug. * Cond^, der ein Freund des Jesuiten Coton war, schickte seinem Schwager Montmorency am Thore der Stadt einen Boten mit der Bitte entgegen, er möge Theophile draul'sen lassen, denn ein solcher Gast bringe Gefahr ins Haus. Montmorency entgegnete, dai's er die Seinen nicht auf fremden Befehl aus seiner Gegenwart verbannen werde, nahm Th^ophile bis zur Schwelle der Statthalterei mit, stieg ohne Begleitung hinauf, liels den Dichter, sowie sein ganzes Gefolge mit Ostentation im näch- sten Gasthaus be^^'irten, erlaubte Th^ophile, dem die ingvata et desolata nrhs Laugeweile verursachte, am nächsten Tage sich aufs Land zu begeben, schickte ihn mit ehrenvollem Geleit und in Begleitung eines Koches dorthin, und, sagt Th^ophile, wäh- rend nie hiduum cum suo principe satis graves inoras agit, ego biduum in deserto rure formosce Calistes recordationem colo lihenter. Er hatte jedenfalls das bessere Teil erwählt. Aber das Verfahren des Prinzen von Condd, der Theophile sagen liefs, er hätte ihn gern gesprochen, doch sein Freund (Coton) ihm dieses nicht er-
' II, 423.
^ II, 425. Ich möchte hier gleich erwähuen, dafs möglicherweise III, IV, VI und IX der lateinischen Briefe aus dieser Zeit sind. Da sie nicht datiert sind, kann man das nicht sicher sagen. Wären sie datiert, so würde dieses beweisen, dafs Theophile de Viau die etwa sieben Wochen vom 1. September bis 15. Oktober ziemlich behaglich im Verkehr mit seinen Freunden Desbarreaux und Luilier verlebte.
3 II, 425 ff. • II, 324.
Theophile de Viau. 87
lauljt, iiiulste tleni Dichter eine weitere Warnung sein und ihn lehren, dals er sicli immer noch vorzusehen habe.
Wie lauge Theophile de Viau mit Montmorency auf dem Kriegsschauplätze geblieben, ob er von da aus noch einmal seine Heimat besuchte, wann er nach Paris zurückkehrte, wissen wir nicht. Es ist aber anzunehmen, dafs er im Frühjahr 162G \vieder in Paris war. Das war wiederum ungesetzlich, aber der Dichter wufste sich durch Montmorency und Liancourt geschützt. Er führte das Leben mit Luilier und Desbarreaux anscheinend in alter Weise fort: es sind uns mehrere lateinische Briefe er- halten, die damals zwischen ihnen gewechselt wurden, und welche Kleinigkeiten des Tages besprechen, Einladungen übermitteln, um Gefälligkeiten bitten und uns von dem heiteren und witzi- gen Verkehr des Freundeskreises einen Begriff geben. Einmal bittet Theophile Luilier, er möge ihn doch nicht mit Magistrats- personen zusammen zu Tische laden ; denn, sagt er, coram magi- stvatihus, tunicis tarn captus f<Hiit quam in vinculit:> . . . und vixdum hene superati p>eric}di, extinctiqiie rogi, memor anirnus in sales et joeos excnrrere lihere, cmt fronteni riiTis .sobuam e.rplicare )ion audet. *
Um diese Zeit muli? ihm Caliste um des Grafen von Cler- mont willen untreu geworden sein, wie wir aus zwei französischen Briefen schlielsen dürfen.- — In dem Verkehr mit den Freun- den und Bekannten wird jetzt neben den alten Tönen ein neuer angeschlagen. Gleich nach seiner Freilassung hatte Theophile an Luiher geschrieben: 'Täglich wird mir die katholische Keli- gion lieber, und w^enn ich in Denuit vor dem Altar knie, er- greift mich ein tiefer, seliger Schauer^ ^ — ein Wort, das wohl beweist, dafs Theophiles Seele jene mystische Bekehrung durch- gemacht hatte, die später bei den deutschen IvomantiUern auf- tritt, und die die Fichteaner in den Schofs der alleinseligmachen- den Kirche hinüberführte. Da Theophile so an den Freigeist und Spötter Luilier schreibt und hinzusetzt: ano cerho Theo-
' IT, 416.
■^ ir, 325. 349. Der Coiute <lc Clermont ist wohl ein Clennout-Ton- nere gewesen, da Theopliile fortfährt, mit C'leniiont-Lodeves gut zu steheu. Vgl. II, r!8?), was sich nur auf ('lernn)nt-ljodevos beziehen kaini.
•' II, 417.
88 Tlit:'0])liile de Viau.
philuii aniii, so wii'd er es jii uucli wohl ernst gemeint uii«l vor seinen Freinulen weiter kein Hehl dai-ans genuKtlit haben. Wir haben über Theophiles Wendung zur Religion nnd seine Stellnng znr Kirche noch ein weiteres Zeugnis, einen Brief Theo- philes an den J5isehof von Agde, einen Onkel INIontnioreneys, der Theophile, scheint es, seinen Rat in Glaubensdingen gegeben hat. Ma devotion, heilst es da, n'e^t ponrtant pas si severe quon vous l'n fait accroire : j e in ' en suis ac quitt 6 s i ?n^) lement , CO in ine vons rn' ariez pr es er it. C'est assez, Monseigneur, qiie je ne sois point pr ofnne , comme, TJieu merci, je ne suis po int en sonp(^-on d'estre super stitieux, ^ eine Stelle, die mich zwingt, zu wiederholen, was ich früher schon gesagt, dafs durch Theophiles Bekehrung wohl die Religion, nicht aber die Kirche etwas gewonnen hatte.
Doch nicht nur über diese Innerlichkeiten geben uns des Dichters Briefe Auskunft, sondern sie erzählen auch manches äufsere Ereignis. So erfahren ^\^r aus zwei lateinischen Briefen, dafs zu dieser Zeit Piirame et Tldsbe von neuem aufgeführt wurde, und zwar am Hofe und wohl auch bei Montmorency; denn Th(?ophile schreibt darüber an Desbarreaux: Exhilaravit mihi mentem fanstum de Pyramo nuntinm, qni ina.riino universa; prorsHS aulce fnit e.reeptus applausu. Der einzige Tadel, fügt Theophile hinzu, sei, dafs man das Stück zu stark nnd zu tragisch gefunden habe.- In einem anderen Briefe an Luilier ladet Theophile ihn mit anderen Freunden ein, der Aufführung des Stückes bei Montmorency beizuwohnen und den Erfolg zu feiern."^ Dals man bei Hofe das Drama des Verbannten auf- führte, war ein starkes Stück und ist nur durch allerhöchste Protektion zu erklären. Theophile scheint sie damals aber wirk- lich genossen zu haben; schreibt er doch; Rex prcrclare de me cogitat — sed, fügt er hinzu, cogitat solum. '*
Und daran scheint dieser Versuch des Dichters, sich seine Stellung bei Hofe zu machen, auch wieder gescheitert zu sein. Schon dafs man ihn, den Autor, zur Aufführung des Dramas bei Hofe nicht einlud, sondern nur durch einen Boten vom Er- folge seines Stückes unterrichtete,"' mul'ste ihm beweisen, dafs
II, 332. ••' II, 42-2. 423. '' II, 424. ' II, 423. " II, 422. 423.
Theopliile de Viau. 89
nicht alles richtig sei. Und hätte er seine Feinde, die jesnitische GeistHchkeit, wirklich gekannt, so hätte er im vorans wissen können, dafs sie ihm nie vergeben, dafs jeder Erfolg, den er er- rang, sie nur tiefer erbittern würde. Theophile de Viau hat sich als ein schlechter Psycholog erwiesen, indem er nicht voraussah, dafs Hals und Neid niemals abrüsten. Durch seinen dramatischen Erfolg ermutigt, durch viele angesehene Freunde unterstützt, hat Theophile sich dann beim lever des Königs gezeigt, oü, sagt er, feus la gräce d'estre accueüli d'Elle (Sa MajesteJ avec tant de faveur que je ne pouvois pas sans frenesie craindre quelque chose de leur persecution (die seiner Feinde). Man wagte es aber doch de le menacer jusques aupres du lict de Sa Majeste und ihn mit einem schmählichen Tode (une mort pleine d'infamie) zu bedrohen, so dals der Dichter diesmal ernstlich an einen Aufenthaltswechsel denken mufste. ^
Vielleicht forderte ihn damals ein Freund auf, nach England zu kommen, um darauf jene derbe Antwort: A un sot ami zu er- halten.- Doch wurde durch seine Gönner dem Dichter die wei- tere Verbannung erspart. Er mufste nur Paris meiden; aber man erlaubte ihm, bei den Montmoreucy in Chantilly zu wohnen,^ den Herrn von Peze, einen alten Freund und Vertrauten, in Champsaume, zu besuchen,^ sich in Seiles beim Grafen von Bethune aufzuhalten.'' Und überall sehen wir ihn in demselben unabhängigen Verkehr mit den grol'sen Herren wie früher. // est vrai, schreibt er an den Grafen von Bethune, que je snis glo- rieux de croire que la Nature n'a jamais fait un komme avec asscz de mcritc pour m'ohliger ä le servir. A moins que de m'engager d'amitie, personne ne se dort assurer de la mienne. Si ceux de qui je recois pension, ne me donnoient jwint autre chose, leur libei'alite ne seroit utile qu'ä moi, et s'ils ne me faisoient du bien pour ce qu'ils m'aiment, je ne les aimerois jamais pour le bien qu'ils me fönt. ^ Also immer
' Vgl. II, 289. 290. Au lioy. Der Brief befindet sich in den 500 de Colbert, Bd. II, S. (i7. Er ist nicht datiert, aber anf die erste Verbannung kann er sich nicht beziehen, da damals von Todesstrafe niclit die Rede war; wohl aber diesmal; war dem Dichter doch befohlen de garder san bau sous peine d'etre etrangle et pendu. Mit diesem Urteil scheint man ihm gedroht zu haben.
- II, :'.20 ff. 3 11^ 035. -47. i 11^ ;5n. 5 n 333. 358. 128 ff. " II, ^39.
00 Tli.M.iihilc de Viiiii.
iKicli der alle';, uiivoi-sichtige Tlieopliilc, trotz C!('fäii<i;iiis und Be- kchniii};'.
Von sciiicni Ijchcii in Chantilly giebt Tlieüj)liile eine aii- imiteiule Beschreibung. Kr seheint damals eine M(!nge diehteri- selier Pläne gehabt zu haben: eine Weiterfiihrung oder Sichtung der Mai.soit de Silvie,^ ein Lobgedieht auf Moutmorency; er hatte ja auch dem König vers])roehen, an eine Revision seiner Werke zu gehen- — kurz, wir glauben ihm, dals er avoit de la hemfpie poKv plus de deux mois und einen Sekretär brauchte, der ihn Ije- gleiten sollte.'^ Bei dieser Gelegenheit spricht denn Theophile ein Wort aus, das ihn vortreiFlich kennzeichnet: Je stiis moi- mcsnie fort nonchalant n corriger mes gens, et laisse vivre taut le monde dans la liberte oii je nie suis nourri. iS'ils n'ont soin de faire le valet, je ne 7n'aperf;ois point ([HC je sois le maitre, aussi ne pouvant m'assujetir ä personne, je sero/'s injuste de vouloir prendre empire sur les autres.^
So beschäftigt, behagt sich der Dichter sehr gut auf dem Lande: les champs, ä mon avis, ont quelque chose d'innocent et d'a- greablc qui ne se rencontre point dans le tumulte des grandes vllles . . . je ne puls nie ressouvenir de Paris qu'avec un degoüt de tont ce que j'y ai trouve atärefois de plus agreable, et je me sens aussi contrabit de ni'cn eloigner par ma 2^i'0})re inclination que 2)ar la necessite de mes affaires. Geste cofistance que je fay paroUre en ma persecution, est 2^^us un bonheur de mon esprit, qu'une vertu de mon ßourage. — Je trouve que mon naturel est une plus douce Philosophie que celle que les livres en- seignent et que les sectes ont prechee. Apres la crainte de .üieu et le service du roi qui suit immediatement apres, il n'y a rien, si me semble, qui ne puisse legi- timement ceder ä nos fantaisies et d nos opinions.^ Also immer noch der alte Standpunkt: sich selber treu bleiben; jetzt mit der Krönung versehen la crainte de Dieu — "dieses mysti- schen Gottes, den Th^ophile fand, wenn er mentem. et genua ad altaria flectans, cessit in voluptatem. Und eine letzte, freundhche Schilderung Chantillys giebt uns dc^r folgende Brief au M. de Villaiitrets, Conseiller au Parlement:''' Si vous venez ä Chantilly,
'II, yu4. - II, 257. ^ II, )^&i. ' II, H62. ^ II, 348. ^ II, :i35.
Theupliile de Viaii. 91
que vous appelcz un licrmitagc, voiis trouverez que soii hennite ij use })lus de fruits de vignc que de racines d'herhes. Ähnlich lebte er in Seiles beim Grafen von Bethune. Mit dem Bild einer Abtei Thelema schliefst des Dichters Korrespondenz; er spricht von der Pracht der Gebände und Gärten, den funkelnden Wasserfällen, den geschwätzigen Bächlein, dem trefflichen Mahl, das volujjtateni